Biologisch abbaubare Geobaustoffe
Im naturnahen Ausbau von Wirtschaftswegen und Uferbefestigungen wird akzeptiert, dass über die Nutzungsdauer Veränderungen eintreten. Konstruktionen müssen sich zum Beispiel an Wurzelstrukturen anpassen oder gewünschte morphologische Veränderungen zulassen können. Geobaustoffe werden dabei eher unterstützend eingesetzt, nicht als „Baustoff für die Ewigkeit“.
Ufer und Gewässerrandbereiche als ökologisch extrem wertvolle und vielseitige Lebensräume unterliegen fortlaufenden und starken periodischen Veränderungen. Die Morphologie praktisch jeder natürlichen Oberfläche ist in ständiger Bewegung und nur scheinbar formstabil. Der Bewuchs ist Nass- und Trockenperioden ausgesetzt und übernimmt seine stabilisierende Funktion nur in Grenzen. Bei zunehmenden Witterungsschwankungen und -veränderungen ergibt sich automatisch eine zunehmende Veränderlichkeit der Morphologie.
Scheinbar widersprüchlich stehen sich die Ziele der ökologischen Durchgängigkeit und natürlichen Gestaltung auf der einen Seite und der dauerhaften Festlegung von Landschafts- und Bauwerksgeometrien auf der anderen Seite gegenüber. Zur Sicherstellung einiger Gewässerfunktionen wie der Vorflut, der Wasserstraße (vgl. z. B. [1]) oder des Hochwasserschutzes wurden Bauwerke über Jahrzehnte stark befestigt und eine morphologische Veränderung radikal unterbunden. Dieses erfolgte zum Teil zu Lasten der ökologischen Funktionen, sodass Gewässern, aber auch Böschungen und Randbereichen an Infrastrukturmaßnahmen, heute mehr Entwicklungsflächen eingeräumt werden.
Dennoch muss die Vegetation und die erdbautechnische Struktur stabilisiert werden. Geokunststoffe haben dazu in den letzten Jahrzehnten einen hervorragenden Beitrag geleistet. Als extrem dauerhafte Baustoffe ermöglichen sie sehr nachhaltige Konstruktionen und übernehmen Funktionen wie Abdichten, Filtern und Bewehren. In den Bereichen, wo sie durch morphologische Veränderungen planmäßig freigelegt werden und einer Abrasion unterworfen sein können, sollten sie durch zeitlich veränderliche und biologisch abbaubare Geobaustoffe ergänzt werden.
Als einer der weltweit führenden Hersteller von Geobaustoffen hat die Naue GmbH & Co. KG entsprechende Produkte entwickelt.
Biologisch abbaubar
Der neuen Produktgruppe der biologisch abbaubaren Geobaustoffe gemein ist die Eigenschaft, dass ein Eintritt in die Umwelt durch Abrieb an freiliegenden Produkten an Gewässern, durch großflächige Erosion im Küstenbereich oder Beschädigung (z. B. einer Erosionsschutzmatte bei Pflegearbeiten) zu keinerlei Schädigungen an Flora und Fauna führt. Bei einem auf die jeweiligen Projektrandbedingungen abgestimmten Design erreichen sie die für den Anwendungsfall notwendige Lebensdauer und erfüllen während dieser Zeit ihre Funktion.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurden umfangreiche Versuche mit unterschiedlichen Materialien durchgeführt. Die besten Ergebnisse hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften bei gleichzeitiger biologischer Abbaubarkeit konnten mit industriell hergestellten Stapelfasern erzielt werden. In diesem Fall werden die zum Einsatz kommenden Fasern zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen produziert. Zu beachten ist, dass die Rohstoffe zur Herstellung der Fasern nur aus zertifizierten Quellen stammen dürfen. Durch die industrielle Herstellung der Fasern können im Gegensatz zu Naturfasern wie Flachs, Jute oder Kokos sehr gleichmäßige Produkteigenschaften erzielt werden, wie sie im Wasser- und Tiefbau gefordert werden.
