Rechtsgutachten zu „Fernwärme-Zwang“
Können Gebäudeeigentümer, die in eine Wärmepumpe investieren, im Falle eines späteren Fernwärmeausbaus dazu gezwungen werden, ihre neue Heizung wieder zu entfernen und sich an ein Fernwärmenetz anzuschließen? Ein jetzt vorgelegtes Rechtsgutachten beantwortet diese Frage eindeutig.
Viele Hauseigentümer, die sich für die Anschaffung einer Wärmepumpe interessieren, sind verunsichert. Neuester Aufreger: die kommunale Wärmeplanung und die damit verbundene Frage, ob die Nutzung von Fernwärme vorgeschrieben werden kann – beispielsweise auch dann, wenn man sich bereits für einen nachhaltigen Wärmeerzeuger wie eine Wärmepumpe entschieden hat. Muss diese gar wieder demontiert werden? Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) hat dazu nun ein Rechtsgutachten vorgelegt.
Rechtsgutachten: Anschlusszwang nicht verhältnismäßig
Die Investition in eine Wärmepumpe stehe wegen ihrer Klimafreundlichkeit unter einem besonderen Schutz, so die Einschätzung der auf Energierecht spezialisierten Kanzlei re|Rechtsanwälte aus Berlin. Das Durchsetzen eines Anschlusszwangs gegenüber dem Betreiber einer Wärmepumpe verstieße fast immer gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zudem müssten Satzungen zum Anschluss- und Benutzungszwang Ausnahmen für Wärmepumpen vorsehen, so die Experten.
Mögliche Ausnahme: Das Wärmenetz wird unwirtschaftlich
Das 22-seitige Rechtsgutachten führt aus, dass ein Anschluss- und Benutzungszwang grundsätzlich zulässig sei, wenn damit ein Gemeinwohlbelang wie Klimaschutz verfolgt werde. Gegenüber der Versorgung mit einer dezentralen Heizung, wie etwa einer Wärmepumpe, müsse das Durchsetzen eines Anschlusszwangs jedoch dem Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Die Verdrängung einer bereits installierten Wärmepumpe durch einen Fernwärmeanschluss sei in den allermeisten Fällen weder geeignet noch erforderlich oder angemessen. Nur in ganz extremen Fällen sei es denkbar, dass eine Ausnahme abzulehnen wäre, weil das gesamte Wärmenetz sonst unwirtschaftlich würde. Dies müsste die Gemeinde nicht nur anhand sachgerechter Kriterien regeln. Sie wäre auch gehalten, zunächst auf Heizungen zuzugreifen, von denen Emissionen ausgehen.
In dem etwas anders gelagerten Fall, dass sich jemand von einem bereits bestehenden Fernwärmenetzanschluss lösen möchte, um sich über eine neu zu installierende Wärmepumpe zu versorgen, kommt das Gutachten zu einem ähnlichen Ergebnis: Auch hier sei eine Ausnahme in der Regel zu gewähren.
Gemeinden sollten Satzungen nochmals prüfen
Aus dem Rechtsgutachten werde außerdem deutlich, dass die Fernwärmesatzungen vielerorts noch einmal geprüft werden sollten, so Gutachterin Dr. Miriam Vollmer. „Die Gemeinden müssen in ihren Satzungen zum Anschluss- und Benutzungszwang ausdrücklich Ausnahmen vorsehen, auf die sich Betroffene, die sich beispielsweise mit einer Wärmepumpe selbst versorgen wollen, berufen können. Ansonsten wäre die Satzung unwirksam.“
Planungsklarheit für Gebäudebesitzende
Erfreut über das klare Ergebnis des Rechtsgutachtens zeigt sich dessen Auftraggeber. Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP: „In vielen Städten und Gemeinden wird gerade erst mit der Wärmeplanung begonnen, auf belastbare Aussagen zum Ausbau von Fernwärmenetzen wird man dort noch einige Jahre warten müssen. Dabei ist die Ausweisung als Wärmenetzausbaugebiet oder dezentrales Versorgungsgebiet unverbindlich und kann sogar unter Verweis auf sogenannte Prüfgebiete noch verschoben werden. Wenn es dann überhaupt zur Ankündigung eines Fernwärmeausbaus kommt, kann sich dieser über einen Zeitraum von Jahrzehnten erstrecken und später auch wieder zurückgenommen werden. Auf dieser Grundlage können Hausbesitzer aber nicht planen. Unser Rechtsgutachten stellt nun klar: Niemand muss auf die Wärmeplanung warten.“
Kein grundsätzlicher Konflikt zwischen Wärmepumpe und Fernwärme
Einen grundsätzlichen Konflikt zwischen Wärmepumpe und Fernwärme sieht Sabel ausdrücklich nicht. „Der Großteil der deutschen Wohngebäude ist nicht in den Ballungsräumen oder Innenstädten. Vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser stehen zumeist in Randbezirken von Städten oder im ländlichen Raum, wo sich aufgrund der geringen Bebauungsdichte ohnehin kein Wärmenetz lohnt. Konflikte mit dem Fernwärmeausbau treten daher nur selten auf.“ Deshalb ermögliche es das Wärmeplanungsgesetz seiner Auffassung nach, dass Kommunen noch vor Beginn der eigentlichen Wärmeplanung im Rahmen einer Eignungsprüfung klarstellen, wo Gebäudeeigentümer mit einem Wärmenetz nicht zu rechnen brauchen.
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