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Gerüche messen und bewerten 14.09.2023, 15:33 Uhr

Ausblick auf die 10. VDI-Tagung „Gerüche in der Umwelt“

Die Tagung „Gerüche in der Umwelt“ des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) bietet in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal eine einzigartige Plattform in Deutschland zum Austausch von Erfahrungen und zur Diskussion aktueller Themen im fachlichen Kontext von Gerüchen. Mehr als 130 Expertinnen und Experten werden am 29. und 30. November in Leipzig bei einem abwechslungsreichen Programm erwartet.

Vorbereitungen zur Validierungsmessung zur Bestimmung der Mess‧unsicherheit nach DIN EN 13725 an der solaren Klärschlammtrocknung der Kläranlage Bottrop. Foto: Anke Niebaum

Vorbereitungen zur Validierungsmessung zur Bestimmung der Mess‧unsicherheit nach DIN EN 13725 an der solaren Klärschlammtrocknung der Kläranlage Bottrop.

Foto: Anke Niebaum

Die Ermittlung und Bewertung von Geruchsemissionen und -immissionen ist ein komplexes Feld. Emissionen und Immissionen müssen gemessen, prognostiziert und beurteilt werden – vor allem in Genehmigungsverfahren, aber auch bei Beschwerdesituationen. Immer wieder gibt es dabei Bewertungs- und Auslegungsfragen. Hinzu kommt eine komplizierte und sich stetig verändernde Rechtsprechung. Die Tagung „Gerüche in der Umwelt“ des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) bietet in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal eine einzigartige Plattform in Deutschland zum Austausch von Erfahrungen und zur Diskussion aktueller Themen im fachlichen Kontext von Gerüchen. Mehr als 130 Expertinnen und Experten werden am 29. und 30. November in Leipzig bei einem abwechslungsreichen Programm erwartet. Die Veranstaltung legt seit jeher Wert auf einen hohen Praxisbezug. Das zeigen insbesondere die vielfältigen Vorträge, das aktuelle Sonderthema der Veranstaltung „TA Luft 2021“ (TA: Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) und der anschließende Spezialtag.

Sonderthema „TA Luft 2021“

Mit dem diesjährigen Sonderthema „Anwendung der TA Luft 2021“ werden vor allem die Auswirkungen der Anwendung des neuen Anhangs 7 (ehemals Geruchsimmissions-Richtlinie, GIRL) der neuen TA Luft vom 18. August 2021 adressiert. Die Anforderungen zum Schutz vor erheblichen Belästigungen durch Geruchsimmissionen sind mit der Fassung von 2021 erstmals Bestandteil der TA Luft. Mit dem Anhang 7 wird eine bestehende Regelungslücke geschlossen. Dies führt zur Vereinheitlichung und Gleichbehandlung im Rahmen von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren.

Trotzdem zeigen erste Erfahrungen aus der Praxis, dass sich neue Auslegungsfragen ergeben. Auch in Bezug auf die allgemeinen Anforderungen zur Emissionsbegrenzung und die Regelungen für bestimmte Anlagenarten gab es Änderungen in der TA Luft 2021, die sich in der Praxis der Geruchsbeurteilung auswirken. Beispielhaft sind hier die Regelung für Abgasreinigungseinrichtungen mit Verbrennungstemperaturen von mehr als 800 °C und die besondere Würdigung von qualitätsgesicherten Tierhaltungsverfahren, die nachweislich dem Tierwohl dienen.

Ein weiteres Thema der Tagung wird die neue DIN EN 13725 aus dem Jahr 2022 sein, die das Verfahren der dynamischen Olfaktometrie zur Bestimmung der Geruchsstoffkonzentration präzisiert. Die Norm findet europaweite Anwendung und hat zuletzt unter anderem Eingang in die Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) für die Abfallbehandlung als Messmethode gefunden (BVT-Schlussfolgerungen und Merkblatt für die Abfallbehandlung, 2018). Sie ist auch als Methode zur Bestimmung der Geruchsstoffkonzentration in der TA Luft 2021 aufgeführt.

