Studie: Stickoxidbelastung durch Verkehr unterschätzt
Messungen der Universität Innsbruck zeigen, dass durch die Verkehrseinschränkungen während des ersten Corona-Lockdowns im März 2020 die Schadstoffemissionen stark zurückgegangen sind – deutlich stärker als die Kohlendioxidemissionen. Die Studie bestätigt die Vermutung, dass Verkehr als Quelle der Stickoxidbelastung in Städten deutlich unterschätzt wird und für über 90 % dieser Schadstoffe verantwortlich ist.
Rückgang von Luftschadstoffen durch Lockdown
Die weitreichenden Mobilitätsbeschränkungen zu Beginn der Corona-Pandemie schufen für die Wissenschaft eine einmalige Situation: Die tatsächlichen Auswirkungen von Verkehrsbeschränkungen auf die Verteilung von Luftschadstoffen und Emission von Klimagasen konnten direkt untersucht werden. Die Daten aus Innsbruck zeigen deutlich stärkere Rückgänge bei Luftschadstoffen als z. B. beim Kohlendioxid.
90 % der Stickoxide allein vom Verkehr
Viele Studien lieferten im vergangenen Jahr teils widersprüchliche Ergebnisse: Einerseits wurde der Einfluss des Wetters oft nicht herausgerechnet, andererseits war kein detaillierter Vergleich mit Emissionsdaten möglich. Mit einem eigenen Messverfahren und detaillierten Daten konnten die Innsbrucker Forscher nun eine verlässliche Analyse vorlegen. Der Stickoxidanteil aus dem Verkehr ist höher als vielfach vermutet, der Anteil aus dem Hausbrand dafür geringer. Die europäische Energiewende mit Umstellung auf sauberere Verbrennung im Siedlungs- und Industriebereich wirkt sich positiv auf die Luftqualität aus und wurde bisher teilweise unterschätzt. Die Forscher gehen davon aus, dass in vielen europäischen Städten wie in Innsbruck über 90 % der Stickoxide allein vom Verkehr verursacht werden.
Quelle einzelner Schadstoffe gemessen
Die Grenzwerte für Stickoxide werden in städtischen Regionen regelmäßig europaweit überschritten. Welche Verursacher wie viel Emissionen beitragen, ist nicht immer einfach zu ermitteln. Bisher hat man sich vor allem damit beholfen, dass am Prüfstand die Abgaswerte ermittelt und in einem Modell hochgerechnet wurden. Das Luftmanagement durch Umwelt- und Gesundheitsbehörden beruht auf Atmosphärenmodellen, denen genau diese experimentellen Daten zugrunde liegen. Bisher fehlte ein Verfahren, mit dem die tatsächlich ausgestoßenen Luftschadstoffe in einem bestimmten Gebiet gemessen und deren Quellen bestimmt werden können. Das Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck schließt diese Lücke mit dem sogenannten Eddy-Covariance-Verfahren, das Luftzusammensetzung und Windrichtung im Detail misst und so Rückschlüsse auf die Quelle einzelner Schadstoffe zulässt. Mit dem an der Universität Innsbruck eingerichteten Innsbruck Atmospheric Observatory wird die Stadtluft über Innsbruck nun laufend untersucht.