Maßnahmen für den Brandschutz im 40-etagigen One Forty West
Seit seiner Fertigstellung im Jahr 2021 zählt das One Forty West zu den Landmarken der Frankfurter Skyline. Eine besondere Herausforderung: Die Gewährleistung der anspruchsvollen Brandschutzanforderungen für das 145 Meter hohe Gebäude.
Das 40-etagige One Forty West bildet das Herzstück des neu entstandenen Senckenberg-Quartiers. Wohnangebote, ein Hotel und Gastronomie wurden in de Hochhaus zu einem ganzheitlichen Gesamtkonzept vereint: Die Lobby sowie ein Restaurant befinden sich im Erdgeschoss, auf den Etagen 2 bis 23 ist ein Hotel untergebracht, darüber sind 187 Miet- und Eigentumswohnungen entstanden. Ein markantes Merkmal des Gebäudes sind die Balkone, die sich wie ein drei Kilometer langes Band um den Turm schlängeln.
Die enorme Gebäudehöhe bringt auch hohe Anforderungen an den Brandschutz mit sich. Die Sicherheit jedes Einzelnen ist von höchster Priorität, da im Falle eines Brandes innerhalb von nur wenigen Minuten ein lebensbedrohliches Brandrauchgemisch entsteht. Daher war die Installation maßgeschneiderter Druckbelüftungsanlagen (DBA) im One Forty West unerlässlich.
Flucht- und Rettungswege sichern
DBA-Systeme gewährleisten je nach Art und Nutzung des Gebäudes die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsstandards für Flucht- und Rettungswege. Dazu gehören unter anderem Sicherheitstreppenräume und Feuerwehraufzugsschächte sowie die angrenzenden Vorräume, die mittels kontrollierten Überdruckes und durch Durchströmung von Türen rauchfrei gehalten werden. Sie sichern eine kontinuierliche Zufuhr von Frischluft in die Flucht- und Rettungsbereiche, um das Eindringen von Rauch und gefährlichen Brandgasen zu verhindern. Bei geschlossenen Türen wird ein kontinuierlicher Überdruck aufrechterhalten, sodass beim Öffnen sofort eine effektive Durchströmung der zu schützenden Bereiche gewährleistet ist. Die Überdruckverhältnisse in den Flucht- und Rettungswegen werden fortlaufend überwacht und angepasst. Dabei ist sicherzustellen, dass die Fluchttüren in den Treppenraum jederzeit leicht geöffnet werden können (maximal 100 N Betätigungskraft). Beim Öffnen der Türen muss die Luft mit ausreichender Geschwindigkeit aus dem Treppenraum in Richtung der Nutzungseinheit in der Brandetage strömen, um ein Eindringen von Rauchgasen in den Treppenraum zu verhindern. Die Wiederherstellung des Überdrucks nach dem Öffnen und Schließen der Türen erfolgt innerhalb von drei Sekunden und gewährleistet somit eine konstante Sicherheit.
Treppenräume und Feuerwehraufzug
Sicherheitstreppenräume sind darauf ausgelegt, im Brandfall für eine bestimmte Zeit nutzbar zu bleiben. Dies ist entscheidend für die sich selbst rettenden Personen ebenso wie für die Feuerwehr, um lebenswichtige Evakuierungs- und Rettungsmaßnahmen durchführen zu können. Der Feuerwehraufzug ermöglicht einen Zugang, um Ausrüstung und Personal zur Brandbekämpfung sicher und schnell in das jeweilige Geschoss zu bringen. Darüber hinaus können über sichere Vorräume und den Feuerwehraufzug Personen gerettet werden, die nicht eigenständig über die Sicherheitstreppenräume fliehen können. Aufgrund seiner Höhe von 145 Metern unterliegt das One Forty West den Vorschriften der Hochhausrichtlinie. Daher sind zwei Sicherheitstreppenräume und ein Feuerwehraufzug gefordert. Die Nutzungseinheiten schließen über einen notwendigen Flur und über einen Vorraum in den Geschossen an die innenliegenden Sicherheitstreppenräume an.
