Die Einkaufsphase in der Baubranche digitalisieren
In jeder Phase eines Bauprojektes wird das Thema Digitalisierung wichtiger, so auch beim Ausschreibungs- und Vergabeprozess. Im Gespräch mit Fritz Cramer, Mitbegründer des Start-ups Cosuno, erfahren wir wo die Potenziale für die Digitalisierung der Baubranche liegen.
Herr Cramer, wie sind Sie zu dem Thema Digitalisierung in der Baubranche gekommen und was ist das Spannende daran?
Eingestiegen bin ich in das Thema durch meine Beratungstätigkeit bei PERI, dem Weltmarktführer für Schalungs- und Gerüstbau. Dort haben mein Businesspartner Christoph Berner und ich den Vorstand zum Thema Digitalisierung beraten, nachdem wir jeweils eine Zeit in verschiedenen Start-ups tätig waren. Das ist ein sehr spannendes Thema, denn die Baubranche ist eine der kollaborativsten Branchen der Welt und eine wichtige Säule unserer Wirtschaft. Gleichzeitig ist die Digitalisierung hier noch wenig angekommen. Zum Glück gewinnt das Thema immer mehr an Bedeutung, denn durch die wachsende Nachfrage an Bauleistungen müssen Innovationen her, um die Produktivität zu steigern.
Im Rahmen unserer Beratungstätigkeit ist uns besonders die Einkaufsphase immer wieder als eine der Schlüsselphasen für die Gewinnoptimierung aufgefallen. Im Einkauf wird die Marge festgelegt und gleichzeitig ist dieser Prozess in der Baubranche noch höchst undigital, ineffizient und unübersichtlich.
Christoph, Max und ich gründeten dann vor zwei Jahren Cosuno, eine Software, die den Ausschreibungs- und Vergabeprozess digitalisiert und so die Leistungsphase 6 und 7 effizienter gestaltet und die Gewinnvergabemarge optimiert.
Einfluss im Bauprojekt nehmen
Wieso haben Sie sich für den Construction Tech Bereich beziehungsweise für den Einkauf von Fremdleistungen entschieden?
Wir haben uns dazu entschieden, eine Software zu entwickeln, da es vergleichsweise noch sehr wenig Construction Tech Unternehmen in Deutschland gibt, die Branche aber mit einem Jahresumsatz von 138 Milliarden Euro im Jahr 2020 ein immenses Potenzial besitzt. Der Einkauf von Fremdleistungen innerhalb des Bausektors ist für einen Großteil der Gewinne eines Bauprojekts von der Planung bis hin zur Fertigstellung verantwortlich. Deshalb haben wir uns für diesen Bereich entscheiden, um den Einfluss auf ein Produktivitätswachstum so groß wie möglich zu gestalten.
Bausektor auf die Zukunft ausrichten
Das Thema Digitalisierung der Baubranche ist in aller Munde. Wie haben Sie diese Entwicklung in den letzten Jahren erlebt?
Auf der einen Seite hat sich in den letzten Jahren viel getan. Es entstehen immer mehr neue Technologien und Innovationen, um Prozesse effizienter und produktiver zu gestalten. Technologien, wie Building Information Modeling und Cloud-Lösungen, sind schon vielen Akteuren ein Begriff und haben extrem viel Potenzial. Auf der anderen Seite hängt die Bauwirtschaft trotz aller Bemühungen im Bereich Digitalisierung weiterhin immens hinterher. In den letzten Jahrzehnten hat die Branche kaum an Produktivitätszuwachs gewonnen und ist immer noch von manuellen Arbeitsweisen geprägt. Das muss sich dringend ändern, denn auf den Bausektor werden in Zukunft immer mehr Herausforderungen zukommen.
Welche Herausforderungen sind das genau?
Die Branche ist schon seit Jahren von einem immensen Fachkräftemangel bedroht, vor allem im Handwerk. Zusätzlich werden die Anforderungen an ein nachhaltiges Bauen und Recycling stetig weiterwachsen. Auch Wetterverhältnisse werden immer extremer und eine wachsende Anzahl an Menschen wünschen sich vor allem in Städten einen bezahlbaren Wohnraum. Um diese neuen Herausforderungen zu meistern, braucht es mehr Effizienz in allen Phasen eines Bauprozesses. Dabei ist Digitalisierung eine der wichtigsten Maßnahmen, um den Herausforderungen standhalten zu können.
Innovationen in der Baubranche nutzen
Was sind Ihrer Meinung nach, die Gründe für diese langsame Entwicklung zu einer digitalen Baubranche?
Neben einem fehlendem Innovationsdruck ist die Baubranche eine sehr traditionelle Branche, die auf alten Arbeitsweisen basiert. Vielen Akteuren fehlt weiterhin das nötige Know-how, wie und warum man Innovationen nutzen sollte.
Welche Handlungsempfehlungen würden Sie Akteuren der Baubranche konkret mit auf den Weg geben?
Testen, Testen, Testen! Es ist essenziell, sich mit dem Thema Digitalisierung in der Baubranche auseinanderzusetzen. Ich kann jedem Geschäftsführer oder Einkäufer nur empfehlen, die internen Prozesse einmal zu analysieren und zu ermitteln, wo das größte Verbesserungspotenzial liegt. Nahezu jede Softwarelösung oder Technologie bietet eine kostenlose Demo oder Testphase an! Diese Möglichkeiten sollte jeder nutzen, um die bestmögliche Lösung für das eigene Unternehmen zu finden!
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Fritz Cramer, zusammen mit Christoph Berner und Maximilian Seifert gegründet er 2019 das Start-up Cosuno Foto: Cosuno