Straßen.NRW setzt auf beständigen Duplexstahl 1.4462
Der Landesbetrieb Straßenbau NRW geht bei der Betriebs- und Sicherheitsausstattung von Tunneln neue Wege. Möglich macht es ein besonderes Material: Duplexstahl 1.4462 (Werkstoffbezeichnung X2CrNiMoN22–5–3). Durch seine lange Lebensdauer verkürzen sich die Wartungsarbeiten und es entstehen weniger Sperrzeiten für Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer.
![JT-250109-622](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2025/02/2025-02-14-StrassenNRW_Bild_01-1200x600.jpg)
Tunnel Menkhauser Berg, Oerlinghausen, neu verbaute Duplex-Ventilatoren.
Foto: Straßen.NRW
Straßen.NRW hat den rost- und säurebeständigen Duplexstahl Ende des Jahres 2024 erstmalig in einem Straßentunnel verbaut – und gehört damit europaweit zu den Vorreitern. Im Tunnel Menkhauser Berg (L751, Oerlinghausen) wurde der im Offshore-Bereich, also bei Windenergieanlagen im Küstenvorfeld der Meere und Bohrinseln, bereits bewährte Werkstoff eingesetzt. Im Rahmen einer Langzeitstudie hatte sich dieser Stahl als besonders beständig gegen Korrosion gezeigt – umgangssprachlich gerne als „Rost“ bezeichnet. Diese Eigenschaft verspricht eine verlängerte Lebensdauer der Tunnelinfrastruktur im Bereich der Betriebs- und Sicherheitsausstattung (BSA), geringere Wartungsaufwände und -kosten und noch mehr Verkehrs- und Tunnelsicherheit. Bei zukünftigen Sanierungsprojekten, wie beispielsweise im Tunnel Hestenberg (L697, Plettenberg), Weserauentunnel (B61, Porta Westfalica) und Europatunnel (L238, Stolberg), wird bei der modernen Betriebs- und Sicherheitstechnik ebenfalls der Duplexstahl 1.4462 zum Einsatz kommen.
Studie: Duplexstähle können Nutzungsdauer von Tunnelen verbessern
Die Ergebnisse einer entsprechenden Langzeitstudie hat Straßen.NRW am Donnerstag (13. Februar) gemeinsam mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) sowie der Informationsstelle Edelstahl Rostfrei (ISER) auf einem Infotag rund um die „Dauerhaftigkeit der Betriebs- und Sicherheitsausstattung im Straßentunnel“ im Stahl-Zentrum in Düsseldorf vorgestellt.
Auch Achim Frieling, zuständiger Referatsleiter für Brücken, Tunnel und Ingenieurbauwerke aus dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV) begrüßt den innovativen Vorstoß: „Straßentunnel sind aufgrund ihrer Funktion wichtige Elemente unsere Straßeninfrastruktur. Der sichere Betrieb unserer Tunnel ist von großer Bedeutung. Die Verwendung von Duplexstählen bei der Betriebs- und Sicherheitsausstattung kann die Langlebigkeit unserer Tunnel-Infrastruktur noch verbessern.“
Nichtrostend ist nicht gleich rostfrei
Im Straßentunnelbau werden für den Bau der BSA sogenannte „rostfreie“ Stähle verwendet. Welcher rostfreie Stahl an welcher Stelle eines Straßentunnels einzusetzen ist, wird in Deutschland über einschlägige Regelwerke wie die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten“ (ZTV-ING) geregelt. In der Regel werden diese Stähle nicht von Rost befallen – in den Straßentunneln zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Die gemäß ZTV-ING einzusetzenden Werkstoffe sind zwar grundsätzlich geeignet, aber in der häufig korrosiven Atmosphäre eines Straßentunnels bei bestimmten Konstruktionsarten im Bereich der BSA lediglich resistenter gegenüber Korrosion, nicht aber dauerhaft rostfrei. Korrosion setzt später oder langsamer ein als bei anderen niedriglegierten Stählen oder bestimmten Korrosionsschutzmaßnahmen. Das liegt an den besonderen Bedingungen in Straßentunneln: Emissionen aus dem Verkehr, anhaltende Feuchtigkeit, Chloride aus Streusalz und das Ausbleiben der natürlichen Reinigung durch Regenwasser begünstigen Korrosion an der BSA, die durch die Oxidation des Metalls entsteht. Im Laufe der Zeit zersetzt sich das Metall, wird spröde und damit anfällig gegenüber einem plötzlichen Bauteilversagen.
