Einführung des Energiesprong-Prinzips für Nichtwohngebäude
Zu aufwendig, zu teuer und zu langsam: Seit Jahren stagniert die Sanierungsquote in Deutschland bei rund einem Prozent. Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) treibt die Deutsche Energie-Agentur (dena) deshalb die serielle Sanierung nach dem Energiesprong-Prinzip in Deutschland voran. Das innovative Konzept kombiniert die digitale Planung mit industrieller Vorfertigung und standardisierten Lösungen.
Nach dem erfolgreichen Start eines entsprechenden Programms für Wohngebäude weitet die Deutsche Energie-Agentur dena das serielle Sanierungskonzept nun auf Nichtwohngebäude wie etwa Schulen, Unterkünfte und Bürobauten aus. Das auf Bau und Immobilien spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer sowie Capgemini Invent, die weltweite Beratungseinheit der Capgemini-Gruppe für digitale Innovation und Transformation, unterstützen die dena bei der Markteinführung.
Den Sanierungsprozess vereinfachen, beschleunigen und nach zirkulären Prinzipien planen
Der Gebäudebestand ist ein wesentlicher Verursacher von Klimaemissionen in Deutschland. Mindestens zwei Prozent der Bestandsimmobilien sollte jährlich saniert werden, um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Doch stattdessen geht die Sanierungsquote hierzulande sogar zurück: Gerade mal 0,72 Prozent der Bestandsgebäude wurde laut einer Pressemitteilung des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle e.V.
zum Ende 2023 energetisch saniert und damit noch weniger als im Vorjahr. Fest steht: Der immense Sanierungsbedarf ist in diesem Tempo keinesfalls zu stemmen. David Kreulitsch, Projektleiter seitens Drees & Sommer, betont: „Standardisierung, Vorfertigung und Reduktion der Baustellenzeiten durch das serielle Sanieren können helfen. Die serielle Sanierung nach dem niederländischen Energiesprong-Prinzip gehört dabei zu Schlüsselkonzepten, welches als Alternative zur konventionellen Sanierung mitgedacht werden muss. Sanieren in Serie ist nicht nur schneller, sondern bietet auch die Chance, Themen wie Urban Mining und Kreislaufwirtschaft mitzudenken. Zum Beispiel können die vorgefertigten Module nach zirkulären Prinzipien geplant und so ressourcenschonend gezielt vorgefertigt werden.“
Serielles Sanieren im Wohnungsbau bereits erfolgreich im Einsatz
Energiesprong ist ein innovatives Sanierungskonzept, das auf digitaler Planung, industrieller Vorfertigung und standardisierten Prozessen beruht. Großformatige Module wie Fassaden-, Dach- oder Technikelemente werden dabei in Produktionshallen vorgefertigt und objektspezifisch zugeschnitten. Die digitale Planung mithilfe eines 3D-Gebäudescans ermöglicht eine passgenaue Vorbereitung einzelner Elemente und eine detaillierte Planung des Bauablaufs. Der gesamte Sanierungsprozess verläuft damit schneller als bei einer konventionellen Sanierung und spart Kosten. Timo Sengewald, Verantwortlicher für das Thema Serielle Sanierung von Nichtwohngebäuden im Energiesprong-Team der dena, erläutert: „Wir haben das Energiesprong-Prinzip bereits in mehreren Wohnbauprojekten erfolgreich angewandt, über 100 weitere Projekte sind derzeit in Umsetzung oder in Planung. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Die sanierten Gebäude erreichen Energieeinsparungen von 80 bis 90 Prozent und das bei deutlich kürzerer Sanierungsdauer. Das Konzept bietet somit die Chance, mehr Tempo in die Bestandssanierung in Deutschland zu bringen und die Quote schnell auf über ein Prozent zu heben.“ Im nächsten Schritt weitet die Energie-Agentur die Methode daher auch auf Nichtwohngebäude aus. Als Pilotprojekte sollen dabei zunächst Unterkunftsbauten, Büro- und Verwaltungsgebäude und Schulen dienen. „Der Sanierungsstau in den deutschen Schulen ist sehr hoch. Mit dem Energiesprong-Prinzip sind Sanierungen im laufenden Schulbetrieb und in deutlich kürzerer Bauzeit möglich. Durch die hohe Standardisierung sind die Sanierungsmaßnahmen zudem wirtschaftlicher als konventionell“, so der Experte.
Sanieren in Serie nimmt in Deutschland Fahrt auf
Für eine erfolgreiche Marktvorbereitung und -einführung des Energiesprong-Konzepts für Nichtwohngebäude hat die dena die Beratungsunternehmen Drees & Sommer sowie Capgemini Invent ins Boot geholt. Das Mandat umfasst unter anderem eine Analyse des Portfolios der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und die Identifizierung sowie Priorisierung von Pilotprojekten. Zudem sollen strategische und wirtschaftliche Sanierungsszenarien für öffentliche Nichtwohngebäude unter Einbeziehung wesentlicher Kostenparameter entwickelt werden. Vorgesehen ist ebenfalls die inhaltliche Begleitung von Pilotprojekten hin zu einem Bauvertrag und zur baulichen Umsetzung. Jonas Vogel, Consultant bei Capgemini Invent, erklärt: „Das Energiesprong-Prinzip nimmt in Deutschland erst richtig Fahrt auf. Für viele Marktteilnehmer ist das Konzept noch völlig neu, andere zögern aufgrund der derzeit hoch angespannten Marktlage. Bis zur vollständigen Etablierung gilt es daher noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten und Know-how auf dem Markt aufzubauen.“ Gemeinsam mit Drees & Sommer steht Capgemini Invent der dena bei dieser Aufgabe zur Seite. Beide Unternehmen vereinen tiefgreifendes Know-how: Während Drees & Sommer viel Erfahrung aus zahlreichen Bestandssanierungen sowie der Erstellung von Energiekonzepten, dem modularen Bauen und der BIM-Methode mitbringt, hat Capgemini Invent ihren Schwerpunkt in der Strategie- und Transformationsberatung mit Fokus auf Nachhaltigkeit.
EU- und Bundesweit
Auch auf der EU- und Bundes- Ebene ist das serielle Sanieren bereits im Fokus: So nennt die EU-Kommission in ihrer Initiative „Renovation Wave“ das Energiesprong-Prinzip als Vorbild und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt seit 2021 das serielle Sanieren mit einem Förderprogramm. Das Mandat von Drees & Sommer und Capgemini Invent für die Begleitung des Pilotprojekts der dena für Nichtwohngebäude läuft bis zum Sommer 2025.