TGA-Planung für flexible Produktion
Der traditionsreiche Hersteller von Präzisionswerkzeugen Emuge erweitert seine Produktionsstätten am Hauptstandort in Franken, da die bisherigen Abteilungen an ihre Kapazitätsgrenze gekommen sind. Der Neubau sollte dabei höchsten energetischen Ansprüchen genügen und eine Nutzung bereits während der Fertigstellung ermöglichen.
Beim Bau der vierteiligen Fertigungshalle der Emuge – Werk Richard Glimpel GmbH & Co. KG war das niederbayerische Energie-Fachingenieurbüro Gammel Engineering aus Abensberg an allen Leistungsphasen für die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) maßgeblich beteiligt. Die Ausstattung umfasst die komplette Lüftungs-, Sanitär- und Heizungstechnik sowie die Kälteversorgung und Druckluftverteilung. Von den ersten Konzeptideen bis zur Übergabe der TGA für die 20 000 Quadratmeter umfassenden Produktionsflächen nahm das Projekt etwas mehr als fünf Jahre in Anspruch. „Die erste Mail erhielten wir von Dr. Stefanie Reil, der damaligen Ansprechpartnerin für Projektentwicklung bei Gammel, im Mai 2018“, erinnert sich Dorothea Lindner, Emuge-Mitarbeiterin der Gebäudetechnik. Zunächst stand die Frage im Fokus, wie der Neubau energetisch optimal zu versorgen sei. Auch einen Kälteverbund, den der Neubau mit dem Gebäudebestand bilden sollte, galt es dabei zu berücksichtigen. „Dafür wurde im Rahmen einer Machbarkeitsstudie die optimale Auswahl der Systeme ermittelt“, so Lindner. Im Jahr 2020 wurde Gammel Engineering dann mit der Umsetzung beauftragt, also mit den Leistungsphasen 1 bis 8 nach HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure).
Kriterium 1: Die Auswahl verlässlicher Partner
Die Planung über alle Phasen und die örtliche Bauüberwachung für die TGA lag in der Verantwortung von Florian Prantl, Projektleiter bei Gammel, und seinem dreiköpfigen Team: „Vom Auftraggeber wurden sehr hohe Qualitätsstandards an die Planung und die Ausführung vorgegeben“, betont Prantl. „Wir haben nicht nur die Technik, sondern auch die Fabrikate der zentralen Anlagen genau geprüft und verglichen, bevor wir uns für eines entschieden haben. Bei der Auftragsvergabe wurde neben der Wirtschaftlichkeit des Angebots auch die vermittelte Kompetenz im Rahmen der Vorgespräche berücksichtigt.“ Das stellte sich als das richtige Vorgehen heraus, da zu jeder Zeit zuverlässige Partner auf der Baustelle waren, um das Projekt ohne größere Verzögerungen zu realisieren. Ein wichtiger Erfolgsfaktor hierfür sei auch die partnerschaftliche, faire Zusammenarbeit mit den Bauherren und ausführenden Firmen über die gesamte Bauzeit gewesen.
Kriterium 2: Sondierung der Bedarfe
Als Gammel Engineering den Planungsauftrag für die Ausrüstung des Neubaus mit Lüftungs-, Sanitär- und Heizungstechnik, Kälteversorgung und Druckluftverteilung bekommen hat, stand der Plan für das Gebäude bereits. „Wir haben uns auf Basis der Vorstudie unserer Projektentwicklung intensiv mit dem Bauherrn im Detail abgestimmt, wie die Energieerzeugung und -verteilung erfolgen sollen“, berichtet Prantl. Emuge hatte sehr klare Vorstellungen: Im Gebäude, das in vier jeweils zweistöckige Produktionshallen unterteilt ist, soll die Grundinstallation der Lüftungstechnik und Druckluftverteilung eine flexible Versorgung ermöglichen. Genauer gesagt sollte es möglich sein, die zukünftige Produktion jeweils nach spezifischen Notwendigkeiten bestücken und die Fertigungsmaschinen entsprechend ihrer prozessbedingten Anordnung an die TGA-Infrastruktur anschließen zu können. Diese Flexibilität der Produktion bildet die Voraussetzung für die zukünftige kundenorientierte strategische Unternehmensentwicklung.
Kriterium 3: Versorgungssicherheit
„Das neue Gebäude ist mit sämtlichen Versorgungsgewerken autark ausgelegt. So verfügt der Neubau über eine eigene Mittelspannungs- und Erdgaszuleitung“, berichtet Lindner. Zudem gibt es eine Verbindung über eine Medien- und Fußgängerbrücke zwischen Neubau auf der einen und der bestehenden Fertigung auf der anderen Straßenseite. Somit wurde ein Verbund der beiden Technikzentralen im Bestand und Neubau für eine energieeffiziente Versorgung mit Kaltwasser und als weiterer Faktor für die Versorgungssicherheit geschaffen. Die Nutzung des Gebäudes wurde bereits aufgenommen. „So gab es die ersten Maschinenumzüge, um den Platzbedarf einiger Abteilungen zu decken und Erweiterungsmöglichkeiten der Produktion zu ermöglichen“, so Lindner.
„Neben der Verteilung und Trassenführung war insbesondere die Raumhöhe ein wesentliches Thema“, berichtet Prantl. In weiten Bereichen mussten die hohen Anforderungen des Bauherrn an Versorgungssicherheit, Redundanz und Qualität, aber auch an die Optik, in den üblichen Planungsprozess mit einfließen. Diesen Ansprüchen wurde dahingehend Rechnung getragen, dass von allen produktionsrelevanten Erzeugern jeweils zwei Geräte redundant bereitgestellt sind, sodass bei Ausfall eines Geräts immer mindestens ein Teil der Produktion weiter versorgt und betrieben werden kann. In Bezug auf die Kälteerzeugung setzte der Bauherr auf eine zukunftssichere, vorausschauende Planung. Man entschied sich nach Technologievergleich für das natürliche Kältemittel Ammoniak (NH3), da dieses neben der guten Wärmeübertragung eine sehr gute CO2-Bilanz aufweist.
Kriterium 4: Nachhaltigkeit
Für die Lüftung sorgen gleich 15 Einzelanlagen – 400.000 Kubikmeter müssen pro Stunde umgewälzt werden. Die Kälte wird mit zwei Kompressionskältemaschinen von je 1,2 Megawatt Kälteleistung erzeugt, zwei Gas-Heizkessel mit je 900 Kilowatt Leistung sorgen für die Wärme. „Im Wesentlichen wird jedoch die Abwärme der Produktionsmaschinen, der Ölkühlung und der Kompressoren für die Beheizung des Gebäudes und die Warmwasseraufbereitung genutzt“, erklärt Lindner einen wesentlichen Vorteil des Versorgungskonzepts. Die Erzeuger von Kühl-, Kalt- und Heizungswasser sind in diesem Fall im sogenannten „Technik-Penthouse“ oben auf dem Dach des zweistöckigen Baus untergebracht. Auch die Lüftungsgeräte selbst befinden sich auf dem Dach.