Betonbauten werden ökologisch
Der Einsatz von Kohlenstofffasern statt Stahl als Bewehrung in Carbonbeton bringt einige Vorteile mit sich. Zusätzlich unterstützt der Baustoff, nachhaltige Betonbauten zu errichten.
Der weltweit meistverwendete Baustoff ist Beton. Etwa 1,6 Milliarden Tonnen Zement, zehn Milliarden Tonnen Sand und Kies und eine Milliarde Liter Wasser werden pro Jahr im Betonbau verwendet. Allein aus der Zementherstellung resultieren rund fünf Prozent der weltweiten CO2-Emission. (Quelle BFT 12/20). Die Reduzierung von Beton ist demnach ein Schritt in Richtung nachhaltiges Bauen. Hier setzt der Carbonbeton an und trägt zur Ressourcenschonung bei.
Leichter Carbonbeton spart Ressourcen
Durch den Stahl als Bewehrung erhalten die meisten Betonbauteile ihre Zugfestigkeit. Um den Stahl vor Korrosion zu schützen, umschließt ihn eine Betondecke, die eine bestimmte Dicke haben muss. So kann es zu Plattendicken von bis zu 35 bis 40 Zentimetern kommen, und im Brückenbau sind sogar 50 bis 60 Zentimeter durchaus üblich. Ein Material, dass nicht korrodiert und als Bewehrung geeignet ist, sind Carbonfasern. Kommen sie zum Einsatz, kann die Betonüberdeckung dünner ausfallen. Zehn bis 15 Millimeter dicke Betonplatten reichen oft aus, um auch die auftretenden Kräfte einleiten zu können. Dadurch, dass weniger Beton benötigt wird, wird Zement, Zuschlag und Wasser eingespart und weniger CO2 fällt an. Nicht nur bei den Rohstoffen direkt wird gespart auch fallen weniger Transportkosten an, wenn die Ausgangsstoffe für die Carbonbetonbauteile in das Fertigteilwerk transportiert werden. Ist das Bauteil im Fertigteilwerk erstellt, fallen auch beim Transport auf die Baustelle weniger Treibhausgase an. Bauteile aus Carbonbeton sind leichter als Bauteile aus Stahl und somit können weniger Lkw-Ladungen mehr Material transportieren. Das geringe Gewicht der Betonplatten mit Carbonbewehrung hat auch auf andere Baumaterialien Auswirkungen. Bei einer vorgehängten Betonfassade zum Beispiel, je nach Plattengröße, sind weniger Befestigungselemente erforderlich oder die Dimensionierung der tragenden Gebäudestruktur kann reduziert werden.
Einsatz von Carbonbeton beim Brückenbau
2015 wurde in Albstadt-Ebingen die weltweit erste Carbonbetonbrücke gebaut, die vollständig ohne Stahlbewehrung und Vorspannung auskommt. Sie ist 15,5 Meter lang und knapp drei Meter breit. Sie wurde als Fertigteil hergestellt und hat den Querschnitt eines Trogträgers. Dabei sind ihre Trogwände 70 Millimeter und die Bodenplatte 90 Millimeter dick. Die Bewehrung der Brücke besteht aus einem epoxidharzgetränkten Carbontextil, Typ solidian GRID Q95/95-CCE-38, mit einer Maschenweite von 38 Millimetern und einer Querschnittsfläche von 95 mm/m² in beiden Richtungen. Es wurde als Flächen- und Formbewehrung sowohl 1– als auch 2-lagig eingebaut. Für die Herstellung der Brücke setzten die Verantwortlichen selbstverdichtenden Beton ein. Die Betondeckung liegt bei nur 15 Millimetern. Um herauszufinden, wie sich diese geringe Betonmenge auf die Ökobilanz der Brücke auswirkt, gab der Armierungs-Hersteller solidian 2020 eine unabhängige Ökobilanz in Auftrag. Das Ergebnis zeigte, dass durch den Einsatz von Carbonbeton 50 Prozent Beton und Gewicht eingespart werden konnten, dass 50 Prozent weniger Primärenergie erforderlich waren und dass der CO2-Ausstoß um 30 Prozent reduziert wurde.
