Magnetische Störungen durch Bewehrung vermieden
Bei einem neuen Forschungsbau der Universität Stuttgart war es wichtig, dass keine magnetische Störungen auftreten, denn nur dann können dort nanophotonische Quantensensoren entwickelt werden. Auch die Bewehrung des neuen Gebäudes durfte nicht magnetisch sein. Aus diesem Grund wurde ein Glasfaserverbundwerkstoff als Bewehrungselement eingesetzt.
An der Universität Stuttgart am Standort Vaihingen wird das Zentrum für Angewandte Quantentechnologie (ZAQuant) errichtet, ein interdisziplinärer Forschungsbau. Die baudynamischen Anforderungen an das Gebäude waren bei der Planung des Grundrisses und des Tragwerks hoch, denn die Forschung muss unter größtmöglichem Ausschluss von niederfrequenten Magnetfeldern stattfinden. Zum Einsatz kam dabei Combar, ein vom Bauproduktehersteller Schöck entwickeltes Bewehrungselement aus Glasfaserverbundwerkstoff, das magnetische Störungen, ausgelöst durch Stahlbewehrung, vermeidet.
Ziel der Forschung im 8.500 Quadratmeter großen Gebäude ist die Entwicklung neuartiger, nanophotonischer Quantensensoren, um wegweisende Fortschritte bei Empfindlichkeit, Spezifität und Energieeffizienz in der Sensorik zu erreichen. Bislang wurden noch keine Quantensensoren so weit entwickelt, dass sich ein technischer Einsatz hierfür abzeichnet. Diese Forschungslücke soll durch das ZAQuant geschlossen werden. Unter der Leitung von Prof. Dr. Jörg Wrachtrup vom 3. Physikalischen Institut versuchen die Wissenschaftler, neuromagnetische Felder nachzuweisen. Dabei handelt es sich um Magnetfelder, die durch neuronale Aktivitäten, wie zum Beispiel Gehirnaktivitäten, erzeugt werden. Die Erforschung der sehr kleinen Magnetfelder muss in einer Umgebung stattfinden, die selber keine Magnetfelder erzeugt. Im Experimentierraum darf daher kein Metall verbaut werden. Mit der Planung des komplexen Gebäudes wurde das Stuttgarter Büro hammeskrause architekten beauftragt.
Tragstruktur angepasst an Erschütterungsschutz
Mit der Tragwerksplanung für das Gebäude waren Weiske + Partner aus Stuttgart beauftragt. Dr. Ulrich Breuninger erklärt: „Die Sensibilität der Versuche wirkt sich wesentlich auf die Planung des Tragwerks aus. Die Konzeption der gesamten Tragstruktur sowie die Dimension der Decken und Bodenplatten werden durch die hohen Anforderungen an den Erschütterungsschutz bestimmt.“ Daher erfolgte der Bau der Gebäudeteile mit den Reinräumen und den Präzisions- und Hochpräzisionsmessräumen auf einer ein Meter dicken, elastisch gebetteten Bodenplatte. Aufgrund der elektromagnetischen Sensibilität der Versuche werden alle Fundamentblöcke und Versuchstische mit Glasfaserbewehrung ausgeführt.
Glasfaser ermöglicht die elektromagnetische Entkoppelung
Die eingesetzte Bewehrung besteht aus korrosionsresistenten Glasfasern, die mit einem Vinylesterharz gebunden sind. Als Alternative zu Stahl zeichnet sich der beschichtete Bewehrungsstab durch folgende Eigenschaften als technisch vorteilhafte Lösung aus: Er hat eine äußerst geringe Wärmeleitfähigkeit und ist besonders fest und dauerhaft, nicht brennbar, korrosionsbeständig, resistent gegen chemische Angriffe, leicht zerspanbar und weder elektrisch leitend noch magnetisierbar. Somit lässt sich durch die Bewehrung eine elektromagnetische Entkoppelung der Bauteile erzielen, die elektromagnetische Störungen und Einflüsse von außen minimiert. Diese Materialeigenschaft ist für den Einsatz in einem Hochpräzisionsmessraum, wie beim ZAQuant, von zentraler Bedeutung. „Bei unserer Arbeit hat geholfen, dass wir von Schöck von Anfang an betreut wurden. Der Key Account Manager hat sich sehr eingebracht und uns schon bei den Vorgesprächen beraten und unterstützt“, resümiert der Bauleiter Michael Westpfahl von der Gottlob Brodbeck GmbH & Co.KG. Prof. Dr. Jörg Wrachtrup von der Universität Stuttgart: „Eins ist sicher, die Kombination der Vermeidung von Umgebungserschütterungen bei gleichzeitiger elektromagnetischer Abschirmung der Versuchsblöcke, ist in dieser Art sicherlich weltweit einmalig. Wir haben viele Stunden mit den Planern zusammengesessen und Lösungen mit entwickelt.“ Ende 2020 soll das ZAQuant fertiggestellt sein und ab 2021 können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschung aufnehmen.
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