Neu im MGU: Der Bereich Explosionsschutz
Das Messsystem Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (MGU) feiert sein 50-jähriges Bestehen. In dieser langen Zeit wurden Dienstleistungen, Analyseverfahren und Qualitätssicherung nicht nur etabliert, sondern auch weiterentwickelt. Teil 3 der Serie stellt den neuen Bereich Explosionsschutz vor, welcher dem MGU im Jahr 2021 beigetreten. Dieser befasst sich mit allen Fragen des Staubexplosionsschutzes an betrieblichen Arbeitsplätzen.
Die Handhabung von brennbaren Stäuben ist in vielen Fällen mit Staubexplosionsgefahren verbunden. Dies trifft sowohl auf pulver- und faserförmige Produkte wie Metallpulver, Pulverlacke, Wachsstäube, Mehl oder Milchpulver als auch auf Abfallprodukte zu. Letztere fallen beispielsweise bei der mechanischen Bearbeitung von Werkstücken durch Drehen, Fräsen, Schleifen und Strahlen an oder entstehen beim Trocknen bestimmter Substanzen wie Gärreste oder Klärschlämme.
Explosionsgefahren beurteilen
Gemäß Gefahrstoff- und Betriebssicherheitsverordnung ist die Beurteilung möglicher Explosionsgefahren verpflichtend und in einem Explosionsschutzdokument festzuhalten. Oft ist hierfür die Bestimmung der sicherheitstechnischen Kenngrößen unerlässlich, die das Brenn- und Explosionsverhalten von Stäuben charakterisieren. Hier bietet der MGU-Bereich Explosionsschutz seine Expertise an.
Sicherheitstechnische Kenngrößen
Jährlich werden an 200 bis 250 Proben die sicherheitstechnischen Kenngrößen ermittelt. Im Mittel werden für die Analyse einer Staubprobe zwei bis drei Labortage benötigt. Die Beauftragung der Untersuchungen erfolgt sowohl über die Unfallversicherungsträger (UVT) als auch über nationale/internationale Unternehmen direkt. Deren Anteil liegt zwischen 20 bis 50 %. Die Ermittlung der Brenn- und Explosionskenngrößen ist immer dann sinnvoll, wenn in einem Betrieb brennbare Stäube eingesetzt oder bei Prozessen freigesetzt werden, die möglichen Gefährdungen jedoch bislang nicht beurteilt wurden oder geeignete Schutzmaßnahmen noch nicht festgelegt werden konnten. Insbesondere für die Planung von Absauganlagen ist in der Regel die Kenntnis von sicherheitstechnischen Kenngrößen erforderlich.
Für einen standardisierten Ablauf bietet das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) ein Auftrags- und Erläuterungsformular an. In diesem werden Angaben zu Auftraggeber, Probe(n), Prozess, Entnahmeort und durchzuführende Untersuchungen erfasst.
Genormte Untersuchungsverfahren
Das Staubexplosionslabor IFA bietet 16 genormte Untersuchungsverfahren zur Ermittlung der verschiedenen Kenngrößen an. Diese beinhalten unter anderem die Korngrößen- und Feuchtigkeitsbestimmung, Explosionskenngrößen und Kenngrößen für die Zündquellenbeurteilung. Da nicht in allen betrieblichen Prozessen sämtliche möglichen Zündquellen vorliegen können, ist eine prozessspezifische Betrachtung erforderlich, um eine sinnvolle Auswahl für die Ermittlung relevanter Kenngrößen zu treffen. Der MGU-Bereich Explosionsschutz berät hier bei der Erstellung des Analyseauftrages und gibt wichtige Hinweise zu Probenentnahme und -versand. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden in einem Untersuchungsbericht dokumentiert. Der Bericht enthält zudem eine Beschreibung der durchgeführten Untersuchungsverfahren sowie die Auflistung von Messverfahren, Prüfmitteln, Normen und der Messunsicherheit. Der Bericht kann in deutscher und englischer Sprache erstellt werden und wird als PDF-Dokument versendet. Wurde die Untersuchung über den UVT beauftragt, geht der Bericht an die zuständige Aufsichtsperson bzw. den messtechnischen Dienst.
Datenbank GESTIS-STAUB-EX
Seit 1970 wird ein Großteil der ermittelten Labordaten in die Datenbank STAUB-EX des Gefahrstoffinformationssystems der DGUV (GESTIS) übernommen und steht den Anwendern weltweit in Deutsch, Englisch und Französisch zur Verfügung. Die Datenbank wird laufend aktualisiert und umfasst mittlerweile Kenngrößen von rund 7 000 Staubproben. Mit monatlich rund 9 500 Zugriffen, von denen über 50 % auf die englischsprachige Version entfallen, fördert sie den Transfer von Arbeitsschutzwissen über Ländergrenzen hinaus. Bislang ist GESTIS-Staub-EX die einzige Datenbank von sicherheitstechnischen Kenngrößen, die frei zugänglich ist. Fachleute im Bereich Explosionsschutz können die Datenbank nutzen, um die Größenordnung und den Wertebereich von sicherheitstechnischen Kenngrößen einzuschätzen. Zur Qualitätssicherung nimmt das Staubexplosionslabor regelmäßig an internationalen Kalibrier-Ringversuchen (Calibration-Round-Robin, CaRo) teil. Aktuell und in Zukunft werden weitere Maßnahmen zur Integration des Bereichs Explosionsschutz im MGU umgesetzt, sodass Prozessabläufe und -verfahren transparent und qualitätsgesichert sind.
Sascha Hohmann
Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), Sankt Augustin.