Drei hartnäckige BIM-Mythen aufgeklärt
Skepsis gegenüber der Digitalisierung ist in Deutschland immer noch Realität. Die Ursache liegt jedoch häufig in Unklarheiten, die den Technologien anhaften.
Rund um Building Information Modeling (BIM) in der AECO-Industrie (Architecture, Engineering, Construction and Operations) hält sich der ein oder andere Mythos. Zeit, mit offenen Fragen aufzuräumen und zu zeigen, wie die Umsetzung gelingt.
Geht es bei BIM nur um 3D-Modeling?
3D-Modeling ist ein zentraler Aspekt von BIM, aber das Konzept beinhaltet noch weitaus mehr. Bei BIM geht es um das Management von Daten. Diese fließen jedoch nicht ausschließlich in Modelle. Sie können auch für Planungs- und Freigabeprozesse verwendet werden. Wird die BIM-Software zum Beispiel mit einem Common Data Environment (CDE) kombiniert, entsteht eine „Single Source of Truth“. Diese hält alle Beteiligten auf dem gleichen Stand.
Da alle Prozesse über eine Plattform läuft, lassen sich wiederkehrende Abläufe automatisieren. Außerdem kann die Planung mit 3D noch um weitere Dimensionen ergänzt werden: Zeit (4D) und Kosten (5D) schaffen einen erheblichen Mehrwert, wenn sie zusätzlich in die Modelle eingerechnet werden.
Rechnet sich BIM nur für große Projekte?
Effizienz hängt nicht vom Umsatz oder der Zahl der Mitarbeiter ab. Das erste Investment in die Software mag für ein großes Unternehmen einfacher zu stemmen sein. Über die Laufzeit des Projekts betrachtet, sorgt die zuverlässigere Planung jedoch für weniger Probleme. Weniger Nacharbeiten und Baustopps bedeuten weniger Extrakosten.
Der Return of Investment (ROI) kann sich oft schneller als erwartet einstellen. Es empfiehlt sich daher, schon jetzt in BIM zu investieren, bevor die Technologie zum Standard wird und Anpassungen unter Druck erforderlich macht. Für öffentliche Großprojekte im Infrastrukturbereich ist BIM seit Anfang 2021 bereits vorgeschrieben.
Bringt BIM außerhalb der Planung keine Vorteile?
BIM in Kombination mit CDE ist mehr als nur eine Hilfe bei der Planung. Die Vorteile lassen sich auch auf den ausführenden Bauprozess übertragen. An den Modellen kann der Bauleiter die Fortschritte ablesen und mit den Soll-Werten abgleichen. Die Arbeiter auf der Baustelle haben über die Plattform ebenfalls Zugang zu den Fortschrittsberichten. Kommt es zu Materialengpässen oder spontanen Arbeitsumverteilungen, erfahren sie es direkt.
Sogar nachdem ein Projekt fertiggestellt wurde, bleiben die BIM-Daten wertvoll. Für den Betreiber ist der „digitale Zwilling“ seines Gebäudes die Grundlage für energetische Optimierungen oder weitere Baumaßnahmen. Da etwa 80 Prozent der Gesamtkosten eines Gebäudes erst nach der Fertigstellung im Betrieb anfallen, sind Einsparungen hier essenziell.
BIM kann einiges mehr als 3D-Modellierung und Planung. Doch wie steht es um die Komplexität? Ist es nicht schwierig, Building Information Modeling im Baualltag zu integrieren? Eigentlich nicht. Grob gesagt, kann BIM auf drei Teilbereiche heruntergebrochen werden:
- Kooperations-Tool: An Großprojekten sind oft viele Unternehmen beteiligt. Für eine geordnete Zusammenarbeit braucht es standardisierte Prozesse. Hier ist der Zweck von BIM primär, die herrschende Komplexität einzudämmen. Wenn alle Beteiligten mit derselben Datenbasis arbeiten und diese gemeinsam erweitern, „weiß die eine Hand immer, was die andere tut“. Das erleichtert Abstimmungen, Freigaben und Analysen. Sätze wie: „Habe ich nicht gesehen“ oder „Wusste ich nicht“ existieren dann nicht mehr.
- Genaue Modellierung: Auch wenn BIM mehr ist als nur ein Modellierungs-Tool, ist es das natürlich auch. Daten in Rohform, die auf dem CDE abgelegt werden, bringen noch nicht den gewünschten Mehrwert. Erst in geordneter und visualisierter Form tragen sie zum Projekterfolg bei. Als Modell sind die Informationen dann allerdings nicht nur für Architekten und Bauleiter interessant, sondern für jeden beteiligten Partner. Das ist der Vorteil dynamischer Modelle. Wenn es neue Daten gibt, werden sie eingepflegt und das System visualisiert etwaige Veränderungen.
- Fundierte Entscheidungen treffen: Maßnahmen bei Großprojekten, die den Bauablauf beeinflussen, können kostspielige und langwierige Folgen nach sich ziehen. Dank BIM steht ein digitaler Zwilling des Projekts zur Verfügung, der die Entscheidungsfindung erheblich erleichtert. Die Verantwortlichen können Veränderungen simulieren, ohne auf der realen Baustelle aktiv zu werden. Das wirkt sich auf den gesamten Lebenszyklus des Objekts aus. Ob bei Planung, Bau oder Betrieb: BIM ermöglicht es, Szenarien durchzuspielen, ohne physische Ressourcen aufwenden zu müssen.
BIM als Methode
BIM ist also weniger ein Tool, sondern eine Methode. Die gemeinsame Datenbasis schafft für alle Beteiligten über Unternehmensgrenzen hinweg einen Zugang zu möglichst vielen Informationen. Das vereinfacht den Projektablauf, ermöglicht mehr Kontrolle und reduziert Zwischenfälle. BIM stellt Bauvorhaben phasenübergreifend dar und dokumentiert jeden Prozessschritt – und das ganz ohne Medienbrüche mit nur einer Plattform.
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