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Ergebnisse einer Untersuchung in Oberösterreich 01.03.2015, 00:00 Uhr

Quecksilber in der Raumluft von Schulen

Quelle: Panthermedia/Verkhovetzkyi

Quelle: Panthermedia/Verkhovetzkyi

1 Einleitung

In vielen Schulen wird elementares Quecksilber im Physik- und Chemieunterricht verwendet. Außerdem ist es in Messgeräten und Thermometern enthalten. Die Gefahr wird hierbei oft unterschätzt oder es liegt oft nicht das nötige Wissen über die sachgerechte Beseitigung von verschüttetem Quecksilber vor. Das kann zur Folge haben, dass nicht beseitigte Quecksilberreste – beispielsweise unter Einrichtungsgegenständen – jahrelang unbemerkt giftige Dämpfe abgeben. Wird aus Unkenntnis auch noch ein Staubsauger verwendet, um die Quecksilberkügelchen zu entfernen, wird das Quecksilber über die Abluft im ganzen Schulgebäude verteilt. Auch durch Verwendung von mit Quecksilber verunreinigten Wischlappen sowie durch Schuhe werden andere Klassenräume unbemerkt kontaminiert. Die Raumluft kann oft auch Jahre später noch mit bedenklichen Konzentrationen belastet sein.Als erstes Bundesland in Österreich hat das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung flächendeckend in allen Schulen die Physik- und Chemiesäle auf den Quecksilbergehalt in der Luft untersucht [1].

2 Methodik

Die Quecksilbermessungen in der Raumluft wurden mit dem transportablen Quecksilberanalysator Lumex RA-915+ (Atomabsorptionsspektrometer mit Zeeman-Untergrundkorrektur) durchgeführt. Die Quecksilberkonzentration wird durch Messung der Lichtabsorption bei 253,7 nm im optischen Weg zwischen einer Quecksilberdampfentladungslampe und Fotozellen als Echtzeitmessung bestimmt. Das Gerät deckt einen Messbereich von 2 bis 20 000 ng/m3 bzw. 500 bis 200 000 ng/m3 ab.

Zur Messvorbereitung wurden die Fenster in den zu beprobenden Räumen für 15 min geschlossen. Anschließend wurde unter Berücksichtigung der Raumtemperatur die Messung durchgeführt. In Schulen mit hoher Kontamination in einzelnen Räumen konnte bereits in den Eingangsbereichen, ohne die genannten Vorbereitungsmaßnahmen, Konzentrationen über dem Richtwert II des deutschen Umweltbundesamtes (UBA) für Innenraumluft-Quecksilber gemessen werden [2].

3 Ergebnisse

Bei dem mit dem Oberösterreichischen Landesschulrat initiierten Projekt haben sich von 350 Schulen 25 für eine Messung interessiert. Bereits in der ersten untersuchten Schule wurde im Physikkabinett (Vorbereitungsraum für das Lehrpersonal) eine sehr hohe Quecksilberkonzentration von größer 50 µg/m³ gemessen. Der derzeit gültige MAK-Wert (MAK: Maximale Arbeitsplatzkonzentration) von 20 µg/m³ [3] wurde damit deutlich überschritten. Der Vorbereitungsraum wurde von den Lehrkräften auch als Büro genutzt, sodass sich die darin aufhaltenden Personen unwissentlich der erhöhten Schadstoffkonzentration aussetzten. Die Quecksilberquelle wurde hinter einem Schrank ausfindig gemacht und fachgerecht beseitigt.

In Anbetracht dieser alarmierenden Messung wurde das Messprogramm auf alle 350 oberösterreichischen Schulen mit Physik- und Chemiesälen ausgedehnt. Manche Schulen teilen sich diese Räume mit Nachbarschulen, sodass in insgesamt 305 Chemie- und Physiksälen einschließlich Vorbereitungsräumen Messungen durchgeführt wurden. Bei hohen Quecksilberkonzentrationen wurden alle Räumlichkeiten überprüft und entsprechende Maßnahmen durchgeführt.

