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Technik und Recht 23.06.2020, 12:17 Uhr

CLP-Verordnung: Einstufung von Titandioxid und Cobalt veröffentlicht

Welche Änderungen und Neuaufnahmen von technischen Regeln gibt es? In dieser Ausgabe von „Technik und Recht“ geht es um die harmonisierte Einstufung von Stoffeinträgen. Ein Stoff kann harmonisiert eingestuft werden, wenn er karzinogen, mutagen, reproduktionstoxisch oder ein Inhalationsallergen ist. Eine weitere Voraussetzung ist es, wenn eine Begründung vorliegt, dass die Einstufung eines Stoffes in andere Gefahrenklassen auf Unionsebene erforderlich ist oder bei einem bestehenden Eintrag eine oder mehrere neue Gefahrstoffklassen ergänzt werden müssen.

Experimente mit bioziden Gefahrstoffen. Foto: panthermedia.net/Florea Paul

Experimente mit bioziden Gefahrstoffen.

Foto: panthermedia.net/Florea Paul

Im Februar 2020 wurde durch die Europäische Kommission die 14. Anpassung der CLP- bzw. GHS-Verordnung veröffentlicht. Durch diese werden im Anhang VI Tabelle 3 elf Stoffeinträge mit einer harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung geändert (unter anderem Cobalt und Ethylenoxid) und 17 Stoffeinträge neu aufgenommen.

Titanoxid und Benzopentaphen gehören zu den neuen Stoffen

Zu den neuen Stoffen gehören z. B. Titandioxid, Benzo[rst]pentaphen, Dibenzo[b,def]chrysen (Dibenzo[a,h]pyren), Diisohexylphthalat und Methylquecksilberchlorid. Darüber hinaus wird der Stoffeintrag „Pech, Kohlenteer, Hochtemperatur; [Rückstand aus der Destillation von Hochtemperatur-Kohlenteer. Schwarzer Feststoff mit einem Erweichungspunkt von etwa 30 bis 180 °C (86 bis 356 °F). Besteht in erster Linie aus einem komplexen Gemisch von aromatischen Kohlenwasserstoffen mit drei- oder mehrgliedrigen Ringsystemen.]“ mit der Indexnummer 648–055–00–5 (EG-Nr. 266–028–2, CAS-Nr. 65996–93–2) berichtigt. Das Gemisch ist wie folgt eingestuft: Carc. 1A, Muta. 1B und Repr. 1B (RD und RF). Dieser Eintrag gilt seit dem 1. Dezember 2019. Die Stoffeinträge „4,4‘-Sulfonylbisphenol, Polymer mit Ammoniumchlorid (NH4Cl), Pentachlorphosphoran und Phenol“ sowie „Dinatrium-4-amino-6-((4-((4-(2,4-diaminophenyl)azo)phenylsulfamoyl)phenyl)azo)-5-hydroxy-3-((4-nitrophenyl)azo)naphthalin-2,7-disulfonat“ sind nicht mehr Bestandteil der Tabelle 3 des Anhangs VI.

Wo finde ich die spezielle Kennzeichnungsvorschriften?

Im Anhang II der Verordnung werden in Verbindung mit den nachstehenden neuen Gefahrenhinweisen spezielle Kennzeichnungsvorschriften für Gemische eingeführt, die Titandioxid enthalten. Anhang III Teil 3 erhält folgende neue Gefahrenhinweise: EUH211 „Achtung! Beim Sprühen können gefährliche lungengängige Tröpfchen entstehen. Aerosol oder Nebel nicht einatmen.“ und EUH212 „Achtung! Bei der Verwendung kann gefährlicher lungengängiger Staub entstehen. Staub nicht einatmen.“ Hinsichtlich der Einstufung von Titandioxid (siehe Tabelle) sind folgende Anmerkungen zu beachten:

  • Soll der Stoff in Form von Fasern in Verkehr gebracht werden (mit Durchmesser <3 μm, Länge >5 μm und Seitenverhältnis ≥3:1) oder als Stoffpartikel, die die WHO-Kriterien für Fasern erfüllen, oder als Partikel mit veränderter Oberflächenchemie, so müssen ihre gefährlichen Eigenschaften gemäß Titel II dieser Verordnung bewertet werden, um festzustellen, ob eine höhere Kategorie (Carc. 1B oder 1A) und/oder zusätzliche Expositionswege (oral oder dermal) angewandt werden sollten (Anmerkung V).
  • Es wurde festgestellt, dass die Gefahr einer karzinogenen Wirkung dieses Stoffes besteht, wenn lungengängiger Staub in Mengen eingeatmet wird, die zu einer signifikanten Beeinträchtigung der natürlichen Reinigungsmechanismen für Partikel in den Lungen führen. Diese Anmerkung soll die spezifische Toxizität des Stoffes beschreiben und stellt kein Kriterium für die Einstufung gemäß dieser Verordnung dar (Anmerkung W).
  • Die Einstufung als „karzinogen bei Einatmen“ gilt nur für Gemische in Form von Puder mit einem Gehalt von mindestens 1 % Titandioxid in Partikelform oder eingebunden in Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von ≤10 μm (Anmerkung 10).

Wie stufe ich gefährliche Stoffe richtig ein?

Die spezifischen Anmerkungen für die Einstufung und Kennzeichnung von Titandioxid und Titandioxid-haltigen Gemischen wurden aufgenommen, um eine ungerechtfertigte Einstufung nicht gefährlicher Formen des Stoffes zu vermeiden. Die vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass die abgelagerten Partikel, nicht aber gelöstes Titandioxid, die beobachtete Toxizität in der Lunge und die anschließende Entwicklung von Tumoren verursachen.

 

Tabelle: Neu als krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch eingestufte Stoffe (Kategorien: 1A, 1B oder 2). Quelle: IFA

Tabelle: Neu als krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch eingestufte Stoffe (Kategorien: 1A, 1B oder 2).

Foto: IFA

 

Die Tabelle enthält die Stoffe, bei denen mit dieser Verordnung eine neue Einstufung als karzinogen (krebserzeugend), keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch festgelegt wird.

Die Verordnung (EU) 2020/217 ist am 9. März 2020 in Kraft getreten und gilt ab dem 1. Oktober 2020. Abweichend können Stoffe und Gemische vor dem 1. Oktober 2021 in Einklang mit dieser Verordnung eingestuft, gekennzeichnet und verpackt werden. Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Ein komplettes Verzeichnis der krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Stoffe (KMR-Liste) findet sich unter www.dguv.de/ifa/ (Webcode: d4754) in der Rubrik Fachinfos.

Delegierte Verordnung (EU) 2020/217 der Kommission vom 4. Oktober 2019 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt und zur Berichtigung der Verordnung

ABL. EU (2020) L 44, S. 1. Berichtigung ABL. EU (2020) L 51, S. 13

Von Wolfgang Pflaumbaum

Dr. rer. nat. Wolfgang Pflaumbaum Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)