Eines der nachhaltigsten Uni-Gebäude Deutschlands eröffnet
Für die Universität Witten/Herdecke realisierte Züblin Timber einen schlüsselfertigen Erweiterungsbau in Holzhybridbauweise. EU-Präsidentin Ursula von der Leyen würdigte das neue Seminar- und Bürogebäude als beispielgebend.
Mit einer großen Eröffnungsfeier ist am 1. Oktober 2021 der Neu- und Erweiterungsbau der Universität Witten/Herdecke eingeweiht worden. Mit rund 18 Monaten Bauzeit wurde das als „Zukunftsraum“ bezeichnete Bauwerk pünktlich zum Beginn des Wintersemesters 2021/2022 fertig. Das veranschlagte Projektbudget von 28 Mio. Euro für das Gebäude mit 7000 Quadratmeter Bruttogrundfläche wurde mit einer Endsumme von 27 Mio. Euro leicht unterschritten, freute sich der Kanzler der Universität, Jan Peter Nonnenkamp.
Das Potenzial von Holz als Baustoff ausgeschöpft
Noch vor etwa einem Jahr wurden innerhalb von neun Wochen rund 10.000 unterschiedliche Holzteile verbaut – von der Skelettkonstruktion aus Brettschichtholz über die Fassadenschalung aus naturbelassener heimischer Lärche bis hin zu Brettsperrholz-Elementen für Decken und Wände. Jeder der verbauten 1200 Kubikmeter Holz bindet eine Tonne klimaschädliches CO2, sodass unter anderem aufgrund des Holzbaus das Gebäude als eines der nachhaltigsten Hochschulgebäude Deutschlands gelten darf.
Aufgrund der Holzbauweise werden etwa 850 Tonnen CO2 gegenüber einer Bauweise mit Beton, Stahl und Ziegeln gespart. Eine Auszeichnung der Nachhaltigkeit durch die BNB-Zertifizierung in Silber ist beantragt. Daneben ermöglicht das modulare Konzept eine hohe Flexibilität in der aktuellen und zukünftigen Nutzung; Rückbaubarkeit und Kreislaufwirtschaft sind gewährleistet.
Kernpunkte der Nachhaltigkeit
Vom Tragwerk über den Innenausbau bis zur Fassade – für den Campus-Neubau schöpfte das vielfältige statische und konstruktive Potenzial von Holz als Baustoff das 2019 für den deutschen Nachhaltigkeitspreis nominierte Berliner Architekturbüro Kaden+Lager aus. Generalunternehmer für das Projekt war das Unternehmen Züblin Timber, das auf das Thema Holzbau spezialisiert ist und gemeinsam mit Kaden+Lager den universitären Wettbewerb gewonnen hat.
Bei der Pressekonferenz im Vorfeld der Einweihung verwies Univ.-Prof. Markus Lager von Kaden+Lager darauf, dass die Nachhaltigkeit auch durch den partizipativen, integralen Planungsprozess ermöglicht wurde. Als Beispiel nannte er das eingebaute Hänge-Sprengwerke (siehe Bilder).
Sie überbrücken im darunter liegenden Seminarraum eine Spannweite von 15 m ohne Stützen. Mit ihrer Hilfe ließ sich die Größe der Unterzüge, die Einfluss auf die Raumhöhe haben, deutlich verringern. Die Streben der insgesamt 4,5 Tonnen schweren Sprengwerke laufen allerdings in der Etage darüber durch die Büroräume – das erfordere Akzeptanz der dort beschäftigten Personen.
Simon Pfeffer, Leiter Schlüsselfertigbau von Züblin Timber, wies darauf hin, dass eine hohe Komplexität durch die vielen unterschiedlichen Nutzungen (inkl. Brandschutz, Schallschutz) des Baustoffs Holz entstehe. Aber der Holzbau lebe vom Detail, man müsse früh in der Planung schon an die Ausführung denken.
Hunderte von Lern- und Arbeitsplätzen geschaffen
In dem Gebäude sind rund 300 Lernplätze für Studierende entstanden, neun Seminarräume, eine mehrgeschossige Bibliothek, ein Café mit Lounge-Bereich, ein Veranstaltungsraum für bis zu 350 Personen und fünf Büroflure mit etwa 100 Arbeitsplätzen.
Die 1982 gegründete Universität Witten/Herdecke (UW/H) steht als Modelluniversität mit rund 2700 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur für eine Reform der klassischen Alma Mater, indem Wissensvermittlung immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung gehen soll.
Politik und Stadt zu Gast
Als prominenten Ehrengast konnte die Universität die amtierende Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, gewinnen. „Wir wollen den Europäischen Grünen Deal den Menschen näherbringen. Und hier in diesem neuen Gebäude der UW/H kann man spüren, wie es gehen kann. Dieser Bau ist ebenso nachhaltig wie funktional und schön.“
Auch für das Land NRW bzw. den Landkreis und die Stadt war die Umsetzung des Bauprojekts eine Premiere, denn ein vergleichbares Gebäude existiert im bevölkerungsreichsten Bundesland bis dato noch nicht.