Kommunikation auf der Baustelle verbessern
Lange Zeit wurde der Begriff der Digitalisierung nicht mit der Baubranche und vor allem nicht mit Lean Construction in Verbindung gebracht. Die Baustellenkommunikation erfolgt persönlich – von Angesicht zu Angesicht. Die letzten 18 Monate haben gezeigt, dass auch die Bau- und Immobilienbranche von der Digitalisierung profitieren kann. COVID-19 kann dabei als Katalysator für die Digitalisierung innerhalb der Branche angesehen werden.
Bereits vor 2020 gab es im nationalen und internationalen Umfeld verschiedenste digitale Lean-Lösungen, die jedoch zu dieser Zeit nur von wenigen Vorreitern und Mutigen angewendet wurden. Mit dem Ausbruch der Pandemie im März 2020 wurde dem Markt bewusst, dass Alternativen in der Projektabwicklung gefunden werden müssen, um die Projekte weiterhin erfolgreich durchführen zu können. Dies führte dazu, dass die Weiterentwicklung bereits bestehender digitaler Lean-Systeme sowie die Neuentwicklung schlagartig in den Fokus von Konzernen, dem Mittelstand und der Start-Up-Szene rückten. Dabei haben sich Lösungen entwickelt, die den Fokus auf das Last Planner System, die Taktplanung und -steuerung sowie eine Kombination beider Lean-Ansätze legen. Die Pandemie kann somit als Katalysator der Digitalisierung innerhalb des Planungs- und Bauprozesses angesehen werden. Von heute auf morgen mussten viele Besprechungen, Abstimmungen und Problemlösungen im virtuellen Raum stattfinden. Um diese virtuellen Sitzungen zielgerichtet und lösungsorientiert durchzuführen, sind geeignete Tools zur Visualisierung und Informationsweitergabe unabdingbar.
Informationen durch Lean Construction weitergeben
Lean Construction fokussiert – egal ob analog oder digital – die zielgerichtete Informationsweitergabe und Reduzierung unnötiger Prozesse. Nur wenn alle erforderlichen Informationen zur Umsetzung und Weiterarbeit vorhanden sind, können Fehler vermieden werden. Denn Fehler deuten auf „fehlende“ Informationen hin. Die Identifikation der benötigten Informationen erfolgt häufig durch Visualisierung der Leistung und Prozesse, denn dies ermöglicht eine zügige und vor allem verständliche Erarbeitung der zu erfüllenden Aufgaben und Tätigkeiten. Hier setzen die digitalen Lean-Lösungen an. Die Prozesse werden in diesen, statt analog mit Haftnotizen oder Steckkarten, digital visualisiert und mit den notwendigen Informationen hinterlegt. Dies ermöglicht es allen Projektbeteiligten, ob vor Ort oder aus der Distanz, auf die erarbeiteten Prozesse zuzugreifen und diese – im Hinblick auf die Lean-Philosophie – zu optimieren sowie in einen Arbeitsfluss zu bringen. Lean-Praktiker wissen, dass es für diese optimierte Prozessplanung von größter Bedeutung ist, dass diejenigen, die die Arbeit ausführen, auch in den Prozess der Planung integriert sind. Die einzelnen Fachplaner oder ausführenden Firmen erkennen potenzielle Hindernisse und sehen Verbesserungsmaßnahmen für ihre eigene Leistung und auch für den gesamten Prozess. Dementsprechend ist die ganzheitliche Betrachtung des Projekts unter Einbezug aller Beteiligter entscheidend. Im digitalen Raum können die Beteiligten vor Ort in digitalen oder hybriden Sitzungen auf das Fachwissen externer – ortsferner – Experten zurückgreifen. Dies führt dazu, dass die Projektkommunikation kollaborativ und ganzheitlich erfolgt. Durch diese aktive Zusammenarbeit aller Experten werden Hindernisse frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen erarbeitet, wodurch die Produktivität innerhalb der Planungs- oder Ausführungsphase gesteigert wird und sich eine fließende Projektabwicklung einstellt. Darüber hinaus ermöglichen viele der digitalen Lean-Systeme eine Auswertung der geplanten und der zu erbringenden Leistung sowie die Dokumentation der erarbeiteten Leistungspakete inklusive vorhandener und gelöster Konfliktpunkte.
Herausforderungen der digitalen Abwicklung
Die Erfahrung zeigt, dass trotz digitaler Tools eine analoge Aufsetzphase notwendig ist, damit die einzelnen Beteiligten die grundsätzlichen Lean-Prinzipien verstehen und vor allem ein kollaboratives Miteinander schaffen. Lean Construction basiert auf dem Prinzip der Kollaboration – der aktiven Beteiligung, Offenheit und Transparenz eines Jeden. Dies muss vom Team verstanden und verinnerlicht werden. Projektteams, die bereits Erfahrungen mit der Lean-Philosophie haben, können zügiger in die digitale Abwicklung übergehen und die Effektivitäts- und Effizienzvorteile der Digitalisierung nutzen.
Vorteile der gegenwärtigen Entwicklung
Die Digitalisierung und die digitalen Lean-Tools unterstützen die Branche nicht nur in Zeiten der Pandemie, sondern ermöglichen zudem eine stetige Weiterentwicklung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bau- und Immobilienwirtschaft. Es ist die Vorbereitung auf die Zukunft des Bauens. Die Zugänglichkeit aktueller Projektinformationen ist durch digitale Tools und die digitale Abwicklung nun von der Baustelle bis zum Büro möglich. Hierdurch können die gemeinsam definierten Leistungspakete, Aufgaben und Ziele von allen relevanten Beteiligten kontinuierlich verfolgt und bei Bedarf eingegriffen werden, um Störungen frühzeitig entgegenzuwirken. Ferner haben die Entwicklungen der letzten Monate dazu geführt, dass die Anwendung digitaler Lean-Systeme nicht nur bei großen Unternehmen oder bei hochkomplexen Bauwerken erfolgt, sondern auch kleine Planungs- oder Ingenieurbüros von dem Wettbewerb profitieren.
Mehr aus dem Special Digitalisierung:
Unterstützung für das Baustellenteam: Ein Bauroboter
Auf aktuellem Stand: Digitaler Zwilling für Ottendorfer Viadukt