Zur Beurteilung der Quecksilberbelastung wurden die in Tabelle 1 angegebenen Richt- und Grenzwerte verwendet.

Tabelle 1. Richt- und Grenzwerte für Quecksilber (in μg/m3).

Tabelle 1. Richt- und Grenzwerte für Quecksilber (in μg/m3).

 In 250 Schulen (82 %) wurden unbedenkliche Quecksilberdampfkonzentrationen unter dem Richtwert I (35 ng/m³) gemessen. Dieser Richtwert beschreibt die Konzentration, bei der nach gegenwärtigen Erkenntnissen keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist [2].

47 Schulen (15,4 %) lagen zwischen Richtwert I und II [2]. Aus Gründen der Vorsorge sollte auch in diesem Konzentrationsbereich gehandelt und die Ursache für diese erhöhte Konzentration gesucht oder durch vermehrtes Lüften die Konzentration in der Raumluft gesenkt werden. Typischerweise ist die Aufenthaltsdauer in den Physik- und Chemiesälen auf wenige Wochenstunden beschränkt, sodass auch hier von keiner Gesundheitsgefährdung auszugehen ist.

Fünf Schulen lagen zwischen Richtwert II (0,35 µg/m³) und dem WHO-Richtwert (1,0 µg/m³) [2; 4]. Bei Überschreitung dieser Konzentration ist unverzüglich zu handeln, besonders in Räumen, die für den Daueraufenthalt (z. B. Klassenzimmer, Büro) genutzt werden. Durch fachgerechte Reinigung konnte in diesen Fällen der Richtwert II dauerhaft unterschritten werden.

In einem Physiksaal wurde der bis Ende 2011 gültige MAK-Wert von 50 µg/m³ [3] weit überschritten. In zwei weiteren Sälen wurde die Hälfte dieses MAK-Wertes ermittelt. In einigen Schulen waren auch Klassenzimmer betroffen, die mit bis zu 20 µg/m³ belastet waren. Dieser Wert entspricht dem seit 2012 gültigen MAK-Wert von 20 µg/m³ [3].

In Kooperation mit der Schulleitung wurden diese stark belasteten Räume vorübergehend für den Unterricht gesperrt. Durch geeignete Maßnahmen wurde die Quecksilberdampfkonzentration in der Raumluft innerhalb kürzester Zeit unter den Richtwert II gesenkt und somit der Unterricht in diesen Räumen wieder aufgenommen.

Von den Kabinetten, die in der Regel nicht für den Daueraufenthalt vorgesehen sind, lagen zehn über dem Richtwert II [2]. Mit einer Gesundheitsgefährdung ist insbesondere dann zu rechnen, wenn die Räume als Büros genutzt werden. Bei einem wurde der MAK-Wert weit überschritten. Auch hier wurden sofort entsprechende Sanierungsmaßnahmen durchgeführt.

In einer Schule lag die Quecksilberdampfkonzentration des Chemie- und Physiksaals unter dem Richtwert I. Der Wert im Büro der Schulleitung sowie des Sekretariats betrug jedoch 800 ng/m3. In einer anderen Schule lag die Quecksilberkonzentration im Chemiesaal zwar unter dem Richtwert II, jedoch wurde am Waschbecken eine wesentlich höhere Konzentration gemessen. Nach Entfernen des Siphons stellte sich heraus, dass eine Menge von ca. 20 g Quecksilber über den Ausguss entsorgt worden war. Im Rahmen der Messungen wurde festgestellt, dass in einigen Schulen mehrere Kilogramm Quecksilber gelagert werden.

