Ersatzbaustoffe zu Klimaschutzprodukten machen
Der aktuelle Bericht der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau zeigt, dass 90 Prozent aller mineralischen Bauabfälle umweltverträglich verwertet werden. Allerdings ist die Nachfrage noch „steigerungsfähig“.
„Die Umweltwirkung von Gebäuden im Betrieb ist jedem präsent, die am Anfang und am Ende eines Gebäudelebens nur wenigen“, so Dr. Rolf Bösinger, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, das diese Woche den aktuellen Bericht der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau entgegennahm. Seit 1996 veröffentlicht die Initiative Kreislaufwirtschaft Bau im Zweijahresturnus Monitoring-Berichte mit den Daten zum Aufkommen und zum Verbleib mineralischer Bauabfälle. Der aktuelle 13. Monitoring-Bericht basiert auf den amtlichen Daten des Jahres 2020 und trägt daher den Titel „Mineralische Bauabfälle – Monitoring 2020“.
Werte übertreffen europäische Vorgabe
Durch das Engagement der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau liegt Deutschland mit rund 90 Prozent weit über der europäischen Vorgabe von 70 Prozent, lobte der BMWSB-Staatssekretär bei der Gelegenheit. „Was schon gut ist, kann dennoch immer noch besser werden“, so Bösinger weiter. „Wir werden uns für mehr Forschung in diesem Bereich einsetzen und für die Akzeptanz von Ersatzbaustoffen werben. Somit können wir auf absehbare Zeit zwei Ziele erreichen: Abfall beim Bauen reduzieren – Stichwort Kreislaufwirtschaft – und Ersatzbaustoffe zum begehrten Klimaschutzprodukt machen.“
220 Millionen Tonnen mineralischen Bauabfällen
„Mineralische Bauabfälle werden heute nahezu vollständig im Stoffkreislauf geführt, wodurch Deponien entlastet und Primärrohstoffe geschont werden“, erläuterte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden, Dr. Matthias Frederichs. „Über 13 Prozent des Bedarfs an Gesteinskörnungen werden inzwischen durch Recycling-Baustoffe gedeckt. Von den insgesamt 220 Millionen Tonnen mineralischen Bauabfällen, die 2020 anfielen, wurden über 197 Millionen Tonnen, also rund 90 Prozent, einer umweltverträglichen Verwertung zugeführt.“
Ortsnahe Aufbereitung und Wiederverwendung
Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, erklärte: „Im Straßenbau erreichen wir mit fast 96 Prozent die höchsten stofflichen Verwertungsquoten. Durch ortsnahe Aufbereitung und Wiederverwendung mittels innovativer Gewinnungs- und Recyclingverfahren setzen wir den Kreislaufwirtschaftsgedanken hier nahezu optimal um.“ Dies sei auch in anderen Bereichen technisch möglich, wenn die politischen Rahmenbedingungen konsequent am Ziel der Kreislaufwirtschaft ausgerichtet werden.
Geringe Akzeptanz güteüberwachter Produkte
„Selektiver Rückbau und strikte Getrennthaltung tragen dazu bei, dass auch Bauschutt heute zu über 94 Prozent neuen Verwendungen zugeführt werden kann“, stellte Andreas Pocha, Geschäftsführer des Deutschen Abbruchverbandes, fest. Um verbleibende Potenziale zu heben, müssen seiner Ansicht nach die politischen Ziele in den Verwaltungen umgesetzt und Absatzmärkte etabliert werden, wozu der Produktstatus von güteüberwachten und mehrfach geprüften Ersatzbaustoffen unerlässlich sei.
Diese Einschätzung teilt Christine Buddenbohm, Geschäftsführerin der Bundesgemeinschaft Recycling-Baustoffe. „Die von unseren Unternehmen hergestellten gütegesicherten Ersatzbaustoffe unterliegen der Eigen- und Fremdüberwachung und erfüllen hohe Qualitätsansprüche. Wir stellen allerdings nach wie vor fest, dass die Akzeptanz sowohl bei privaten als auch bei öffentlichen Bauherren steigerungsfähig ist.“
Öffentliche Hand zu größerer Aktivität aufgefordert
Zur Akzeptanzsteigerung sehen Peter Kurth, Geschäftsführender Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft, und Sandra Giern, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe, die öffentliche Hand in der Pflicht, eine Vorreiterrolle einzunehmen. „Die öffentliche Hand muss sich bei Bauprojekten im Bestand dazu verpflichten, dass kein Abbruch mehr ohne vorherige Schadstofferkundung, selektiven Rückbau und bestmögliche Aufbereitung des Materials durchgeführt wird, um Ersatzbaustoffe möglichst sortenrein im Kreislauf zu führen“, forderte Peter Kurth.
Sandra Giern erwartet von der öffentlichen Hand zudem ein größeres Engagement bei der nachhaltigen Beschaffung. „Die aktuell vorgegebene eingeschränkte Bevorzugungspflicht ist nicht praxistauglich und muss durch einen verpflichtenden Einsatz von Ersatzbaustoffen bei öffentlichen Bauprojekten ersetzt werden. Nur bei schlüssiger Begründung, warum ein solcher Einsatz nicht realisierbar ist, darf zukünftig vom Einsatz von Ersatzbaustoffen abgesehen werden.“
Abfall-Ende-Verordnung als Hebel
Als weiteren entscheidenden Hebel sieht Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, die vom Bundesumweltministerium in Aussicht gestellte gesetzliche Regelung zum Ende der Abfalleigenschaft. „Eine Abfall-Ende-Verordnung wird den Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen deutlich stärker fördern. Durch eine solche Regelung würde mehr für die Kreislaufwirtschaft erreicht als mit einer Diskussion um produktspezifische Recyclingquoten“. Auch die Möglichkeit, das Material gar nicht erst zu Abfall werden zu lassen, sollte geprüft werden.
Als gemeinsame Aufgabe verstehen die Beteiligten, zukünftig mehr Ersatzbaustoffe in der Herstellung neuer Produkte einzusetzen, wenn Ressourcen und Klima dadurch noch besser geschont werden können.
Download im Internet
Die Monitoring-Berichte „Mineralische Bauabfälle“ stehen kostenlos im Internet zur Verfügung (siehe Bild ganz oben). Der aktuelle 13. Monitoring-Bericht basiert auf den amtlichen Daten des Jahres 2020 und trägt daher den Titel „Mineralische Bauabfälle – Monitoring 2020“.
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