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Messverfahren 01.02.2017, 00:00 Uhr

Möglichkeiten zur Verbesserung der Bestimmungsgrenze und des Arbeitsbereiches

Mitteilungen aus dem Arbeitskreis „Messtechnik/Messstrategie“ des Unterausschusses I beim Ausschuss für Gefahrstoffe

Wissenschaftler arbeiten im Labor Quelle: PantherMedia/alexraths

Wissenschaftler arbeiten im Labor

Foto: PantherMedia/alexraths

1 Einleitung

Für die Arbeitsplatzbeurteilung der inhalativen Belastung durch krebserzeugende Arbeitsstoffe werden entsprechend der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 910 anhand von Exposition-Risiko-Beziehungen (ERB) Toleranz- und Akzeptanzkonzentrationen als Beurteilungsmaßstäbe abgeleitet, die einem Toleranzrisiko von 4 : 1 000 bzw. einem Akzeptanzrisiko von 4 : 10 000 entsprechen [1]. Die gegenwärtig in Anlage 1 dieser TRGS aufgeführten Akzeptanzkonzentrationen sollen spätestens bis 2018 überprüft und nach Möglichkeit auf ein Risiko von 4 : 100 000 abgesenkt werden. In vielen Fällen würde dies auch eine Reduzierung auf ein Zehntel der bisherigen Akzeptanzkonzentration bedeuten. Im Rahmen der Diskussion über eine Absenkung sollen neben der endogenen Bildungsrate und der Hintergrundkonzentration auch die Leistungsparameter des Messverfahrens zur Bestimmung der Konzentration am Arbeitsplatz einbezogen werden. Gemäß Abschnitt 3.2.7 der TRGS 910 wird die Absenkung nur dann vorgenommen, wenn keines der dort genannten Kriterien dagegen spricht. Somit kommt der Bestimmungsgrenze des Messverfahrens eine besondere Bedeutung zu.

Um Messverfahren nach ihrer Eignung für Arbeitsplatzmessungen zu klassifizieren, wurden in Anlehnung an DIN EN 482 [2] die Mindestanforderungen an deren Leistungsvermögen in Anlage 3 der TRGS 402 [3] definiert. Die Mindestanforderungen ermöglichen bei der Planung von Arbeitsplatzmessungen eine Entscheidung, ob geeignete, bedingt geeignete oder keine Messverfahren zur Überwachung von Akzeptanz- und/oder Toleranzkonzentration zur Verfügung stehen. Grundsätzlich sind dabei geeignete Messverfahren zu bevorzugen. Zur Unterstützung bei Arbeitsplatzmessungen erstellte der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) eine Übersichtstabelle mit Gefahrstoffen, die stoffspezifische Informationen zur Eignung der Messverfahren enthält. In Anbetracht der 2018 anstehenden Diskussion über eine Absenkung der Akzeptanzkonzentrationen wurde in dieser Tabelle der Schwerpunkt zunächst auf krebserzeugende Gefahrstoffe gelegt.

Diese im Internet1) verfügbare Übersicht zeigt, dass es gegenwärtig nicht für alle krebserzeugenden Arbeitsstoffe, für die eine Akzeptanzkonzentration abgeleitet wurde, geeignete oder zumindest bedingt geeignete Messverfahren gibt. Grundlage dieser Einschätzung sind die Leistungsparameter der von der Arbeitsgruppe Luftanalysen der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe [4], der Arbeitsgruppe Analytik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) [5] und der in der IFA-Arbeitsmappe [6] veröffentlichten empfohlenen Messverfahren für Arbeitsplatzmessungen. Diese Übersicht zeigt gleichzeitig, dass bei einigen der aufgeführten krebserzeugenden Gefahrstoffe die derzeitigen methodenspezifischen Bestimmungsgrenzen für eine Überwachung der bis 2018 abzusenkenden Akzeptanzkonzentrationen nicht aus­reichend sind. Da neben anderen Kriterien die Bestimmungsgrenze bei der Diskussion über eine Absenkung der Akzeptanzkonzentration zu berücksichtigen ist, besteht bei einigen krebserzeugenden Gefahrstoffen Handlungsbedarf, die genannten Messverfahren weiterzuentwickeln oder andere leistungsfähigere Messverfahren zu entwickeln und einzusetzen.