Robustheitsklassen
In Analogie zu Produkten aus dem Straßenbau lässt sich zum Beispiel der neu entwickelte biologisch abbaubare Vliesstoff in geotextile Robustheitsklassen einteilen und bedient somit auch Forderungen aus Ausschreibungen für Infrastrukturmaßnahmen.
Die Einteilung der Geotextilrobustheitsklassen, der sogenannten GRK-Klassen, bezieht sich auf die Eigenschaften Grammatur und Stempeldurchdrückkraft, die auch für den klassischen Vliesstoff aus Kunststoff maßgeblich sind. Sowohl die Festigkeit als auch die charakteristische Öffnungsweite ändert sich im Verlauf der Lebensdauer eines auf rein organischem Rohstoff basierenden Vliesstoffes.
Breite an Einsatzgebieten
Die neue und vielfältige Produktgruppe aus Vliesstoffen, Erosionsschutzprodukten und mineralischen Abdichtungsbahnen ermöglicht die Übernahme sehr unterschiedlicher Aufgaben, von denen nachfolgend einige exemplarisch aufgeführt sind:
- Trennen und Filtern von Böden an Ufern und beim Gewässerausbau
- Trennen von hochwertigem Schotter und feinkörnigem Untergrund, zum Beispiel unter Baustraßen
- Stabilisierung und Abdichtung von Gewässersohlen
- Erosionsschutz, zum Beispiel bei Baugruben, Wegen und Straßenböschungen
- In Pilotprojekten konnten erste vielversprechende und positive Erfahrungen mit dieser Produktgruppe gesammelt werden.
Baustraße zum Mühlenkanal
Als eine der wichtigsten Anwendungen gilt die Stabilisierung von temporären Wegen und Baustraßen. Zur Sanierung einer Gewässerstützwand am Mühlenkanal in der Gemeinde Dettingen unter Teck wurde nach Abstimmung mit den Behörden ein Fußpfad durch eine begrenzte Fällung verbreitert und durch das Auslegen eines biologisch abbaubaren, aber sehr robusten Vliesstoffes mit Schotterschüttung für Lkw und Bagger befahrbar gemacht. Eine Vermischung des Schotters mit dem oft feinkörnigen Untergrund wird auf diese Weise vermieden und die Bodenstruktur geschont. Das spart Material, somit auch Kosten, und erleichtert den Rückbau.
Mulden, Gewässersohlen und Uferbereiche abdichten
Die morphologische Stabilität von Böschungen, Gewässern und Ufern wird ganz wesentlich über die Durchlässigkeit und Lagestabilität der Kornfraktionen in den Grenzschichten gesteuert. Um die Funktion der Vorflut übernehmen zu können und erosionsstabil zu sein, muss bei Mulden, Gerinnen und Gewässern die Versickerung begrenzt, wenn nicht ganz verhindert werden. Mineralische Abdichtungen „von der Rolle“, sogenannte Bentonitmatten, sind als flexible, dehnfähige, dünnlagige und erosionsstabile Abdichtungsbahnen optimal geeignet.
Soll die Gewässersohle grundsätzlich veränderlich bleiben, sich also in Grenzen morphologisch verändern dürfen, sollten die textilen Komponenten dieser Abdichtungsbahnen biologisch abbaubar sein, damit sie im Falle der langfristigen Veränderungen keine Fremd- und Störstoffe bilden. Pilotprojekte an morphologisch veränderlichen Ufern und als Abdichtung in Mulden zeigen, dass die neue Produktgruppe hier richtungsweisende Lösungen ermöglicht. Ökologische Durchgängigkeit und die Unterstützung der nachhaltigen Bauwerksstabilität finden mit diesen Produkten eine neue Einvernehmlichkeit.
Literatur
- Hoyme, H., Pries, J. K.: Uferdeckwerke im Spannungsfeld von Technik und Zeitgeist (Teil 1 – 3). In: IWSV – Magazin Verbandszeitschrift des Ingenieurverbandes Wasser- und Schifffahrtsverwaltung e. V., Heft 3 und 4 (2021), Heft 1 (2022), ISSN 1614–2144
- Naue GmbH & Co. KG: Produktvorstellung Secutex Green