Beton wird leichter
Neue Entwicklungen des Baumaterials Beton ermöglichen einen schnelleren und umweltfreundlichen Hausbau. Dazu zählt auch der Infraleichtbeton. An dieser Zukunft des Bauens forscht Prof. Karl-Christian Thienel mit seinem Team an der Universität der Bundeswehr München.
Eine zentrale Rolle beim Thema Wohnungsbau spielt der Baustoff Beton. Welches Potenzial in diesem Material steckt, wird oft nicht erkannt. Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelte sich Beton zum favorisierten Baustoff unserer Zeit. Eine wichtige Kerninnovation hierfür war die Entwicklung der industriellen Herstellung von Zement. Ein Gebäude ohne Beton ist in vielen Bereichen nicht vorstellbar und so kommt der Baustoff in den vielfältigsten Bauwerken zum Einsatz. Und bei den Römern kam eine Art des Beton bereits zum Einsatz, der es heute ermöglicht, mit dem Baustoff schnell und umweltfreundlicher zu Bauen: Leichtbeton. Dieser erfährt eine stete Weiterentwicklung und Verbesserung. 2004 wurde an der Universität der Bundeswehr München ein sehr leichter Leichtbeton im Rahmen eines Schiffbauprojektes entwickelt. An der TU Berlin adaptierte Prof. Mike Schlaich den Baustoff als Infraleichtbeton. Dieser wurde bei Außenwänden im Hausbau angewendet. Der Baustoff erhielt seinen neuen Namen Infraleichtbeton, da die neue Mischung sich unterhalb (lateinisch: infra) der Grenze bisheriger genormter Leichtbeton liegt und damit eine Weiterentwicklung des Bekannten ist.
Leichtigkeit von Beton durch Luft
Durch die Zumischung von Blähton oder Blähglas als leichte Gesteinskörnungen zum Zement entsteht die Leichtigkeit des Baustoffs. In Blähton oder Blähglas ist viel Luft eingeschlossen. Hierdurch wird der Beton sehr leicht und wärmedämmender. Die Innovation am Infraleichtbeton ist, dass dieser alles in sich vereint, was für den Bau wichtig ist: Er trägt, schützt vor Witterungen, dämmt und bietet eine lange Haltbarkeit. Zum Thema Nachhaltigkeit kann der Baustoff ebenfalls seinen Beitrag leisten. Denn das Material, das für die leichte Gesteinskörnung verwendet wird, ist bereits ein Recyclingprodukt. Zudem ist der Baustoff Infraleichtbeton selbst recycelbar.
Wissenschaft und Industrie arbeiten am Infraleichtbeton 2.0
Der Einsatz des Baustoffes Infraleichtbeton soll, so die Meinung von Prof. Karl-Christian Thienel und seinem Team am Institut für Werkstoffe des Bauwesens der Universität der Bundeswehr München, noch bei weiteren Bauprojekten zum Einsatz kommen, damit dort von den Eigenschaften profitiert werden kann. Architekten und Bauunternehmen haben die bisherigen realisierten Projekte begeistert angenommen. Für Weiterentwicklungen arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Baustoffindustrie zusammen. Betontechnologen stellen die Rezepturen ein und an dem Institut für Werkstoffe des Bauwesens und dem Institut für Konstruktiven Ingenieurbau an der Universität der Bundeswehr München erfolgt die Prüfung und Begutachtung. So entstand die nächste Stufe der Weiterentwicklung – der Infraleichtbeton 2.0. Es ist ein statisch tragender Hochleistungsbeton, der monolithisches Bauen ermöglicht und dabei die Anforderungen der Energieeinsparverordnung erfüllt sowie zu 100 Prozent recycelbar ist. Eine allgemein bauaufsichtliche Zulassung gibt es für den Infraleichtbeton noch nicht. Derzeit muss der Einsatz des Baustoffes bei jedem Bauprojekt vom jeweiligen Bundesland geprüft und genehmigt werden. Daher ist das nächste Ziel die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Infraleichtbeton beim Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin.
Mobilität und Flexibilität von Infraleichtbeton
Um den Baustoff gibt es noch weitere Innovationen. Damit der Infraleichtbeton an jedem Ort direkt hergestellt werden kann, entwickelte der Betontechnologe Björn Callsen von Holcim ein mobiles Betonwerk. Dieses wurde auf einen Lkw-Aufleger verbaut. Dies ermöglicht die Nähe zum Kunden. In einer Kooperation mit der Universität der Bundeswehr in München wurde auf deren Gelände großtechnische Versuche durchgeführt. Mit ihnen konnte die Weiterverarbeitung des Materials vor Ort erprobt werden. Dadurch konnten bisherige Probleme wie die Pumpbarkeit des Materials behoben werden.
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