2 Möglichkeiten der Erweiterung des Messbereiches

Die in den Messverfahren publizierten Daten beziehen sich auf die während der Methodenvalidierung geltenden Randbedingungen. Einige dieser Verfahren bieten jedoch noch Möglichkeiten, um Verbesserungen bei der Bestimmungsgrenze hin zu niedrigeren Werten und damit eine Erweiterung des Messbereiches zu erzielen. Nachfolgend sollen diese für den Anwender mit einigen Hinweisen dargestellt werden. Gegebenenfalls sind für die Überwachung der Akzeptanzkonzentration andere Messverfahren einzusetzen als zur Überwachung der Toleranzkonzentration.

2.1 Vergrößerung des Probeluftvolumens

Eine vom Grundsatz her recht einfache Möglichkeit zur Erweiterung des Messbereichs ist es, das gesammelte Pro­be­luftvolumen zu erhöhen. Dafür stehen zwei Varianten zur Verfügung:

  • die Erhöhung des Luftvolumenstroms und/oder
  • die Verlängerung der Probenahmedauer.

Ziel ist es, eine entsprechend größere Menge des zu bestimmenden Stoffes zu erfassen und somit die Bestimmungsgrenze abzusenken. In erster Näherung kann man davon ausgehen, dass eine Verdoppelung des Probeluftvolumens eine Halbierung der Bestimmungsgrenze bedeutet.

Das Probeluftvolumen kann aber nicht ohne Weiteres vergrößert werden:

  • Bei der Probenahme von Gasen und Dämpfen ist die Sammelkapazität des Sammlers (Adsorbens oder Sammlung über eine spezifische chemische Reaktion) zu beachten; ein Durchbruch der zu sammelnden Gase/Dämpfe und dementsprechend Minderbefunde sind zu vermeiden.
  • Bei der Probenahme von Partikeln ist zu beachten, dass ein größeres Probeluftvolumen eine vermehrte Beladung der Filter zur Folge hat und möglicherweise zu höheren Strömungswiderständen und damit im ungünstigsten Fall zu einem Abschalten der Sammelpumpe führen kann.
  • Bei der Probenahme von einatembaren und alveolen­gängigen Partikeln ist darüber hinaus zu beachten, dass sich bei einer Erhöhung des Volumenstroms die Sammeleigenschaften des Probenahmesystems grundlegend verändern und die gewünschte Teilchenfraktion nicht mehr erfasst wird. Hier ergibt sich die Option der Volumenstromerhöhung nur dann, wenn ein geeignetes, für einen höheren Volumenstrom ausgelegtes Probenahmesystem zur Verfügung steht.

Wird der Volumenstrom bei der Probenahme erhöht, ist stets zu überprüfen, ob dies ohne Einschränkungen des Leistungsvermögens des Messverfahrens möglich ist.

2.2 Auswahl leistungsfähigerer Messverfahren

Steht kein geeignetes oder nur ein bedingt geeignetes Messverfahren zur Verfügung, so ist zu prüfen, ob andere Messverfahren eingesetzt werden können, die die Anforderungen an das Leistungsvermögen besser erfüllen. Ziel sollte dabei immer sein, ein geeignetes Messverfahren entsprechend Anlage 3 der TRGS 402 [3] zu verwenden. So kann beispielsweise bei der Bestimmung von Schwermetallen anstelle der Grafitrohr-Atomabsorptionsspektrometrie (GF-AAS) in vielen Fällen der Einsatz der Atomemissionsspektrometrie mit massenselektivem Detektor (ICP-MS) zum Erfolg führen. Eine vergleichbare Möglichkeit bietet sich bei chromatographischen Verfahren; auch dort kann der bisher verwendete Detektor, wie z. B. ein Flammenionisationsdetektor (FID) oder ein UV-Detektor, in vielen Fällen durch einem massenselektiven Detektor ersetzt werden, um die Nachweisstärke einer Methode zu steigern.