Einzigartige Messungen zur Bestimmung der Messunsicherheit nach DIN EN 13725

Neu in der Norm ist die Festlegung eines Verfahrens zur Bestimmung der Messunsicherheit: Sie muss aus einer Kombination von Doppelbestimmungen von echten Umweltproben mit zwei identischen Messeinrichtungen (Methode A6) entsprechend DIN EN ISO 20988:2007 und der Bestimmung der n-Butanol-Geruchsschwelle der eingesetzten Prüferkollektive ermittelt werden. Allerdings erfolgten im Rahmen der Erstellung der DIN EN 13725:2022 bisher keine vergleichenden Untersuchungen mit olfaktometrischen Messungen, d. h. die normativen Vorgaben zur Bestimmung der Messunsicherheit wurden allein auf Basis theoretischer Überlegungen festgelegt.

Vor diesem Hintergrund hatten die Mitglieder des VDI-Normenausschusses „Bestimmung der Geruchsstoffkonzentration mit dynamischer Olfaktometrie“ (NA 134-03-10-05 UA) die Idee, vergleichende Untersuchungen durchzuführen, um die in der DIN EN 13725 vorgeschriebene Methode validieren und mög­liche Auswirkungen abschätzen zu können. Mithilfe einer Teil­finanzierung durch die VDI/DIN Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) wurden zu Jahresbeginn 2023 vergleichende Untersuchungen an der solaren Klärschlammtrocknung der Kläranlage Bottrop – Emschergenossenschaft Lippeverband durchgeführt. Der VDI-Ausschuss, der auch in der KRdL angesiedelt ist, hatte dazu die Initiative ergriffen und die Messungen konzipiert und vorbereitet.

Insgesamt zwölf notifizierte und nach § 29b des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) akkreditierte Messstellen aus nahezu allen Bundesländern haben dabei gemeinsam und gleichzeitig vor Ort 240 Geruchsproben gezogen und an ihren jeweiligen Standorten olfaktometrisch ausgewertet. Der Kläranlagenbetreiber hatte dazu extra zwei Klärschlammtrocknungshallen für die Messungen zur Verfügung gestellt. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) Nordrhein-Westfalen war als behördliche Vertretung ebenfalls Teil vor Ort. Die Ergebnisse dieser ungewöhnlichen Messung werden erstmals auf der 10. VDI-Tagung „Gerüche in der Umwelt“ vorgestellt. Neben vielen weiteren Anwendungs- und Praxisvorträgen, z. B. zur Messung und Bewertung von Geruchsemissionen und -immissionen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung unter besonderer Berücksichtigung alternativer Tierhaltungsanlagen oder im Innenstadtbereich aus Restaurants, werden auch neueste Entwicklungen zu KI-Anwendungen z. B. zur Geruchs-Immissionsprognose oder bei der Auswertung von Rasterbegehungen vorgestellt.

Spezialtag

Bei dem an die Tagung anschließende Spezialtag am 1. Dezember 2023 zum Thema „Beschwerde-/Konfliktmanagement im Immissionsschutz am Beispiel Geruch“ wird anhand konkreter Fallbeispiele gezeigt, wie durch eine gute und transparente Kommunikation Beschwerden von Anwohnenden über auftretende Gerüche vermieden bzw. reduziert werden können. Die beiden Referentinnen zeigen, welche Kommunikationsstrategien sich in der Praxis bewährt haben, welche Fallstricke es gibt und wie Betroffene und Behörden aktiv in eine zufriedenstellende Lösungsfindung einbezogen werden können.

Weitere Informationen und Anmeldemodalitäten zum Spezialtag finden Sie hier.

Dr. Anke Niebaum,
VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL), Düsseldorf.