Ausgebremst: Reifenabrieb bedroht Süßgewässer
Eine neue Studie hat die Auswirkungen von Reifenabriebpartikeln auf Süßwasser-Ökosysteme untersucht: Das aus dem Straßenverkehr stammende toxische Partikelgemisch schädigt wichtige Wasserorganismen. Die Forschenden warnen vor der unterschätzten Gefahr für unsere Umwelt.
Emissionen, die nicht in die Luft abgegeben werden, wird bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei werden die nano- bis mikrometergroßen Partikel, die kontinuierlich durch die Abnutzung von Reifen und Straßenoberflächen entstehen, durch Wind und Regen leicht in der Umgebung verteilt. So gelangen sie auch in Gewässer und gefährden deren Ökosysteme. Die winzig kleinen Reifen- und Straßenabriebpartikel (TRWP) sind eine chemisch komplexe Mischung aus vielen verschiedenen Komponenten wie Mikroplastik, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), Mineralölen, Metallen, Reifengummi und synthetischen Chemikalien, einschließlich Reifengummizusätzen und Weichmachern. Über 20 000 Tonnen von diesem Gemisch gelangen jedes Jahr allein in deutsche Gewässer, vor allem durch ungefilterten Straßenabfluss.
Auswirkungen auf Gewässerorganismen
Die Studie untersuchte die Auswirkungen von Reifenabriebpartikeln auf Larven einer Zuckmückenart (Chironomus riparius) – eines der häufigsten Lebewesen in Gewässerökosystemen und ein vielgenutzter Organismus bei Umweltverträglichkeitsprüfungen. Das alarmierende Ergebnis: Der Reifenabrieb beeinträchtigt das Überleben, die Entwicklung und die Fortpflanzung der Mücken. Die Forschenden analysierten Sedimente aus straßennahen Rückhaltebecken und bestimmten zunächst die Menge und die Zusammensetzung des darin enthaltenen Reifenabriebs. Die Zuckmückenlarven wurden dann unterschiedlichen Konzentrationen der Sedimente ausgesetzt. Anschließend wurden Parameter wie Sterblichkeit, Entwicklung, Geschlechterverhältnis, Fruchtbarkeit und Größe gemessen.
Kontaminierte Sedimente erhöhen die Sterblichkeit der Organismen
In den urbanen Sedimenten wurde ein typisches Stoffgemisch gefunden. Diese Mischung hatte bei den Laboruntersuchungen komplexe und deutlich schädliche Auswirkungen auf die Mückenlarven und die adulten Organismen. Das kontaminierte Sediment erhöhte die Sterblichkeit um fast 30 %. Auch die Fruchtbarkeit nahm sichtbar ab und es kam zu einer Verringerung der Zahl fruchtbarer Eier pro Weibchen. Als besonders besorgniserregend stellt die Studie heraus, dass die beobachteten Fortpflanzungsstörungen möglicherweise über mehrere Generationen hinweg bestehen bleiben könnten. Zudem enthalten TRWP eine Vielzahl von Chemikalien und Schadstoffen, die sich im Körpergewebe anreichern können und so über die Nahrungskette kaskadenartige Auswirkungen auf Süßwasserökosysteme haben können.