Das Gebäude verfügt über einen sogenannten Helixtreppenraum mit einer schraubenförmigen Treppenform sowie einen Feuerwehraufzug. Beide sind über zwei Abströmschächte in das DBA-Konzept eingebunden. Im Helixtreppenraum verlaufen zwei baulich getrennte Treppenräume ineinander, was den Vorteil eines geringen Platzbedarfs bietet, ohne dabei Sicherheit oder Komfort zu beeinträchtigen. Trotz zweier Sicherheitstreppenräume übernehmen betriebsbereite Ersatzgeräte in der Zuluft der DBA im Falle eines Störfalls die Funktion zur Aufrechterhaltung des Überdrucks. Diese Redundanzanforderungen gelten für die Zuluftventilatoren der beiden Sicherheitstreppenräume sowie für den Feuerwehraufzug. Es handelt sich hierbei um besonders spezifische Anforderungen, da gemäß der Hochhausrichtlinie keine Redundanz in der Zuluft für den Feuerwehraufzug gefordert wird.
Anforderungen an die Rauchfreihaltung
Die Luftdurchströmungsgeschwindigkeit durch die geöffnete Tür des Sicherheitstreppenraums zum Vorraum und von den Türen des Vorraums zum notwendigen Flur muss gemittelt im Türquerschnitt mindestens 2,0 m/s betragen – durch die geöffnete Vorraumtüre des Feuerwehraufzugs mindestens 0,75 m/s. Die maximale Türöffnungskraft an den Türen des innenliegenden Sicherheitstreppenraums und der Vorräume darf am Türgriff höchstens bei 100 N liegen. Die Druckbelüftungsanlagen werden automatisch durch die Brandmeldeanlage ausgelöst und müssen nach Auslösung den erforderlichen Überdruck innerhalb von 60 Sekunden aufbauen. Das Gebäude ist mit einer Sicherheitsstromversorgung ausgestattet, die im Falle eines Ausfalls der allgemeinen Stromversorgung den Betrieb der sicherheitstechnischen Gebäudeausrüstung, insbesondere der Druckbelüftungsanlagen, übernimmt.
Die Zuluft
Die Zuluftventilatoren sind in einer separaten DBA-Technikzentrale untergebracht, die über F90-Wände verfügt. Bei Rauchdetektion im Gebäude werden die Druckbelüftungsanlagen automatisch durch die Brandmeldeanlage ausgelöst. Die Zuluftventilatoren befördern daraufhin über Zuluftkanäle Frischluft in die Sicherheitstreppenräume und in den Feuerwehraufzug. Der zu jedem Treppenraum vertikal verlaufende Zuluftschacht verfügt über Klappen in verschiedenen Etagen. Dadurch wird eine Zulufteinbringung in den Treppenraum in direkter Nähe zum Brandgeschoss sichergestellt. Dies trägt dazu bei, den Volumenstrom schnell aufzubauen, wenn die Türen geöffnet sind.
Die Anordnung und die freie Ansaugung der Ventilatoren innerhalb der DBA-Technikzentrale stellen dabei eine Besonderheit dar. Bei Anlagenauslösung öffnen große, isolierte Zuluftklappen in der Fassade die lufttechnische Verbindung in den Raum hinein. Dort saugen die Ventilatoren die Luft frei an. Die Zulufteinbringungen werden dabei durch Kanalrauchmelder überwacht, was ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet, jedoch auch eine Besonderheit in Bezug auf die Anforderungen darstellt. Die aktuelle Muster Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) schließt eine Abschaltung der Anlagen durch Kanalrauchschalter aus.
Aktiv geregelte DBA-Systeme
Moderne DBA-Systeme setzen auf eine aktive Differenzdruckregelung, die selbst bei kleineren Anlagen in Gebäuden mit geringerer Höhe Anwendung findet. Jedoch erfordert die Planung und Ausführung von DBA-Systemen in Gebäuden mit außergewöhnlicher Höhe und komplexer Geometrie, wie dem One Forty West, eine besonders intensive Integration von Umwelteinflüssen. Dies schließt die Berücksichtigung von Außentemperaturen, saisonalen Schwankungen und daraus resultierenden Strömungseffekten ein, da sie einen erheblichen Einfluss auf die Druckregelung haben. Insbesondere bei hohen oder freistehenden Gebäuden, komplexen Gebäudegeometrien und in Regionen mit hohen Windgeschwindigkeiten ist eine kontrollierte Abströmung über Fenster als Fassadenabströmung oft nicht möglich. In solchen Fällen muss ein Abströmschacht in die Planung integriert werden. Dieser wird ausschließlich für die Abströmung der Druckbelüftungsanlage genutzt und funktioniert unabhängig von Windeinflüssen. Der Zuluftvolumenstrom wird bei dieser Form der Abströmung unmittelbar nach erfolgter Tür-Durchströmung über einen vertikal verlaufenden Abströmschacht im Gebäudekern abgeführt. Zwingend erforderlich ist hierbei, dass der Abströmschacht in entsprechendem Feuerwiderstand ausgeführt wird. Die Einströmung der Luft erfolgt durch Entrauchungsklappen in den jeweiligen Geschossen. Die Anlage muss sicherstellen, dass nur die Entrauchungsklappe im Brandgeschoss zur Abströmung über den Abströmschacht geöffnet wird. Alle anderen Szenarien, die eine Öffnung weiterer Entrauchungsklappen in anderen Geschossen zur Folge hätten, sind in der Regelung gesperrt.
Die begrenzten Platzverhältnisse für die Anlagentechnik und die Abströmschächte stellten die Fachplaner und Architekten beim One Forty West vor eine herausfordernde Situation. Üblicherweise erfordern Abströmschächte Querschnitte von bis zu 1,50 Quadratmetern, um die gesamte Luftmenge nach der Türdurchströmung abzuleiten. Dies liegt daran, dass für die Abströmung lediglich der geringe Überdruck aus dem Treppenraum oder dem Feuerwehraufzug zur Verfügung steht. Um die maximale Türöffnungskraft von 100 N bei immer größeren und schwereren Türen einzuhalten, kann oft nur ein Differenzdruck von 30 bis 40 Pa erreicht werden. Dieser Überdruck muss ausreichen, um den Tür-Durchströmungsvolumenstrom von etwa 18 000 m³/h (je nach Türgröße) durch den Abströmschacht zu befördern.
Große Schachtquerschnitte mit niedrigem Druckverlust sind meist die unangenehme Folge. Um sie in diesem Hybrid-Hochhaus nun deutlich kleiner ausführen zu können, kamen aktiv geregelte Abströmschächte zum Einsatz. Die Abströmung erfolgt auch hier mittels vertikal verlaufender Abströmschächte. Dabei werden die Druckverluste der Luft durch redundante Abströmsysteme aus Ventilatoren und schnellregelnden Klappen überwunden. Diese sind auf den Schächten positioniert und saugen die Luft dynamisch aus dem Brandgeschoss über eine permanente Differenzdruckmessung und Regelung des Abström-Volumenstroms ab.
Durch den Einsatz dieser Technologie kann ein Abströmschacht (auch mit geringem Querschnitt) selbst in hohen Gebäuden vorgesehen werden. Es wurden Ventilatoren eingesetzt, die der Bauart von Entrauchungsventilatoren entsprechen und je nach den vorherrschenden Druckverhältnissen und dem Brandgeschoss mittels Frequenzumrichter geregelt werden. Zur präzisen Steuerung der Absaugung erfolgt die Differenzdruckmessung unmittelbar vor der Absaugstelle im notwendigen Flur. Daher ist in jedem Geschoss ein Differenzdrucksensor mit einer Druckabnahmestelle im geschützten Bereich zu installieren, wobei der eigentliche Sensor im Vorraum angebracht wird. Im Brandfall wird von der Druckbelüftungsanlage nur der relevante Sensor im Brandgeschoss ausgewertet.
Fazit
Druckbelüftungsanlagen haben sich in den vergangenen Jahren als äußerst zuverlässige Technologie zur Rauchfreihaltung von Sicherheitstreppenräumen und Feuerwehraufzügen bewährt. Die genauen Anforderungen variieren meist je nach Gebäude, werden jedoch hauptsächlich in Richtlinien wie der Hochhausrichtlinie und der MVV TB beschrieben. Meistens sind individuelle Lösungen für eine optimale Anforderungserfüllung erforderlich. Daher ist es wichtig, dass sich alle beteiligten Personen bereits in einer sehr frühen Planungsphase miteinander austauschen. Technologien wie der aktiv geregelte Abströmschacht bieten Planern und Architekten vielfältige Möglichkeiten und halten den Platzbedarf für die Anlagentechnik gering. Dadurch kann eine zuverlässige Anlagentechnik für ein hohes Maß an Sicherheit kosteneffizient und unauffällig in das Gebäude integriert werden. Futuristische, hochfunktionale, effektive und kreativ gestaltete Gebäude können erfolgreich mit den sicherheitstechnischen Anforderungen kombiniert werden, ohne dabei einen Widerspruch darzustellen. n