Lithium aus Deutschland: Potenzial für mehrere Jahrzehnte
Bis dato wird Lithium für die Produktion von Energiespeichern vor allem in Australien, Südamerika und China gewonnen. Doch auch Deutschland verfügt über große Ressourcen des Rohstoffs. Wie umfangreich die Vorkommen tatsächlich sind, haben Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie jetzt untersucht.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität braucht Europa viel Lithium für Batteriespeicher – es produziert bislang aber nur ein Prozent der weltweiten Fördermenge. Forschende des KIT haben deshalb Möglichkeiten analysiert, Lithium aus heimischen, geothermischen Quellen zu gewinnen. Das Ergebnis: „Theoretisch könnten bestehende Geothermiekraftwerke im Oberrheingraben und im Norddeutschen Becken zwischen zwei und zwölf Prozent des jährlichen Lithiumbedarfs in Deutschland decken“, berichtet Valentin Goldberg vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT. Gemeinsam mit einem Team weiterer Forschender hat er das Potenzial auf Basis einer umfangreichen Datenanalyse berechnet. Unklar war bislang allerdings, wie lange eine Förderung realistisch ist. In einer weiteren, jetzt in der Fachzeitschrift „Energies“ veröffentlichten Studie zeigen sich die Forschenden optimistisch: „Nach unseren Erkenntnissen ist ein Abbau mit geringen Umweltkosten über viele Jahre möglich“, so Goldberg.
Lithiumvorkommen in einem weit verzweigten Netz
„Das für die Studie entwickelte Modell beschreibt eine mögliche Lithiumförderung im Oberrheingraben, die Parameter sind aber so gewählt, dass sie sich auch auf andere Kluftsysteme übertragen lassen“, erläutert Goldberg. Die Förderung von Lithium aus Thermalwässern ist keine herkömmliche Form des Bergbaus, weshalb bei der Analyse auch nicht auf die dabei üblichen Methoden zurückgegriffen werden konnte. „Das im Wasser gelöste Lithium kommt in einem weitverzweigten Netzwerk aus Klüften und Hohlräumen im Gestein vor. Es ist aber nur punktuell über einzelne Bohrungen zugänglich“, erklärt Dr. Fabian Nitschke vom AGW, der ebenfalls an der Forschung beteiligt war. „Die Größe des Reservoirs hängt daher von der Wassermenge ab, die über die Bohrungen hydraulisch erschlossen werden kann.“
Um das Potenzial der Lithiumproduktion zu berechnen, mussten die Forschenden berücksichtigen, wie viel Wasser gefördert werden kann, welche Menge an Lithium dieses Wasser enthält und wie viel davon pro Zeiteinheit extrahiert werden kann. „Wir nutzen dafür eine dynamische Transportmodellierung, angelehnt an die Untergrundverhältnisse des Oberrheingrabens, bei der wir thermische, hydraulische und chemische Prozesse gekoppelt betrachten. Ähnliche Modelle sind bereits aus der Öl- und Gasindustrie bekannt, wurden aber bisher noch nicht auf Lithium angewendet“, so Nitschke.
Trotz Wasserrückführung konstante Lithiumkonzentration
Da bei der Geothermie das geförderte Wasser nach der Nutzung über eine zweite Bohrung wieder in den Untergrund zurückgeführt wird, war fraglich, ob der Lithiumgehalt des Tiefenwassers mit der Zeit geringer wird. Die Ergebnisse zeigen, dass die Lithiumkonzentration in der Förderbohrung im ersten Drittel des Betrachtungszeitraums von 30 Jahren durch Verdünnung mit dem zurückgeführten Wasser zwischen 30 und 50 Prozent abnimmt. Danach nähert sie sich aber einem konstanten Wert an. „Das ist auf das offene Kluftsystem zurückzuführen, das kontinuierlich frisches Tiefenwasser aus anderen Richtungen nachliefert“, sagt Nitschke. Basierend auf den Modellannahmen scheint eine kontinuierliche Lithiumförderung über Jahrzehnte möglich: „Im Grunde zeigt der Abbau dieser unkonventionellen Ressource einen klassischen Lagerstättenzyklus. Auch bei der Kohlenwasserstoffförderung oder im Erzbergbau ist die Ausbeute am Anfang am höchsten und nimmt dann allmählich ab“, so Nitschke.
Für Thomas Kohl vom AGW, der die Forschung als Professor für Geothermie und Reservoir-Technologie am KIT leitet, sind die Forschungsergebnisse ein weiteres Argument für einen breiten Ausbau der Geothermie: „Wir wussten bereits, dass die Geothermie uns über Jahrzehnte grundlastfähige, erneuerbare Energie liefern kann. Unsere Studie zeigt nun, dass ein einziges Kraftwerk im Oberrheingraben zusätzlich bis zu drei Prozent des jährlichen deutschen Lithiumbedarfs decken könnte.“
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