2.3 Erhöhung der Kapazität von Sammelphasen

Die Erhöhung der Kapazität der Sammelphase ist insbesondere für die Probenahme von Gasen und Dämpfen zur Verbesserung des Leistungsvermögens zu empfehlen, wenn die Methode keine Möglichkeit zur Vergrößerung des Probeluftvolumens mehr bietet. Eine größere Menge an Adsorbens oder an Reaktionspartner für die chemische Reaktion ermöglicht im nächsten Schritt eine Vergrößerung des Luftvolumens und somit eine Verbesserung der Bestimmungsgrenze (siehe oben).

Es ist jedoch immer zu beachten, dass z. B. eine größere Menge an Adsorbens auch einen höheren Strömungswiderstand bedingt, und es ist daher sicherzustellen, dass eine Sammlung auch möglich ist.

2.4 Einsatz anderer Sammelphasen

Eine weitere Möglichkeit bietet der Einsatz einer anderen Sammelphase, die eine größere Menge eines Stoffes effektiv zurückhalten kann oder die andere Analysentechniken, wie z. B. die thermische Desorption, zugänglich macht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine neue Sammelphase ein anderes Adsorptionsverhalten aufweist. Bei einem Wechsel der Sammelphase handelt es sich um ein neues Probenahmeverfahren und die entsprechenden Validierungsdaten sind erneut zu ermitteln.

3 Fazit

Die beschriebenen Möglichkeiten des Einsatzes zur Erweiterung des Messbereichs sind zu prüfen, wenn kein geeignetes Messverfahren zur Verfügung steht. Diese Prüfung ist zu dokumentieren. Im Messbericht ist die Bestimmungsgrenze aufzuführen und anzugeben, ob das eingesetzte Messverfahren „geeignet“ oder „bedingt geeignet“ ist.

Arbeitskreis Messtechnik/Messstrategie des UA I

Dr. Anita Csomor, Regierungspräsidium Kassel.

Dr. Christoph Emmel, Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft.

Dirk Fendler, Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse.

Beatrix Fischer, Merck KgaA.

Dr. Ralph Hebisch, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Prof. Dr. Dietmar Breuer, Petra Heckmann, Thomas von der Heyden, Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetz­lichen Unfallversicherung (IFA).

 

 

Dr. Wilhelm Krämer, BASF AG.

Gebhard von Kries, ANECO Institut für Umweltschutz GmbH & Co.

Dr. Uta Lewin-Kretschmar, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie.

Udo Münkel, Aurubis AG.

Dr. Ralf Sonnenburg, Volkswagen AG.

Dr. Gitta Weber, Infraserv.

Dr. Ursula Vater (Vorsitzende des UA I), Regierungs­präsidium Kassel.

1) www.baua.de/dok/8592142

 

Literatur

  1. Technische Regel für Gefahrstoffe : Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen (TRGS 910). GMBl. (2014) Nr. 12, S. 258-270; zul. geänd. GMBl. (2016) Nr. 31, S. 606-609; berichtigt: GMBl. (2016) Nr. 40, S. 791.
  2. DIN EN 482: Exposition am Arbeitsplatz – Allgemeine Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Verfahren zur Messung chemischer Arbeitsstoffe. Berlin: Beuth 2012.
  3. Technische Regel für Gefahrstoffe: Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition (TRGS 402). GMBl. (2010) Nr. 12, S. 231-253; zul. geänd. GMBl. (2016) Nr. 43, S. 843-846.
  4. The MAK-Collection for Occupational Health and Safety. Hrsg.: Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Weinheim: Wiley VCH. http://onlinelibrary.wiley.com/book/10.1002/3527600418/toc
  5. DGUV Information 213-500 ff.: Von den Unfallversicherungsträgern anerkannte Analysenverfahren zur Feststellung der Konzentrationen krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe in der Luft in Arbeitsbereichen (bisher BGI 505). Hrsg.: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Berlin.
  6. IFA-Arbeitsmappe Messung von Gefahrstoffen. Hrsg.: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Berlin. Berlin: Erich Schmidt 1989 – Losebl.-Ausg.
Von D. Breuer, R. Hebisch

Für den Arbeitskreis Messtechnik/Messstrategie des UA I:
Prof. Dr. Dietmar Breuer - Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), Sankt Augustin.

Dr. Ralph Hebisch, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund.