Zahlen und Daten zum Markt der Dach- und Fassadenbegrünung
Das Interesse an Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünungen wächst stetig. Entsprechend dominant wird dieses Thema bei den zahlreichen Veranstaltungen beispielsweise zu Klimawandel, Klimafolgenanpassung, Stadt der Zukunft diskutiert, steigen die Zuschüsse der Städte zur Förderung der Dach- und Fassadenbegrünungen und nimmt die Zahl der Forschungs- und Förderprojekte zu Wirkungen, Weiter- und Neuentwicklungen von Gebäudegrün zu.
1 Einleitung
Der Bundesverband GebäudeGrün e.V. (BuGG) veröffentlicht mit dem nun vorliegenden „BuGG-Marktreport Gebäudegrün 2022“ die dritte Auflage eines umfassenden Nachschlagewerks mit den wichtigsten Zahlen zur Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung in Deutschland (BuGG-Marktreport_Gebaeudegruen_2022.pdf). Im Fokus stehen hierbei die Zuwächse bei der Dach- und Fassadenbegrünung (Bild 1) und die BuGG-Städteumfrage 2021 zu den kommunalen Förderinstrumenten. Aber auch neue Themen wie beispielsweise das BuGG-Positionspapier „Solar-Gründach“, Informationen zu den Förderprogrammen von „Solar-Gründächern“ und ein Übersichtsbeitrag zum Thema „Hitze“ werden angeboten.
2 Der Dachbegrünungsmarkt in Deutschland
Die wichtigsten Ergebnisse der BuGG-Gründachsubstrat-Umfrage sind (gerundete Angaben, die genauen Zahlen sind im Report zu finden):
- In Deutschland sind im Jahr 2021 insgesamt ca. 8,7 Mio. m² Dachbegrünungen neu hinzugekommen (Bild 2). Im Jahr 2020 betrug der Zuwachs ca. 7,8 Mio. m².
- Davon Extensiv- und Intensivbegrünungen (Bild 3):
– Extensivbegrünung: 82,5 % (2021), 82,1 % (2020),
– Intensivbegrünung: 17,5 % (2021), 17,9 % (2020).
Bei angenommenen 90 Mio. m² im Jahre 2021 neu entstandener Flachdachfläche entsprechen 8,7 Mio. m² Dachbegrünung allerdings nur etwa 9,6 %, das heißt, etwa 90 % der neuen Flachdachflächen sind unbegrünt – das ist als enormes Potenzial zu sehen!
2.1 Entwicklungen im Gründachmarkt von 2008 bis 2021
Da die Gründachsubstrat-Umfrage mit gleicher Methode und gleichen Teilnehmenden schon seit 2008 durchgeführt wird, lassen sich daraus auch sehr gut die aktuellen Entwicklungen ablesen:
- Von 2008 bis 2021 wurden insgesamt ca. 75 Mio. m² Gründachfläche angelegt, davon 83,8 % extensiv und 16,2 % intensiv begrünt.
- Der Gründach-Markt wächst im Durchschnitt jährlich um etwa 7,5 %.
- Der Gründach-Markt ist von 2008 bis 2021 um 141 % gewachsen.
- Der Trend geht zu Intensivbegrünungen (Dachgärten) und damit (überwiegend) begeh- und nutzbaren Dachbegrünungen.
- Das durchschnittliche jährliche Wachstum bei intensiven Dachbegrünungen war höher als bei den extensiven Dachbegrünungen.
- Deutlich ist der Trend zu Extensivbegrünungen in mehrschichtiger Bauweise. Lag das Verhältnis ein- zu mehrschichtig im Jahr 2008 bei 47 : 53, so wurde für 2021 ein Verhältnis von 25 : 75 ermittelt.
2.2 Gründach-Index (Gründachfläche pro Einwohner)
Der BuGG hat die erhobenen Bestandszahlen begrünter Dächer verschiedener Städte ermittelt und in verschiedenen Varianten einander gegenübergestellt. Von folgenden 20 Städten waren entsprechende Informationen verfügbar: Aachen, Berlin, Braunschweig, Dresden, Düsseldorf, Essen, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Mainz, Mannheim, München, Nürnberg, Nürtingen, Osnabrück, Ottobrunn, Straubing, Rostock und Stuttgart.