4 Schlussfolgerung

Während für Arbeitsplätze, an denen mit Gefahrstoffen umgegangen wird, Grenzwerte nach der Gefahrstoffverordnung gelten (MAK-Wert, TRK), trifft dies für Schulen, Wohn-, Schlaf-, Büroräume etc. nicht zu. In Österreich gibt es bis dato keine Richtwerte für die Quecksilberdampfkonzentration in der Luft in den vorher genannten Räumen. Im deutschen Vorschlag zur Ableitung von Innenraumarbeitsplatz-Referenzwerten in Schulen wurde Quecksilberdampf nicht berücksichtigt [5].

Die Ergebnisse der durchgeführten Messungen zeigen, dass Quecksilber in Schulen eine Gefahrenquelle sein kann. Der sachgemäße Umgang durch das Lehrpersonal und die Lagerung bzw. fachgerechte Entsorgung des Quecksilbers muss gewährleistet sein. Durch Fehleinschätzung des Gefahrenpotenzials kommt es – wie die Messergebnisse zeigen – auch zur konkreten Gesundheitsgefährdung von Lehrpersonal und Kindern. Zusätzlich verschärft wird diese Situation durch nicht vorhandene technische Ausrüstungen. So fehlen zum Teil Abzugsanlagen in Chemiesälen. Des Weiteren wird durch die diskontinuierliche Benutzung der Chemie- und Physiksäle das Lüften der Räume vernachlässigt.

Sinnvoll wäre daher eine flächendeckende Überprüfung von Unterrichtsräumen. Eine statistische Ab­schätzung durch stichprobenartige Untersuchungen ist nicht ausreichend, da es gilt, die wenigen hochbelasteten Räume zu finden. Zudem ist die Messung einfach und schnell durchführbar. Die Quecksilberdampfkonzentration in Schulen wurde in Österreich bis jetzt nur vom Bundesland Oberösterreich ermittelt.

Es wird empfohlen, die Verwendung von Quecksilber im Unterricht stark einzuschränken bzw. zur Gänze zu vermeiden. Sämtliche Quecksilberthermometer in den Schulen können durch Digital- oder Alkoholthermometer ersetzt werden.

Tabelle 2. Gesamtauswertung der Chemie-, Physiksäle und Kabinette (ohne Klassenräume).

Tabelle 2. Gesamtauswertung der Chemie-, Physiksäle und Kabinette (ohne Klassenräume).

 

Literatur

[1] Gesunde Luft für Oberösterreichs Kinder und Jugend – Ergebnisse des Messprogramms Quecksilber in Oberösterreichs Schulen Hrsg.: Land Oberösterreich – Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik. Linz 2011. www.land-oberoesterreich.gv.at/files/publikationen/U_GesLuftKinderJug.pdf

[2] Link, B.: Richtwerte für die Innenraumluft: Quecksilber. Bundesgesundheitsbl. Gesundheitsforsch. Gesundheitsschutz 42 (1999) Nr. 2, S. 168-174. www.umweltbundesamt.de/ sites/default/files/medien/pdfs/Quecksilber.pdf

[3] Air quality guidelines for Europe. Chapt. 6.9. Hrsg.: WHO Regional Office for Europe. Kopenhagen, Dänemark, 2000.

[4] Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über Grenzwerte für Arbeitsstoffe sowie über krebserzeugende und fortpflanzungsgefährdende (reproduk­tionstoxische) Arbeitsstoffe. Änderung der Grenzwerteverordnung 2006. BGBl. II Nr. 243/2007, und Änderung der Grenzwerteverordnung 2007. BGBl. II Nr. 429/2011.

[5] Stoffmonographie Quecksilber. Hrsg.: Kommission „Human-Biomonitoring“ des Umweltbundesamtes, Berlin. Bundesgesundheitsbl. Gesundheitsforsch. Gesundheitsschutz 42 (1999) Nr. 6, S. 522-532.

Von G. Minniberger, S. Öfner

Günter Minniberger, Sandra Öfner, Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Umweltschutz, Linz.