Wasserkraft als Stromquelle und – speicher
Trotz zunehmender Herausforderungen bei der Entwicklung bisher ungenutzter Standorte sind weltweit noch beachtliche Wasserkraftressourcen vorhanden. In der EU hingegen ist bereits ein hoher Ausbaustand erreicht.
2 Wasserkraft
Welt. 2019 waren global rund 1 308 GW an elektrischer Leistung in Wasserkraftanlagen installiert (Bild 4); dies beinhaltet etwa 158 GW an in Pumpspeicherkraftwerken installierten Kapazitäten. Insgesamt wurden damit etwa 4 306 TWh (2019) Strom erzeugt (2018: 4 200 TWh); dies entspricht rund 3 300 h/a (Volllast) [6].
2019 wurden weltweit etwa 15,6 GW an neu installierter Leistung an Wasserkraftanlagen (davon rund 0,3 GW an Pumpspeicherkraftwerken) zugebaut. Das Niveau dieser in den Regelbetrieb aufgenommenen neuen Wasserkraftanlagen liegt damit deutlich unter dem Level der vergangenen Jahre (2018: 21,8 GW und 2017: 22 GW) [1; 6]. Auch die bekannt gegebenen finalen Investitionsentscheidungen für (große) Wasserkraftprojekte sind in den vergangenen Jahren merklich rückläufig. Im Jahr 2019 wurden finale Investitionsentscheidungen nur über rund 8,8 GW in Großwasserkraftwerken gefällt (2018: 17,7 GW und 2017: 36,4 GW) [8].Größter Zubau in Asien
Der größte Zubau wurde 2019 – wie auch in den vergangenen Jahren – in Asien mit einer neu installierten Leistung von rund 6,2 GW (rund 70 % davon in China) realisiert; dem folgen Südamerika mit 5,4 GW und Europa mit 0,6 GW [7].
Bild 5 zeigt die Verteilung der Ende 2019 installierten Wasserkraftwerksleistungen nach Ländern. Demnach sind insbesondere in China, aber auch in Brasilien, den USA und in Kanada erhebliche Leistungen installiert.Der weltweit größte ans Netz gegangene Einzelzubau / Kraftwerksabschnitt mit einer installierten Leistung von 4,9 GW wurde 2019 in Brasilien durch die Fertigstellung des Belo-Monte-Wasserkraftwerks (mit einer Gesamtleistung von 11,2 GW) erreicht. Mit einem Zubau von 4,2 GW wurde in China die zweithöchste Einzelinstallation weltweit realisiert. Dementsprechend ist auch weiterhin rund ein Viertel der global vorhandenen Wasserkraftleistung in China vorhanden [6].
Darüber hinaus wurde unter anderem die Xayaburi-Talsperre in Loas mit einer Leistung von 1,3 GW in Betrieb genommen. Weitere Großprojekte sind der Wunonglong-Staudamm (1 GW) sowie der Dahuaqiao-Staudamm, die beide 2019 am Mekong-Fluss in China fertiggestellt wurden. Auch wurden beim derzeit im Bau befindlichen größten Wasserkraftprojekt der Welt, dem 16-GW-Baihetan-Projekt der China Three Gorges Corporation (CTG), erhebliche Fortschritte erzielt. Bis 2022 sollen hier die Arbeiten abgeschlossen werden; diese Anlage wird das zweitgrößte Wasserkraftwerk der Welt – nach dem chinesischen Drei-Schluchten-Damm – werden. Bei der Wudongde-Talsperre, die im Endausbau eine Leistung von 10,2 GW aufweisen soll, wird mit einer Fertigstellung im Jahr 2020 gerechnet. Der Zuwachs an Pumpspeicherkraftwerken betrug 2019 in China nur 300 MW, da sich einige Projekte verzögerten [1; 6].
In Afrika gab es 2019 – wie auch im Vorjahr – in Angola den größten Zubau (334 GW, 2018: 681 MW); hier ist auch bis 2025 ein weiterer Ausbau von aktuell etwa 3 auf 9 GW geplant. Des Weiteren wurden in Uganda 260 MW und in Äthiopien 254 MW an Anlagenleistung hinzugebaut. Weiterhin sind in Nord- und Südamerika – mit Ausnahme des bereits genannten Belo-Monte-Wasserkraftwerks in Brasilien – nur kleinere Anlagen mit einer maximalen Leistung von 150 MW neu ans Netz gegangen [6].
