Neubau der Schleuse Gleesen
Massige Verkehrswasserbauwerke werden durch Wetter und Wasser stark beansprucht. Um unter diesen Bedingungen eine Nutzungsdauer von mindestens 100 Jahren zu erreichen, sind besondere Betonqualitäten nötig.
Der Dortmund-Ems-Kanal (DEK) ist eine der wichtigsten Wasserstraßen Deutschlands. Innerhalb des rund 29 Kilometer langen nördlichen Kanalabschnitts befinden sich sechs Schleusen, damit die Schiffe von Bevergern nach Gleesen einen Höhenunterschied von circa 29 Metern überwinden können. Viele Schleusen entlang des Kanals sind mittlerweile über 100 Jahre alt und entsprechen nicht mehr den Anforderungen der modernen Schifffahrt. Daher wurde das Projekt „Neue Schleusen DEK-Nord“ ins Leben gerufen. Die alten Schleusen entlang der Nordstrecke des Kanals werden durch Neubauten ersetzt. Damit zukünftig der Kanalabschnitt für Großmotorgüterschiffe befahrbar ist, wird an der 1914 gebauten Schleuse Gleesen eine komplett neue Schleusenanlage mit 140 Meter Nutzlänge und 12,5 Meter Breite bei einer Hubhöhe von 6,37 Meter errichtet.
Niedrige Wärmeentwicklung beim Aushärten
Zuständig für die Planung und Realisierung des Projekts ist das Wasserstraßen-Neubauamt-Datteln, für die Umsetzung das Bauunternehmen Johann Bunte. Ein wesentlicher Bestandteil des Bauauftrags sind die Betonarbeiten für die Baugrube mit Sohle und das neue Schleusenbauwerk. „Das Interessante am Schleusenbau sind die Abmessungen“, erklärt Björn Kranz, Projektleiter des Unternehmens Johann Bunte. „Die Schleusensohle ist drei Meter dick und die Wände an einigen Stellen sogar bis zu sechs Meter.“
Je dicker die Bauteile sind, umso schlechter kann die bei der Aushärtung des Betons aufgrund der exothermen chemischen Reaktion entstehende Wärme abgeführt werden und es drohen Spannungsrisse. Daher wurden generell CEM-III-Zemente mit niedriger Hydratationswärmeentwicklung eingesetzt, um die Temperaturentwicklung bei der Betonage niedrig zu halten, bei der Sohle den CEM III/ A 32,5 N-LH (na) von HeidelbergCement.
Hohe Druckfestigkeit
Die Baugrube ist seit Mitte 2020 fertiggestellt. Björn Kranz erinnert sich: „Wir haben zuerst eine Schlitzwand als Baugrubenumschließung hergestellt und dann die Unterwasserbetonsohle im Baugrund errichtet, um die Schleuse im Trockenen bauen zu können. Hier wurde der CEM III/A 42,5 N genutzt, da er über eine hohe Druckfestigkeit verfügt.“ Die Unterwasserbetonsohle dient als Abdichtung der Baugrube gegen Grundwasser. Die Baugrube ist bis zu 30 Meter breit, 200 Meter lang und über 17 Meter tief. Der größte betonierte Abschnitt hat ein Volumen von 5500 Kubikmeter. Die Betonage dauerte drei Tage und lief rund um die Uhr. Zeitweise waren sogar drei Betonpumpen gleichzeitig im Einsatz. Da der Beton für die Unterwasserbetonsohle mit Hilfe von Tauchern eingebracht wurde, musste eine fließfähige Konsistenz hergestellt werden. So konnte sich der Beton selbst nivellieren. Dies ist auch der Grund, warum er zügig und ohne Unterbrechung in einem Guss verbaut wurde. Nachdem die Unterwasserbetonsohle hergestellt war, konnte das Wasser herausgepumpt werden, um eine trockene Baugrube zu erhalten. Anschließend wurde die Schleusensohle in sieben Betonierabschnitten eingebaut.
Danach wurden die Schleusenwände betoniert. Die drei bis sechs Meter dicken Wände werden in einzelnen Abschnitten von bis zu 700 Kubikmeter betoniert. Dabei kommen je nach Geometrie und erforderlicher Betoniergeschwindigkeit auch wieder bis zu drei Betonpumpen zum Einsatz. Nach der Betonage verbleibt der Beton im Regelfall sieben Tage in der Schalung. Die Rohbauarbeiten der Schleuse wurden im Herbst 2021 abgeschlossen. Dann begann der Einbau der Schleusentore, der Antriebs- und Elektrotechnik. Wenn alles weiter nach Plan läuft, heißt es Anfang 2023 „Schleuse auf“ – dann auch für Großmotorgüterschiffe.
Betonieren mit kleinerem CO2-Fußabdruck
Da der Schleusenstandort in Gleesen sehr beengt ist, war ursprünglich der Betontransport zur Baustelle auf der Straße vorgesehen. Das hätte aber mit etwa 6000 Fahrten eine erhebliche Verkehrsbelastung dargestellt und so wurden stattdessen an der Baustelle zwei mobile Betonmischanlagen errichtet, sodass sich viele Wege bei der Betonage verkürzen lassen. Auch die Gesteinskörnung wird umweltschonend per Schiff über den Dortmund-Ems-Kanal zur Baustelle geliefert. Die Zementsorten kommen per Silo-Lkw aus dem Lieferwerk HeidelbergCement Ennigerloh.
Insgesamt lieferte HeidelbergCement bei diesem Projekt rund 15.000 Tonnen CEM-III-Zemente, die sich durch einen verringerten Zementklinkeranteil auszeichnen. Normalerweise wird bei der Zementproduktion gemahlener Kalkstein (CaCO3) bei hohen Temperaturen zu Portlandzementklinker (CaO) gebrannt. In dem Prozess − der sogenannten Entsäuerung − werden die Moleküle aufgespalten und dabei CO2 freigesetzt. Je nach Zementsorte ist es möglich, den Zementklinkeranteil zu verringern und durch alternative zementartige Materialien zu ersetzen – zum Beispiel mit Hüttensand, einem Abfallprodukt der Stahlindustrie. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Neben dem Recycling eines Abfallstoffs verringert sich auch der CO2-Fußabdruck des Zements.