Tannenbaum-förmige lösbare Verbindungsknoten für hybriden Holzbau
Forschende aus Berlin haben mithilfe einer Bewehrung aus hochfesten Carbonfasern in feingliedriger Gitterstruktur zweiteilige Verbindungsknoten entwickelt, die ineinandergesteckt und wieder zerstörungsfrei gelöst werden können. So lassen sich schlanke Holzkonstruktionen wie zum Beispiel Fassaden, Zelte, Pavillons oder Gitterschalen nahezu beliebig oft auf- und abbauen.
Eine tannenbaumförmige Verzahnungsgeometrie und ein neuartiger Verbundwerkstoff aus Polymerfeinbeton, mit Carbon- und Basaltfasern verstärkt, bieten eine elegante Lösung für schlanke Konstruktionen und kreislaufgerechtes Bauen. Die Vielseitigkeit dieser im Rahmen des DFG-Projekts FibreCast entwickelten neuartigen Verbindungsknoten sei beeindruckend, meldet die TU Berlin, wo Prof. Dr.-Ing. Volker Schmid am Fachgebiet Entwerfen und Konstruieren – Verbundstrukturen zusammen mit Prof. Dr. Ing. Christoph Gengnagel vom Fachgebiet Konstruktives Entwerfen und Tragwerksplanung der Universität der Künste Berlin dazu gemeinsam forschten.
Leicht einsetzbar und ästhetisch anspruchsvoll
Die Verbindungen seien einfach ineinanderzustecken und wieder auseinanderzunehmen, sodass Konstruktionen mühelos auf- und abbaubar sind. Sie können im umweltfreundlichen, weniger CO2-intensiven Holzbau eingesetzt werden, weil sie ein ähnliches Trag- und Verformungsverhalten wie das zu verbindende Holz aufweisen. Und sie weisen ein schlankes Design auf, in dem Funktion und Form aufeinander abgestimmt sind, wodurch sie die Realisierung von schlanken Holzkonstruktionen ermöglichen.
Erreicht wurde diese Vielseitigkeit des Verbindungsknotens durch zwei Komponenten: eine spezielle Verzahnungsgeometrie und die Verwendung von Polymerfeinbeton, der mit einem Bewehrungskorb aus epoxidharzgetränkten Carbon- oder Basaltfasern verstärkt wurde. Das eingesetzte Kaltgussverfahren ermöglicht es zudem, die aus dem Polymerfeinbeton bestehenden Verbindungsknoten direkt mit dem Holz zu verkleben.
Belastbar, lösbar und trotzdem schlank konstruiert
„Verbindungen sind die Schwachstellen in jeder Konstruktion – ähnlich wie beim Menschen die Gelenke“, zieht Prof. Dr.-Ing. Volker Schmid einen Vergleich. „Ziel unserer Grundlagenforschung war es deshalb, erstens die Tragfähigkeit in den Verbindungsbereichen zu erhöhen, zweitens – und das war uns extrem wichtig – eine lösbare Verbindung zu entwickeln, die drittens bei schlanken Konstruktionen wie zum Beispiel Fassaden, Zelten, Pavillons oder Gitterschalen einsetzbar ist. Mit der speziellen Verzahnungsgeometrie und dem mit Carbon- oder Basaltfasern verstärkten Polymerfeinbeton konnten wir alle drei Forschungsziele erreichen.“ Die Lösbarkeit der Verbindung und damit das Auf- und Abbauen von hybriden Holzkonstruktionen sei ein wichtiger Beitrag zum kreislaufgerechten Bauen und damit zur Einsparung von Ressourcen.
Tannenbaum-Silhouette erweist sich als optimal
Die spezielle Verzahnungsgeometrie gleicht der Silhouette eines Tannenbaums. Diese Form resultiert daraus, dass der Verbindungsknoten aus zwei Teilen besteht, die ineinandergesteckt und wieder zerstörungsfrei gelöst werden können. Dies erforderte eine Geometrie zu finden, die eine effektive Kraftübertragung zwischen den beiden Verzahnungselementen ermöglicht.
„Wir haben am Computer verschiedenste Geometrien durchgerechnet“, erläutert Leon Immenga, wissenschaftlicher Mitarbeiter im FibreCast-Projekt und am Fachgebiet Entwerfen und Konstruieren – Verbundstrukturen. Es zeigte sich schließlich, dass durch die Tannenbaumform in dem zweiteiligen, lösbaren Verbindungsknoten die Kraftübertragung am effektivsten erfolgt.
Polymerfeinbeton mit Holz kombinieren
Da am Fachgebiet an hybriden Holzkonstruktionen, also an Konstruktionen aus Holz in Verbindung mit anderen Materialien geforscht wird, war zu überlegen, welches Material neben der Geometrie geeignet sein würde, um schlanke, lösbare und gleichzeitig hochfeste Verbindungen zu entwerfen. Die Wahl fiel auf Polymerfeinbeton, ein aus Epoxidharz, Sand und feinem Kies bestehendes Baumaterial, von dem aus der bisherigen Forschung bereits bekannt war, dass es mit Holz gut zu kombinieren ist.
„Ob wir damit aber auch unsere Ziele erreichen würden, war unklar“, erinnert sich Prof. Schmid. „Wir haben deshalb eine umfassende Grundlagenforschung zu den Eigenschaften des Polymerfeinbetons vorgenommen.“ Die Versuche und computerbasierten Berechnungen ergaben, dass – soll die Verbindung lösbar sein – das Material zusätzlich entweder mit einer Stahlbewehrung oder mit gewickelten Bewehrungskörben aus Carbon- oder Basaltfasern verstärkt werden muss, um die Zugtragfähigkeit des Polymerfeinbetons zu erhöhen.
Bewehrung aus hochfesten Carbonfasern in feingliedriger Gitterstruktur
„Wir haben uns schließlich für Carbon- und Basaltfasern entschieden; gegen den Stahl“, so Prof. Schmid. „Hätten wir nicht auf der Lösbarkeit der Verbindungsknoten bestanden, wäre eine Verstärkung des Polymerfeinbetons wahrscheinlich nicht notwendig gewesen.“
Die am Fachgebiet von Volker Schmid entworfene Carbonbewehrung ist eine komplexe feingliedrige Gitterstruktur, die es ermöglicht, dass die Verbindungsknoten in schlanken Konstruktionen einsetzbar sind, ohne diese zu schwächen.
„Was unsere Forschung in dem FibreCast-Projekt besonders auszeichnet, ist, dass es uns gelungen ist, für den hybriden Holzbau eine lösbare Verzahnungsverbindung zu entwickeln, wodurch schlanke Konstruktionen beliebig oft auf- und abbaubar sind, und dass wir unseren Polymerfeinbeton mit Carbon- oder Basaltfasern zusätzlich verstärkt haben, um die Leistungsfähigkeit der Verbindungen zu steigern“, sagt Leon Immenga. Mit herkömmlichen Verbindungsmitteln im Holzbau wie zum Beispiel Schrauben, Nägeln oder Bolzen wäre das alles nicht umsetzbar gewesen.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden die Verbindungsknoten schließlich an einem Pavillon, der mithilfe von Studierenden der TU Berlin und der Universität der Künste gebaut wurde, auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Der Pavillon wurde mittlerweile mehrmals auf – und wieder abgebaut.
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