Hauseigentümer investieren verstärkt in Solarenergie
Die Anzahl der Photovoltaikanlagen im niedrigen Leistungsbereich hat in den vergangenen Jahren überproportional stark zugekommen. Doch warum setzen immer mehr Privathaushalte auf die Kraft der Sonne?
Photovoltaikanlagen auf Dächern von Einfamilienhäusern waren lange Zeit sehr selten gesehen. Hausbesitzer, die sich für die Nutzung von Sonnenenergie interessierten, galten als Technik-Nerds oder Idealisten. Doch seit einigen Jahren verändert sich diese Wahrnehmung: Immer mehr Menschen entdecken und nutzen die Chancen der solaren Energie. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) haben die Angaben im Marktstammdatenregister (MaStR) zu neu installierten Photovoltaikanlagen in Deutschland ausgewertet. Hier zeigt sich ein eindeutiger Trend.
Leistungszubau: Anteil kleinerer Anlagen massiv gestiegen
Die Bedeutung klein dimensionierter Anlagen hat nach den Auswertungen der Forschenden in den vergangenen Jahren stark zugenommen: So wuchs beispielsweise der Anteil von Aufdachanlagen kleiner 30 Kilowatt für den Leistungszubau von 18,8 % in 2018 auf 36,2 % in 2021. „Der Wegfall der Umlagepflicht auf Selbstverbrauch für PV-Anlagen im Segment zehn bis 30 Kilowatt macht sich hier bemerkbar“, so der Autor der Kurzstudie Dominik Peper. Einen besonders starken Zuwachs verzeichneten die Anlagen im Bereich zehn bis 20 Kilowatt, eine typische Größe für Privathäuser. Im Jahr 2020 entfielen auf dieses Segment nur 2,7 %, im darauffolgenden Jahr machte es 11,5 % des Leistungszubaus aus. Weitere Effekte dürften durch die Aufhebung der im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bisher festgeschriebenen Leistungsgrenzen spürbar werden, so die Experten: Im Jahr 2021 wiesen 78,9 % aller zugebauten PV-Anlagen eine Leistungsbegrenzung auf, das heißt sie dürfen gemäß EEG nur maximal 70 % ihrer Leistung ins Netz einspeisen, weil sie über kein fernsteuerbares Einspeisemanagement verfügen. Diese vor allem für Anlagen bis 30 Kilowatt geltende Begrenzung ist nach der EEG-Novelle für Neuanlagen (kleiner 25 Kilowatt) ab dem 1. Januar 2023 nicht mehr relevant.
Aufstellung von PV-Anlagen: Ost-West-Ausrichtung wird populärer
Auch in Bezug auf die Ausrichtung der PV-Anlagen haben die Forschenden neue Erkenntnisse gewonnen: Der Anteil der Richtung Süden, Süd-West und Süd-Ost ausgerichteten Anlagen sinkt seit 2013. Die Ost-West gerichteten Anlagen machten 2021 bereits 10,8 % des Zubaus aus. „Dies ist eine erfreuliche Entwicklung, da diese Ausrichtung sehr netzdienlich ist und zu einer Verstetigung der Photovoltaik-Leistung über den Tag beiträgt“, erläutert Studienautor Peper. Auch bei der zugebauten Kapazität sank der Anteil der nach Süden ausgerichteten Anlagen weiter und lag 2021 bei 55,2 %.
Der Großteil der neu installierten Anlagen (57,1 %) weist einen Neigungswinkel zwischen 20 und 40 Grad auf, Anlagen mit flachen Neigungswinkeln sind rückläufig (2021: 19 %). Fassadenintegrierte Anlagen spielen mit rund 0,1 % der 2021 zugebauten Leistung kaum eine Rolle.
Größter Zubau nach wie vor in Süddeutschland, aber der Norden holt auf
Der Süden Deutschlands galt lange Jahre als Vorreiterregion der Photovoltaik: In den Jahren von 2000 bis 2009 wurden die bundesweit meisten PV-Anlagen in Bayern und Baden-Württemberg errichtet. Durchschnittlich 59,6 % des Zubaus erfolgte in diesem Zeitraum in Süddeutschland. Zwischen 2010 und 2019 ging der Anteil auf durchschnittlich 44,5 % zurück. Zeitgleich steigerte Nordrhein-Westfalen seinen durchschnittlichen Beitrag von 14,1 auf 19,6 % in 2021, Niedersachsens Anteil stieg auf 10,9 %, Rheinland-Pfalz auf sechs Prozent. Auch die Anteile von Brandenburg, Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt wachsen.
Batteriespeicher: Verbesserte Technik führt zu größerem Einsatz
Im Zuge ihrer Auswertungen haben sich die Forschenden des Fraunhofer ISE auch mit den genutzten Batteriespeichern beschäftigt. Hier wurden die Kapazitätsklassen ausgewertet, die Studienverfasser von einer Untererfassung im MaStR ausgehen mussten. Grundsätzlich nimmt die Anzahl der neu installierten Batteriespeicher in Deutschland rasant zu: zwischen 2019 und 2020 verdoppelte sich der Zubau und legte nochmals nach. Ende 2021 waren in Deutschland 326 048 Batteriespeicher mit einer Gesamtkapazität von 3 521 Megawattstunden installiert, wovon mehr als ein Drittel erst in 2021 hinzugekommen war.
Batteriespeicher zwischen fünf und zehn Kilowattstunden, sprich klassische PV-Heimspeicher, sind sowohl hinsichtlich der Anzahl der Neuanlagen als auch bei der Kapazität die wichtigste Anlagenklasse. Zwischen 2014 und 2021 machten sie durchschnittlich 40,3 % der neuen Kapazität aus. Das Forscherteam des Fraunhofer führt dies auf die gefallenen Preise für Batteriespeicher, die gleichzeitig steigenden Strompreise sowie ein Autarkiebestreben bei den Anlagenbetreibern zurück. Auch die Leistungsklasse zehn bis 20 Kilowattstunden baute ihren Anteil am Zubau in 2021 aus – auf 32,8 %.
Welche Informationen umfasst das Marktstammdatenregister?
Seit Januar 2021 müssen im Markstammdatenregister alle an das Netz der allgemeinen Versorgung angeschlossenen Stromerzeugungseinheiten eingetragen werden. Zusätzlich zu den Angaben zu Leistung und Standort einer PV-Anlage, die bereits im Erneuerbare-Energien-Gesetz-Register (EEG-Anlagenstammdaten) vermerkt wurden, erfasst das Markstammdatenregister weitere Informationen wie Ausrichtung, Neigung und Leistungsbegrenzung.
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