Hohe Dynamik bei Kleinwasserkraft
Trotz zunehmender Herausforderungen bei der Entwicklung bisher ungenutzter Standorte sind weltweit noch beachtliche Wasserkraftressourcen vorhanden. Dabei handelt es sich jedoch insbesondere bei der Großwasserkraft oft um weniger attraktive Standorte mit mäßig bis schlechter Infrastrukturanbindung und / oder Nachfragekapazitäten im Herzen Afrikas, Südamerikas und auch Teilen Asiens. Die Erschließung dieser Standorte ist oft sehr kostenintensiv und das dafür benötigte Kapital häufig nicht vorhanden. Deshalb wird in vielen Staaten insbesondere die Kleinwasserkraft zunehmend ausgebaut; diese Entwicklung wird vermutlich in den kommenden Jahren weiter an Dynamik gewinnen. Da aber auch hier sehr gute Standorte rarer werden, dürfte sich der Leistungszuwachs der weltweiten Wasserkraft tendenziell weiter verlangsamen; diese Tendenz deutet sich bereits heute an.
Dennoch wird aufgrund der sich bereits im Bau befindlichen Großkraftwerke die Stromerzeugung aus Wasserkraft in den kommenden Jahren noch einmal deutlich zunehmen. Planmäßig könnten bis Ende 2025 global 1 350 bis 1 450 GW an elektrischer Kraftwerksleistung in Lauf- und Speicherwasseranlagen installiert sein. Damit wäre eine Stromerzeugung aus Wasserkraft von ungefähr 4 400 bis 4 800 TWh (2025) möglich. Dieser Ausbau wird hauptsächlich in Asien, Südamerika und Afrika stattfinden. Bis 2030 könnte die in Wasserkraftwerken installierte Leistung auf 1 450 bis 1 550 GW mit einer potenziellen Strom- erzeugung dann rund 4 800 bis 5 100 TWh (2030) zunehmen.
EU. Die in der EU Ende 2019 in Wasserkraftwerken installierte Leistung betrug rund 156 GW; davon waren knapp 30 % in Pumpspeicherkraftwerken installiert (kein Zubau in 2019). 2019 wurden EU-weit lediglich 0,5 GW an Anlagenleistung neu zugebaut (2018: 0,7 GW) [8]. Der vorhandene Kraftwerkspark hat im vergangenen Jahr rund 355 TWh (2019) an Strom bereitgestellt [1; 2]. Damit fand der Großteil des europäischen Wasserkraftausbaus im Gegensatz zu den vergangenen Jahren innerhalb der EU statt; beispielsweise konnte in der Türkei ein relevanter Ausbau von 0,2 GW verzeichnet werden [6; 7].
Aufgrund des bereits hohen Ausbaustandes, der begrenzten Potenziale infolge der geografischen Gegebenheiten sowie aus Umweltschutz- beziehungsweise Nachhaltigkeitsgründen sind in der EU kaum noch Großwasserkraftprojekte realisierbar. Den größten Zubau aller EU-Länder verzeichnete 2019 Italien mit einer zugebauten Leistung von lediglich 95 MW [6].
In der EU dominieren Erweiterung und Modernisierung
In der EU wird sich der zukünftige Ausbau der Wasserkraftnutzung primär auf Kraftwerkserweiterungen und Modernisierungen (und anderem zur Flexibilitätssteigerung) sowie bei der Kleinwasserkraft auf die Reaktivierung von Altstandorten beschränken; das heißt die Strombereitstellung aus Wasserkraft wird in der EU maximal moderat zunehmen. Kann das durchschnittliche Wachstum der letzten zehn Jahre (bis maximal 1,5 %/a) auch bis 2025 realisiert werden, könnte bei einer dann installierten Leistung von 160 bis 167 GW zwischen 360 und 380 TWh (2025) Strom bereitgestellt werden. Bei leicht reduzierten Ausbauraten könnte bis 2030 eine Leistung zwischen 162 bis 175 GW bei einer potenziellen Stromerzeugung von 370 bis 440 TWh (2030) zur Verfügung stehen.
M. Sc. Daniel Christ, Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der Technischen Universität Hamburg (TUHH)
Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt, Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der Technischen Universität Hamburg (TUHH)
Dr.-Ing. Annika Magdowski, Stromnetz Hamburg GmbH
M. Sc. Niels Kirstein, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ), Leipzig
Gabriel Costa de Paiva, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ), Leipzig
M. Sc. Christopher Schmid, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ), Leipzig
Dr.-Ing. Volker Lenz, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ), Leipzig
Bisher erschienen:
Aktueller Ausbaustand der erneuerbaren Energien weltweit
Das Online-Special wird mit den folgenden Beiträgen fortgesetzt:
Meeresenergie
Windenergie
Solarenergie
Geothermie
Biomasse
Zusammenfassung und Einordnung Energiesystem