Der Strom kommt künftig mit dem „Tankschiff“
Als Alternative zum Unterwasserkabel propagiert ein japanisches Unternehmen den Transport von elektrischer Energie in Batterien. Das sei in bestimmten Fällen billiger und sicherer.
Der weltweit erste „Tanker“, der elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen in eine Region transportiert, in der es an grünem Strom fehlt, geht 2025 in Betrieb. Gebaut wird er von PowerX, einem Unternehmen in der japanischen Hauptstadt Tokio, das sich auf erneuerbare Energien konzentriert hat. Angetrieben wird er von Elektromotoren. Der Strom wird in Form von Batterien transportiert, die eine Gesamtkapazität von 241 MWh haben. Die Batterien stecken in insgesamt 96 Containern. Es handelt sich um Lithium-Eisenphosphat-Zellen, die eine Lebensdauer von über 6 000 Lade- und Entladezyklen haben.
Stromtanker sollen auch im Ausland fahren
PowerX wird im dritten Quartal 2023 ein neues Unternehmen mit dem Namen „Ocean Power Grid Inc.“ gründen, um das maritime Stromübertragungsgeschäft mit Stromtankern voranzutreiben. Dieses Unternehmen wird für den Besitz, den Verkauf und den Betrieb der Batterietanker sowohl in Japan als auch im Ausland verantwortlich sein.
Der erste Stromtanker hat eine Länge von 140 m. Er wird vor allem überschüssigen Wind- und Solarstrom aufnehmen, der sonst verloren ginge. Er wirkt also wie ein Puffer in einem volatilen, weil wetterabhängigen Netz und kann gleichzeitig in Regionen, die keinen eigenen oder zu wenig grünen Strom produzieren können, die Umweltbilanz aufbessern.
Stromtanker sind die „optimale Lösung“
Gebiete mit hohem Potenzial für die Erzeugung erneuerbarer Energien seien oft weit entfernt von städtischen Gebieten und anderen Regionen mit hohem Strombedarf, heißt es bei PowerX. Die Stärkung der Übertragungsinfrastruktur sei in solchen Fällen unerlässlich. Meist würden dann neue Stromleitungen gebaut, die allerdings oft an Einsprüchen von Anwohnerinnen und Anwohnern scheitern oder zu zehnfachen Kosten als Erdkabel ausgelegt werden müssen. Angesichts der aktuellen Energiedichte von Lithium-Ionen-Batteriezellen sei der Stromtanker eine optimale Lösung für die maritime Stromübertragung über kurze Distanzen von Land zu Land und ergänzt bestehende interregionale Netzleitungen.
Versorgung von Inseln mit Strom
In Japan zum Beispiel kann ein Schiff elektrische Energie aus Kyushu und Hokkaido, Regionen mit hohem Potenzial für die Produktion von grünem Strom, in stark defizitäre Gebiete von Honshu oder zu Inseln transportieren. Pro Jahr kann der Prototyp bis zu 4 190 GWh transportieren.
Anfangs geht es um Entfernungen bis 100 Kilometer
Zunächst geht es um Seetransporte über etwa 100 km. Da sich die Energiedichte von Batterien verbessert und ihre Kosten sinken, erwartet PowerX, dass auch Strom, der in Offshore-Windkraftwerken produziert wird, per Schiff an Land gebracht werden kann. Die wirtschaftliche Grenze liege bei 300 km, heißt es. Zudem sei das Container-Batteriesystem nahezu beliebig skalierbar. Es könnten also auch weitaus größere Stromtanker gebaut werden. Ein 2-GWh-Tanker ist schon angedacht.
Entladestationen in hafennahen Wärmekraftwerken
In stillgelegten oder noch produzierenden Wärmekraftwerken in der Nähe von Häfen sollen Entladestationen für die Batterietanker eingerichtet werden, um diesen Strom ins Netz einzuspeisen. Das ist ohne sonderlich hohe Kosten möglich, da die Netzinfrastruktur vorhanden ist. Stromtanker böten eine effektive Lösung, insbesondere in Japan, das erdbebenanfällig und von Tiefsee umgeben ist. Beides verhindert den Bau von Unterwasserkabeln oder verteuert ihn zumindest. Die schiffsgestützte Lösung löse Probleme wie lange Ausfallzeiten durch Fehlfunktionen und Reparaturen von Unterseekabeln sowie die hohen Kosten, die mit Ultrahochspannungsverbindungen und Umspannwerken verbunden sind. Damit ermöglichten die Stromtanker die Installation von Offshore-Windparks in abgelegenen Gebieten, aus denen die elektrische Energie schwer abzutransportieren ist.