Nachweis der Nutzungsdauer von Carbonbeton
Die Umgebungsbedingungen bestimmen die Lebensdauer von Stahlbeton. Befindet sich das Bauwerk in Küstennähe? Ist es Frost-Tausalz ausgesetzt? Kann es zu großen Temperaturschwankungen kommen?, das sind Fragen, die sich die Verantwortlichen bei ihrer Planung oder der Sanierung von Bauwerken stellen müssen. Denn Stahlbewehrungen können irgendwann die anfallenden Lasten nicht mehr tragen, wenn sie vom Rost angegriffen werden. Küsten, Tausalze und Temperaturschwankungen beschleunigen diesen Prozess. Auch hier kann Carbonbeton eine Schritt in die Zukunft sein. Die üblichen Langzeiterfahrungen von circa 30 bis 40 Jahren gibt es für diesen jungen Baustoff noch nicht, aber die bisherigen Einsätze lassen erkennen, dass es über lange Zeit keine Korrosionsprobleme geben sollte. Für rund zehn Jahre ist der Nachweis zur Nutzungsdauer für glasfaserarmierte Betonfertigteile bereits erbracht. Seit mehr als acht Jahren sind Carbonfertigteile im Einsatz und seit rund 40 Jahren der Glasfaserbeton.
Carbonbeton in der Sanierung
Dank seinem geringen Gewicht und der Langlebigkeit kann Carbonbeton auch für denkmalgeschützte Gebäude ein Baustoff sein. So war in Zürich eine Brücke aus dem Jahr 1880 in die Jahre gekommen. Sie ist 52,5 Meter lang und wurde als Stahlfachwerkkonstruktion erstellt, ihre Fahrbahn bestand ursprünglich aus Holzbohlen. Diese wurde später durch eine Stahlbetonplatte ersetzt, bei der jedoch im Laufe der Zeit die korrodierenden Bewehrungseisen zum Vorschein kamen. Bei der Sanierung wurde die Stahlbetonplatte rückgebaut und durch 35 Fertigteilplatten aus Carbonbeton ersetzt. Diese hatten die Abmessungen von 3,759 x 1490 Millimetern. Als Carbonbewehrung setzten die Mitarbeiter eines Fertigteilwerks das Gittergelege SITgrid 022 der Kneitz SiT ein. Bevor die Fertigteilplatten auf die Brücke montiert werden konnten, wurden sie an einem Prüfinstitut umfassend getestet.
Carbonbeton wird recycelbar
Eine wichtige Eigenschaft für einen nachhaltigen Baustoff sind die Recyclingfähigkeit und die unproblematische Entsorgung. Für Carbonbeton führen einige Universität derzeit vielversprechende Forschungen durch. Dabei zeigten die Untersuchungen, dass sich die Carbonstäbe und auch die Carbongitter aus dem Beton trennen lassen. Einige Hersteller geben schon jetzt an, dass ihre textilen Bewehrungen problemlos recycelbar sind und als Fasern erneut dem Beton zugegeben werden können. Hier muss noch an der Kosteneffizienz gearbeitet werden, damit dieses Vorgehen auf die breite Masse übertragen werden kann.
Richtlinien für Carbonbeton sind in Arbeit
Die Vorteile scheinen für den Carbonbeton als Lösung für ökologischen Bauen mit Beton zu sprechen. Doch es gibt noch eine Hürde, die der Baustoff nehmen muss: das Baurecht. Für jedes Bauprojekt, das in Deutschland derzeit mit Carbonbeton erstellt wird, ist eine Zulassung im Einzelfall oder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erforderlich. Eine Norm für den neuen Verbundbaustoff gibt es noch, würde aber den Einsatz des nachhaltigen Baustoffs erleichtern. Der deutsche Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb) erarbeitet in dem Unterausschuss Nichtmetallische Bewehrung aktuell Richtlinien, die das Bauen mit Carbonbeton vereinheitlichen und erleichtern werden. Um die Scheu vor dem neuen Baustoff zu nehmen, fördert der Verein TUDALIT mit Veranstaltungen die Verbreitung um das Wissen zum Bauen mit Carbonbeton.
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