In der BuGG-Gründach-Bundesliga Variante 2 wird die Summe der ermittelten Dachbegrünungsflächen je Stadt zur jeweiligen Einwohnerzahl (EW) in Relation gesetzt. Daraus ergibt sich der Gründach-Quadratmeter-Wert pro Einwohner/Einwohnerin („Gründach-Index“). Im Durchschnitt der 20 Städte liegt dieser „Gründach-Index“ bei 1,1 m²/EW. Der derzeitige Spitzenreiter Stuttgart hat einen „Gründach-Index“ von 4,1 m²/EW, das heißt, im Durchschnitt kommen auf jeden Einwohner 4,1 m² Dachbegrünung. Mit dem Gründach-Index im Städtevergleich steht für Politik und Städteplanung eine fundierte Kennzahl für zukünftige Planungen zur Verfügung.
3 Der Fassadenbegrünungsmarkt in Deutschland
Die Größe der im Jahr 2021 begrünten Fassadenflächen ist schwerer zu ermitteln als die der begrünten Dachflächen. Die bei der Dachbegrünung angewandte Methode der Abfrage der Substratmengen und Umrechnung in Begrünungsfläche ist bei Fassadenbegrünungen systembedingt nicht möglich. Lassen sich die Werte von „wandgebundenen“ Fassadenbegrünungen noch recht einfach ermitteln, da die Systemlösungen nur zum Zwecke der Begrünung und in Quadratmetern vertrieben und eingebaut werden, verhält sich das bei „bodengebundenen” Fassadenbegrünungen anders. Hier können Systemanbieter von Kletterhilfen (z. B. Seile und Netze) oft nicht eindeutig zuordnen, ob die verkauften Produkte für Begrünungszwecke eingesetzt bzw. welche Flächen tatsächlich begrünt wurden. Je nachdem, mit welchem Abstand lineare Rankhilfen nebeneinander eingebaut werden, ergeben sich unterschiedlich große Begrünungsflächen. Eine genaue Ermittlung der neu hinzugekommenen Flächen von bodengebundenen Fassadenbegrünungen mit selbstklimmenden Pflanzen (Direktbegrüner ohne Kletterhilfen) ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Unter anderem sind die Vertriebswege der eingesetzten Pflanzen vielfältig, sowohl Fachleute als auch Privatpersonen führen die Begrünung durch. Der BuGG hat diejenigen Mitglieder, die Produkt- und Systemlösungen zur Fassadenbegrünung anbieten, nach begrünten Flächen im Jahr 2021 befragt. Dabei wurden die Flächensummen sowohl boden- (allerdings nur die Flächen mit Kletterhilfen) als auch wandgebundener Fassadenbegrünungen abgefragt, mit den folgenden Ergebnissen:
In Deutschland wurden im Jahr 2021 insgesamt etwa 86 600 m² Fassadenfläche neu begrünt, davon etwa 13 300 m² mit wandgebundener Fassadenbegrünung und etwa 73 300 m² mit bodengebundener Fassadenbegrünung mit Kletterhilfen.
4 Kommunale Förderinstrumente
Auf kommunaler Ebene kann die Umsetzung von Dach- und Fassadenbegrünung durch verschiedene Instrumente gefördert werden, die sich in ihrem Wirkungsbereich, ihrer Verbindlichkeit und ihrem finanziellen Aufwand für die Stadt unterscheiden. Folgende direkt und indirekt fördernde Instrumente stehen der Kommunalpolitik zur Verfügung:
- Festsetzungen in Bebauungsplänen
- Gestaltungssatzungen
- Förderprogramme mit finanziellen Zuschüssen
- Ökopunkte im Rahmen der Eingriffsregelung
- Gebührenreduktion bei der gesplitteten Abwassergebühr
Mit Städte-Umfragen und zusätzlichen eigenen Recherchen hat der BuGG aktuelle Zahlen zu den kommunalen Förderinstrumenten zusammengetragen, die nachfolgend auszugsweise vorgestellt werden.
4.1 Festsetzungen in Bebauungsplänen
Der Bebauungsplan ist nach dem Baugesetzbuch (BauGB) ein verbindlicher Bauleitplan. Er wird durch Satzung beschlossen und schafft Baurecht bei Neubauvorhaben oder bei baulichen Änderungen in einem bestimmten Geltungsbereich (beplanter Innenbereich) einer Gemeinde. Um bestimmte Ziele in der Bauleitplanung zu erreichen, können aus städtebaulichen Gründen rechtsverbindliche Festsetzungen getroffen werden. Vorteil des Bebauungsplans ist die hohe Verbindlichkeit der Umsetzung von Dach- und Fassadenbegrünung durch die Bauherrschaft. Nachteil dieses Förderinstruments ist seine räumliche Begrenzung.
