Regionales Nahwärmekonzept mit Holz und Sonne
Bereits im Frühjahr 2015 nahmen die Planungen für ein örtliches Nahwärmenetz im rheinland-pfälzischen Ellern konkrete Formen an. Nach etwas mehr als drei Jahren in der Planungs- und Umsetzungsphase konnten dann die ersten Nutzenden ihre Gebäude mit der eigenen „Dorfwärme“ beheizen.
Entstanden ist in dem 900 Einwohner-Dorf ein mit Holzhackschnitzeln beheiztes, solarthermisch unterstütztes Nahwärme-Verbundnetz. „Wir haben das mit wenigen Leuten vorangebracht, aber alle mitgenommen und im Ergebnis festgestellt, dass sich Nahwärme rechnet“, so der Ortsbürgermeister Friedhelm Dämgen. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 2018 wurden 132 Haushalte, ein Fensterbaubetrieb sowie zahlreiche Kommunalgebäude an das Wärmenetz angeschlossen. Möglich wurde dies auch durch die enge Kooperation mit der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen.
Das Herzstück des Nahwärmekonzepts bildet ein Biomassekessel zur Verbrennung von Holzhackschnitzeln aus der Region. Die Feuerstätte arbeitet modulierend mit Vorschubrostbetrieb und vollautomatisch im Leistungsbereich von 270 bis 800 kW. In Ellern werden auf diese Weise jährlich etwa 2.000 bis 2.500 MWh Wärmeenergie erzeugt, die über einen 105 Kubikmeter fassenden Pufferspeicher den Verbrauchern zugeführt wird.
Verbrannt wird sogenanntes Grobhackgut der Klassifizierung G 100, das in einem 150 Kubikmeter fassenden Bunker gelagert wird. Bei einem Wassergehalt von maximal 50 Prozent (W 50) bietet der Brennstoff – je nach Zusammensetzung des Holzmaterials – einen Heizwert von etwa 600 bis 850 kWh pro Schüttraummeter. Ein wichtiges Qualitätskriterium ist die Gleichförmigkeit des Rohmaterials. Übergroße Stücke könnten zu Störungen im Betrieb der Anlage führen; ein zu hoher Feinanteil gegebenenfalls zu erhöhten Emissionen.
Partikelabscheider für automatische Abreinigung
Um die Anforderungen gemäß der 1. BImSchV, Bundesimmissionsschutzverordnung, noch deutlicher zu unterschreiten und die Anlage damit emissionsärmer zu betreiben, kommt hinter dem Wärmeerzeuger ein Partikelabscheider des Herstellers Schmid zum Einsatz. Das Wirkungsprinzip beruht auf der elektrostatischen Abscheidung von Grob- und Feinstaub in speziellen Röhren. Die automatische Abreinigung erfolgt in diesem Bereich etwa alle vier Betriebsstunden für die Dauer von circa zwei Minuten. Der geringe Stromverbrauch macht derartige Partikelabscheider zu einem effizienten und zugleich äußerst pflegeleichten Reinigungssystem.
Die Abgasführung erfolgt anschließend über ein doppelwandiges Edelstahlsystem vom mit einem Innendurchmesser von 500 Millimetern in Elementbauweise. Das DW-Abgaselement besteht im Detail aus einem Edelstahlaußenrohr mit der Werkstoffnummer 1.4301 sowie einer 30 Millimeter starken und fugendicht eingebrachten Wärmedämmung, die niedrige Oberflächentemperaturen sicherstellt. Als WPG-Ausführung im Werkstoff 1.4539 für Stückholz, Holzpellets und Hackschnitzel ist das System auch für die feuchte Betriebsweise nach einem etwaigen Rußbrand zugelassen. Das umfangreiche Zubehör mit Formteilen für nahezu alle Situationen, Befestigungen, Dachdurchführungen ergänzen das System.
Um eine wirksame Schornsteinhöhe von etwa zehn Metern zu realisieren, musste die Abgasführung an der Heizzentrale mithilfe einer feuerverzinkten Kragarmkonstruktion nach DIN EN 13084–8 und einer Profilstärke von 150 mal 150 Millimetern montiert werden. Dipl.-Ing. (FH) Michael Erlhof, Leiter der Raab-Academy: „Derartige Abgasanlagen sind Spezialbauwerke mit hohen Anforderungen an die Betriebs- und Verkehrssicherheit. Aus der DIN EN 13084 Teil 1 ergibt sich daher eine wiederkehrende Zustandsüberwachung, die mindestens im Abstand von zwei Jahren durchzuführen ist.“
Regelmäßige Zustandsüberwachung
Dipl.-Ing. (FH) Marc Meurer ist als zuständiger Projektleiter der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen auch für den sicheren Betrieb der Heizzentrale in Ellern verantwortlich. Die Kommune ist Bauherr und Betreiber von insgesamt sechs Nahwärmenetzen dieser Art. Von der Wartung bis zum Abrechnungswesen fällt nahezu alles in diesen Zuständigkeitsbereich. Seiner Meinung nach ist eine derartige Auflage absolut nachvollziehbar: „Im Sinne der Verkehrs- und Betriebssicherheit ist eine Überprüfung derartiger Abgasanlagen durchaus angebracht.“ Michael Erlhof ergänzt als Energieberater wie folgt: „Um nach einigen Betriebsjahren den Zustand der Abgasanlage zu beurteilen, wurde in Anlehnung an DIN 13084 eine Zustandsüberwachung durchgeführt. Das Ergebnis belegt die hohe Qualität beider Abgasanlagen. Alle relevanten Prüfpunkte ergaben keinen Anlass für Beanstandungen“.
Fazit
Die Heizzentrale in der Ortsgemeinde Ellern garantiert eine betriebssichere Bereitstellung von bedarfsgerechter Wärme für die Dorfbevölkerung. Die Energieversorgung erfolgt über den nachwachsenden und CO2-neutralen Brennstoff Holz. Projektleiter Marc Meurer: „Wir haben als Kommune die Aufgabe, eine derartige Anlage langfristig sicher sowie wirtschaftlich sinnvoll zu betreiben, damit die Bürger den größtmöglichen und kostengerechten Nutzen davon haben. Außerdem macht uns die regionale Brennstoffversorgung unabhängig von internationalen Energiemärkten und stärkt die heimische Wirtschaft.“