Unter rollendem Rad: Deutsche Bahn erneuert Tunnel aus vorkaiserlichen Zeiten
In den kommenden Jahren erneuert die Deutsche Bahn sechs Tunnel an der Lahntalbahn zwischen Wetzlar und Koblenz. Die Bauwerke müssen „unter rollendem Rad“ in ihrem Querschnitt aufgeweitet werden.
Zwischen Diez und Nassau windet sich die Lahn in engen Schleifen durch die Landschaft. Zum größten Teil folgt die zweigleisig ausgebaute Lahntalbahn dem Flussverlauf, nur an manchen Stellen zweigt die Strecke durch Tunnel ab, die größtenteils im 19. Jahrhundert in die Felsen des Rheinischen Schiefergebirges geschlagen wurden.
In einer Arbeitsgemeinschaft erhielt Porr den Auftrag für die ersten beiden Lose Fachinger Tunnel und Cramberger Tunnel der Tunnelerneuerung an der Lahntalbahn, wo die Deutsche Bahn zwischen Wetzlar und Koblenz in den nächsten Jahren insgesamt sechs Tunnel erneuern lässt. Die Bauwerke müssen in ihrem Querschnitt aufgeweitet werden, um die aktuellen Vorschriften zu erfüllen. Die Tunnelerweiterung erfolgt mithilfe der Tunnel-im-Tunnel-Methode unter rollendem Rad.
Tunnelbauwerke aus vorkaiserlichen Zeiten
Sowohl der 426 m lange Fachinger Tunnel zwischen Diez und Fachingen als auch der 732 m lange Cramberger Tunnel zwischen Balduinstein und Laurenburg waren 1862 in Betrieb genommen worden. Da sie erhebliche Schadensbilder aufweisen, müssen sie nach 160 Jahren Betriebszeit bautechnisch erneuert werden. Die Düsseldorfer Tunnelbauspezialisten von Porr sind im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft mit der Feldhaus Bergbau GmbH & Co. KG und der Heinz Schnorpfeil Bau GmbH für die Tunnelerneuerung beauftragt.
Der vorhandene Tunnelquerschnitt muss aufgeweitet werden, um das vorgeschriebene Lichtraumprofil zu gewährleisten. Zusätzlich muss im Cramberger Tunnel Platz für seitliche Fluchtwege geschaffen werden. Darüber hinaus muss der Gleisabstand auf 4 Meter vergrößert werden.
Tunnelerneuerung unter rollendem Rad
Die denkmalgeschützten Portalbauwerke des Cramberger Tunnels werden abgebrochen und durch Portalbauwerke ersetzt, die in ihrer Anmutung so weit wie möglich den historischen Vorbilder folgen sollen. Teile des sehenswerten, alten Tunnelportals sollen gesichert und gegebenenfalls bei den umliegenden Gemeinden aufgestellt werden.
Da eine jahrelange Stilllegung der für Bahnpendler und Touristen sehr bedeutsamen Bahnstrecke nicht in Frage kommt, werden die Arbeiten „unter rollendem Rad“ ausgeführt, während der Bahnbetrieb auf ein Gleis eingeschränkt ist. Hierfür werden die bestehenden Gleisanlagen abgebaut und ein neues Gleis in der Mitte des Tunnels errichtet.
Herstellung mithilfe der Tunnel-im-Tunnel-Methode (TiT-Methode)
Die Arbeiten erfolgen von einem Tunnelvortriebsportal, das in Tunnellängsrichtung vorgefahren wird. An den Portalen werden Einschnitte mit Bodenvernagelung und teilweiser Netzsicherung erstellt.
Nach dem vollständigen Rückbau der gemauerten Bestandsgewölbe wird eine hufeisenförmige Innenschale aus wasserundurchlässigem Beton C35/45 mit hohem Sulfatwiderstand hergestellt. Sie besteht aus Fundamenten und aufsitzender Innenschale.
Die Aufweitung erfolgt durch Meißeln und Sprengen des Gebirges. Als Sicherungsmittel kommen Anker sowie eine bewehrte Spritzbetonschale (ebenfalls mit Güteklasse C35/45) zum Einsatz.
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