Als Ergebnis der BuGG-Städteumfrage 2022 lässt sich für alle deutschen Städte mit mehr als 50 000 Einwohnern bzw. Einwohnerinnen festhalten, dass ca. 89 % der Städte Dachbegrünung und 61 % der Städte Fassadenbegrünung bereits in Bebauungsplänen festgesetzt haben.
4.2 Kommunale Förderprogramme (Zuschüsse für Dach- und Fassadenbegrünung)
Bei einem Förderprogramm handelt es sich um ein Instrument der direkten Förderung. Durch Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen wird ein finanzieller Anreiz geschaffen, freiwillig Dach- und Fassadenbegrünungen umzusetzen. Über Förderprogramme können zielgerichtet dort Förderungen angeboten werden, wo ein hoher Handlungsbedarf besteht oder andere Instrumente nicht greifen. Bei kommunalen Förderprogrammen sind die Städte selbst die Fördermittelgeber. Die Mittel stammen in der Regel aus dem eigenen kommunalen Haushalt und können mit Landes- und Bundesmitteln verbunden werden. Die Aufstellung eines kommunalen Förderprogramms ist eine freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch, die stark von der jeweiligen Haushaltslage abhängt. Der Wirkungsbereich einer Förderung kann sich flächendeckend auf das gesamte Stadtgebiet oder lokal begrenzt auf bestimmte Stadtteile beziehen. Eine Förderung kann für den Gebäudebestand sowie für Neubauten gelten. Der Fokus bei kommunalen Förderprogrammen liegt auf der finanziellen Unterstützung von Privatpersonen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU).
Als Ergebnis der BuGG-Städteumfrage 2022 lässt sich für alle Städte mit mehr als 50 000 Einwohnern bzw. Einwohnerinnen festhalten, dass bereits 85 Städte und somit 44 % finanzielle Zuschüsse für Dachbegrünungen bereitstellen. Für Fassadenbegrünungen bieten 72 Städte und somit 37 % finanzielle Zuschüsse an. Darüber hinaus haben auch Städte mit weniger als 50 000 Einwohnern bzw. Einwohnerinnen in der Städteumfrage angegeben, Gebäudegrün zu fördern.
Die kommunalen Förderprogramme sind individuell aufgebaut. Dementsprechend variieren auch die Förderhöhen stark von Stadt zu Stadt.
4.3 Gebührenreduktion bei der gesplitteten Abwassergebühr
Gemeinden regeln individuell durch Satzung die Abwasserbeseitigung für ihr Gemeindegebiet und stellen die notwendige Infrastruktur sicher. Zur Kostendeckung von Bau, Betrieb und Instandhaltung der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen erheben die Gemeinden eine Abwassergebühr (als Benutzungsgebühr) bei den Grundstückseigentümer/innen. Innerhalb der gesplitteten Abwassergebühr wird die Beseitigung des Schmutzwassers nach dem Frischwassermaßstab berechnet. Zur Ermittlung der Niederschlagswassergebühr dient hingegen die befestigte und abflusswirksame Fläche mit Kanalanschluss des jeweiligen Grundstücks. Für Maßnahmen, die zum lokalen Regenwasserrückhalt beitragen, kann innerhalb der Satzung eine Gebührenreduktion für die Niederschlagswasserbeseitigung erlassen werden. Zu diesen Maßnahmen zählt unter anderem die Dachbegrünung, sodass diese indirekt gefördert wird.
Als Ergebnis der BuGG-Recherche 2022 der Abwasser(gebühren)satzungen aller deutschen Städte mit mehr als 50 000 Einwohner/innen (193 Städte) lässt sich festhalten, dass alle Städte die gesplittete Abwassergebühr eingeführt haben. Viele Städte bieten darüber hinaus eine Gebührenreduktion für Gründächer an.
5 Fazit
Der Gründachmarkt wächst seit Jahrzehnten, im Durchschnitt etwa 7,5 % im Jahr. Das Wachstum könnte aber noch viel höher ausfallen. Hierfür ist eine breite Wissens- und Imagekampagne „pro Gebäudegrün“ erforderlich sowie die Stärkung des Bewusstseins für die Notwendigkeit der Gebäudebegrünung, ähnlich dem für Energiethemen.
Dr. Gunter Mann,
Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG), Berlin.