Langzeitstudie über sieben Jahre
2017 initiierte Straßen.NRW eine Studie, um die Tunnelsicherheit nachhaltig zu verbessern. „Ziel war es, besonders korrosionsbeständige Stähle zu identifizieren, die den anspruchsvollen Bedingungen in Straßentunneln länger standhalten, als es bisher der Fall ist“, sagt Ahmed Karroum, Abteilungsleiter Technik und Umwelt von Straßen.NRW. In drei Straßentunneln wurden mehr als 250 Prüfteile aus verschiedenen Stahlqualitäten auf ihre Korrosionsbeständigkeit untersucht. Die Prüfteile wurden an den Wänden und Decken im Tunnel Wersten (A46, Düsseldorf), Tunnel Burgholz (L418, Wuppertal) sowie im Elbtunnel (A1, Hamburg) angebracht. Umgesetzt wurde die Studie über sieben Jahre in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), der Informationsstelle Edelstahl Rostfrei sowie weiteren Partnern.
Verbesserte Korrosionsbeständigkeit mit Duplexstahl 1.4462
Der Duplexstahl 1.4462 zeigte in der Studie in verschiedenen Tunnelumgebungen eine überlegene Beständigkeit gegenüber den typischen korrosiven Einflüssen. Zum Beispiel wurden im Tunnel Menkhauser Berg in Oerlinghausen die Strahlventilatoren – zum sicheren Abführen von Rauch entlang der Tunneldecke – aus diesem innovativen Material gefertigt. Die erwartete Lebensdauer der Ventilatoren steigt durch den Werkstoff auf mindestens 35 Jahre – im Vergleich zu den bisher verbauten Materialien verdoppelt sich damit die Nutzungsdauer von in der Regel 12 bis 20 Jahren. Zudem wurden weitere Teile der Sicherheits- und Betriebsausstattung sowie 2 100 Verbindungsmittel, zumeist Schrauben und Muttern, aus diesem Material eingesetzt.
Weniger Wartung, kürzere Sperrzeiten – mehr Sicherheit
„Die deutlich verlängerte Lebensdauer der Bauteile reduziert den Wartungsaufwand und erhöht die Verkehrs- und Tunnelsicherheit. Korrosionsprozesse werden auf das absolute Minimum reduziert. Mit dem Einsatz des Duplexstahls in unseren Straßentunneln machen wir damit einen bedeutenden Schritt in Richtung nachhaltiger Infrastruktur“, sagt Ahmed Karroum. In der Vergangenheit musste die Sicherheits- und Betriebstechnik regelmäßig aufwendig kontrolliert, gewartet und gereinigt werden, um der Korrosion entgegenzuwirken – nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. Beschädigte Bauteile mussten frühzeitig ausgetauscht werden, um die Sicherheit weiter zu gewährleisten. Mit dem korrosionsbeständigeren Duplexstahl werden Tunnelsperrungen perspektivisch seltener erforderlich und können deutlich kürzer ausfallen. Das kommt auch den Verkehrsteilnehmenden zugute, die bei Sperrungen längere Umwege und damit Mehrreisezeiten in Kauf nehmen müssen. Je kürzer die Sperrung, desto geringer schließlich der Kraftstoffverbrauch und die Emissionen durch den motorisierten Verkehr.