Große Mehrheit für den Ausbau von erneuerbaren Energien
81 Prozent der deutschen Bevölkerung stehen hinter dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Doch eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt auch: Die Prioritäten haben sich verschoben.
„Unsere Umfrage zeigt einmal mehr, dass die Zustimmung der Bevölkerung gegenüber den Erneuerbaren sehr hoch ist“, sagt Dr. Robert Brandt. Allerdings sorgen die aktuelle weltpolitische Lage und die andauernde Inflation dafür, dass Themen wie der Klimawandel an Aufmerksamkeit verlieren, so der Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). Deutschlandweit hatten die Meinungsforscher von YouGov im Auftrag der Berliner über 1.000 Personen zur Bedeutung der Erneuerbaren befragt.
Weiterhin hohe Akzeptanz – aber geringere Dringlichkeit
„Die Abkehr von russischem Gas und die dadurch steigenden Preise haben 2022 eine hohe Akzeptanz für die heimischen erneuerbaren Energien bewirkt“, berichtet Brandt. Aktuell aber habe sich der Fokus auf die Klimakrise als unmittelbare Gefahr verschoben: Gaben 2022 in Erwartung einer Gasmangellage bei der Akzeptanzumfrage der AEE noch 41 Prozent an, der Ausbau erneuerbarer Energien sei ihnen „außerordentlich wichtig“, waren es in 2023 nur noch 28 Prozent. Als „sehr wichtig“ erachten den Ausbau 27 Prozent, „wichtig“ ist er für 26 Prozent. Damit bleibt die Bedeutung hoch, allerdings scheint der Ausbau vielen Teilnehmenden weniger dringlich.
Positive Erfahrungen mit Erneuerbaren in der Nachbarschaft
Gefragt nach dem potenziellen Bau neuer Anlagen in der Umgebung des eigenen Wohnortes befürworten dies 57 Prozent. Die Zustimmung für Solardächer (76 Prozent), Solarparks (59 Prozent) und Agri-PV-Anlagen (57 Prozent) waren die höchsten unter den verschiedenen Technologien. Es folgen Geothermie, Windenergie, Biogasanlagen und Höhenwindenergieanlagen. Haben die Befragten bereits Erfahrung mit Erneuerbare-Energien-Anlagen, ist die Zustimmung höher. Alle sieben Technologien und die Strommasten der Überland-Stromleitungen wurden deutlich positiver bewertet, wenn bereits Erfahrungen mit entsprechenden Anlagen in der Nachbarschaft bis fünf Kilometer vorhanden sind. Die Zustimmung für Windenergie stieg beispielsweise von 42 auf 56 Prozent, die der Biogasanlagen von 37 auf 58 Prozent.
Auf die Frage „Unter welchen Umständen würden Sie den Bau neuer Erneuerbare-Energien-Anlagen in Ihrer Nachbarschaft befürworten“, gaben 50 Prozent der Teilnehmenden an: „Wenn ich damit günstiger Energie bekäme“. 31 Prozent unterstützen es, „wenn die Gemeinde finanziell davon profitieren würde“. 14 Prozent gaben sogar an, den Bau solcher Anlagen auch ohne bestimmten Vorteil zu unterstützen, während lediglich elf Prozent dies grundsätzlich nicht befürworten würden.
Viele offene Fragen zum Heizungstausch
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Fünf Prozent der Befragten heizen bereits erneuerbar. 40 Prozent betonten, dass sie selbst diese Entscheidung nicht treffen könnten, da sie zur Miete, in einer Wohngemeinschaft oder Ähnlichem wohnen. Fast ein Drittel gab an, keinen Austausch ihrer fossilen Heizung zu planen. Erst 14 Prozent planen in naher Zukunft den Umstieg auf eine klimafreundliche Wärmetechnologie.
Unter Denjenigen, die einen Heizungswechsel planen, antworteten 33 Prozent, dass sie nicht wüssten, ob für sie ein Anschluss ans Fernwärmenetz überhaupt möglich sei oder ob sie eine eigene Heizung benötigen würden. 29 Prozent wissen nicht, welche Förderung in Anspruch genommen werden kann und wie sie diese beantragen könnten. Weiterhin fragen sich viele Befragte, welche Heizung in ihrem Zuhause funktioniert, welche Heizung letztendlich die kostengünstigste ist, ob und wann die jetzige Heizung ausgetauscht werden muss oder wo sie eine neutrale Beratung erhalten können. „Die Fragen, die sich die Menschen stellen, sind ein Spiegel dafür, wie entscheidend Kommunikation für den Erfolg der Energiewende in Deutschland ist“, so AEE-Geschäftsführer Brandt.
Kaum Bereitschaft für Investitionen
Entgegen der häufigen Annahme, dass die Bevölkerung Klimaschutz ohne eigenes Engagement wolle, verdeutlicht die Akzeptanzumfrage die Bereitschaft dieser, selbst zur Erreichung der Klimaziele und zum Erhalt des Wohlstands beizutragen. 51 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden gaben an, hierfür Energie einsparen zu wollen. Mit Blick auf eigene Kosten sind die Befragten jedoch zurückhaltender. Nur 15 Prozent würden ein Elektroauto kaufen oder in eine erneuerbare Wärmeerzeugung investieren. „In solch politisch unsicheren Zeiten scheuen die Bürgerinnen und Bürger oft große Investitionen“, interpretiert Brandt die Ergebnisse. „Dennoch sind sie willens, selbst etwas zu unternehmen.“ Das sei ein sehr gutes Zeichen.
Verunsicherung bei flexiblen Stromtarifen
Auf die Frage, ob sich die Umfrage-Teilnehmenden vorstellen könnten, ihren privaten Stromverbrauch zeitlich anzupassen und die Möglichkeit variabler Stromtarife zu nutzen, antworteten 42 Prozent mit „Ja“, 22 Prozent gaben „weiß nicht / keine Angabe“ an und 35 Prozent sprachen sich dagegen aus. Als Gründe für ein „Nein“ wurden am häufigsten genannt: „Mir ist ein fester, möglichst langfristiger Preis wichtiger“ (47 Prozent), „Ich möchte beziehungsweise kann meinen Stromverbrauch nicht zeitlich anpassen“ (45 Prozent) und „Mir ist das Risiko von steigenden Kosten zu groß“ (41 Prozent).
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