Neues Verfahren ermittelt Abwasserbelastung von Flüssen und Seen
Durch Abwässer gelangen große Mengen organischer Substanzen in Flüsse und Seen, die zu starkem Bakterienwachstum und Sauerstoffmangel führen. Bisherige Messverfahren können diese organische Belastung nicht genau bestimmen. Ein neues Verfahren, das vom Helmholtz-Zentrum Hereon mitentwickelt wurde, kann künftig ein eindeutiges Bild vom Zustand der Gewässer liefern.
Wenn Abwässer in Flüsse und Seen fließen, gelangen mit den Fäkalien große Mengen an Fetten, Eiweißen, Zucker und anderen kohlenstoffhaltigen organischen Substanzen in die Natur. Diese werden von Bakterien abgebaut, die Sauerstoff verbrauchen. Je größer die Abwassermenge ist, desto besser gedeihen die Bakterien. Damit nimmt der Sauerstoffgehalt des Wassers jedoch immer weiter ab, so dass Fischen, Muscheln oder Würmern buchstäblich die Luft ausgeht. In vielen Flüssen und Seen sind dadurch weltweit sauerstoffarme Todeszonen entstanden.
Internationale Studie: COD-Messmethode zu ungenau
Um zu messen, wie stark die Gewässer mit organischen Stoffen aus Fäkalien belastet sind, nehmen Behörden und Umweltforscher regelmäßig Wasserproben. Hierbei ist weit verbreitet, den Gehalt an organischen Substanzen mithilfe des „Chemischen Sauerstoffbedarfs“ (Chemical Oxygen Demand, COD) zu bestimmen. Eine internationale Studie zeigt jetzt jedoch, dass diese Methode Werte liefert, aus denen sich der tatsächliche Verschmutzungsgrad des Wassers kaum ableiten lässt.
Bei der COD-Methode werden Wasserproben mit den Chemikalien Permanganat oder Dichromat versetzt, die in kurzer Zeit alle organischen Substanzen abbauen. An der Menge des verbrauchten Permanganats oder Dichromats lässt sich dann bestimmen, wie viel organische Substanz in der Wasserprobe enthalten war. Das Problem der COD-Messung: Sie unterscheidet nicht zwischen organischen Substanzen aus den Abwässern und jenen, die auf natürliche Weise entstehen, wie Lignin und Huminsäuren, die beim Zerfall von Holz freiwerden. Die Verschmutzung des Wassers lässt sich hiermit also kaum vom natürlichen Gehalt an organischen Stoffen unterscheiden. Für den südkoreanischen Han-Fluss hat die neue Methode z. B. herausgefunden, dass die Belastung aus Abwässern in den vergangenen 25 Jahren abgenommen hat. Die COD-Messungen zeigen aber nach wie vor hohe Werte an, weil die natürlichen Substanzen einen Großteil der Organik im Wasser ausmachen.
Aufwendige BOD-Messmethode
Es gibt bereits eine etablierte Messmethode, um den „Biologischen Sauerstoffbedarf“ (Biological Oxygen Demand, BOD) und damit die tatsächliche Verschmutzung genau zu bestimmen. Diese ist jedoch sehr viel aufwendiger als die COD-Messung und wird daher von Behörden und Forschungseinrichtungen seltener genutzt: Es wird eine Wasserprobe aus dem Fluss oder See entnommen und der Sauerstoffgehalt des Wassers als Anfangswert gemessen. Eine weitere Parallelprobe wird sofort luftdicht verschlossen und ruht fünf Tage lang. In dieser Zeit bauen die Bakterien die organische Substanz ab, wobei sie den Sauerstoff im Wasser nach und nach verbrauchen. Nach fünf Tagen wird der Sauerstoff gemessen. Enthält das Wasser viel Organik, waren die Bakterien besonders aktiv – entsprechend groß war der Sauerstoffverbrauch. Die BOD-Messung ist genauer als die COD-Methode, da die Bakterien eher die kleinen organischen Substanzen aus dem Abwasser abbauen und die natürlichen wie Lignin unangetastet lassen. Die Messung des BOD hat aber auch den Nachteil, dass sie fünf Tage statt wenige Minuten dauert. Zudem kann beim Abfüllen, Lagern und Vermessen der Wasserproben Sauerstoff aus der Umgebungsluft in die Probe gelangen und den Messwert verfälschen.
Wasserbelastung schneller und sicherer messen
Das neue Verfahren verbessert die klassische BOD-Messung. Nun wird nur eine Wasserprobe genommen, die nicht erneut geöffnet werden muss, um den Sauerstoffgehalt zu messen. So kann die Probe auch nicht mit Luftsauerstoff in Berührung kommen, der die Werte verfälscht. Direkt beim Abfüllen der Wasserprobe wird eine Faser in das Probengefäß eingeführt, über die der Sauerstoffgehalt anhand optischer Effekte kontinuierlich direkt in der Probe gemessen werden kann. Erste Versuche haben gezeigt, dass ein aussagekräftiges Ergebnis bereits nach rund zwei Tagen vorliegt. Dies macht die BOD-Messung nicht nur zuverlässiger, sondern auch schneller. So kann künftig beispielsweise zuverlässiger als bisher ermittelt werden, ob Maßnahmen zur Gewässerreinhaltung tatsächlich erfolgreich sind.