Photovoltaik: Forschungsprojekt zu organischen Solarzellen gestartet
Wenn Energie aus Sonnenkraft gewonnen wird, geschieht dies zumeist unter Einsatz von Silizium-Photovoltaik. Organische Solarzellen werden bisher kaum genutzt. Ein Forschungsprojekt des Karlsruher Instituts für Technologie soll dies ändern.
Während Silizium-Photovoltaik heute allgegenwärtig zur Energiegewinnung eingesetzt wird, wurde der Nutzen von organischen Solarzellen bisher weit unterschätzt, sind sich die Karlsruher sicher. Ob auf Glasflächen von Gebäuden, Gewächshäusern oder Fahrzeugen – mit semitransparenter Photovoltaik könnten für eine klimafreundliche Energieversorgung nutzbare Flächen deutlich vergrößert werden. Im Forschungsprojekt „Semtrasol“ (steht für: Druckbare semitransparente organische Solarzellen für Photovoltaikflächen der Zukunft) entwickeln Forschende des KIT dafür Solarzellen mit präzise einstellbaren Absorptionseigenschaften und hohem Wirkungsgrad. Die Vector Stiftung fördert die Forschungsarbeiten im Rahmen des Nachwuchsgruppenprogramms „MINT für die Umwelt“ mit einer Million Euro für vier Jahre.
Viele Anwendungsmöglichkeiten durch semitransparente Herstellung
Organische Solarzellen seien nicht nur leicht, ungiftig, unabhängig von seltenen Rohstoffen und können preisgünstig sowie großflächig gedruckt werden. Im Vergleich zu anderen Photovoltaik-Technologien haben sie eine weitere herausragende Eigenschaft: Sie können semitransparent hergestellt werden, was viele neue Anwendungen ermöglicht. Dennoch sei der große Durchbruch auf dem Markt bislang ausgeblieben, berichtet Dr. Christian Sprau vom Lichttechnischen Institut des KIT. Mit seiner gerade gestarteten Forschungsgruppe und dem Forschungsprojekt „Semtrasol“ will er das ändern: „Mit neuen Materialkonzepten und neuesten organischen Halbleitern gelingt es heute immer besser, die Absorptionseigenschaften organischer Solarzellen präzise zu steuern und einen hohen anwendungsspezifischen Wirkungsgrad zu erzielen.“ Dadurch werde etwa hocheffiziente Photovoltaik auf Glasfronten denkbar, die nicht weiter ins Auge fällt.
Definition spezieller spektraler Bereiche möglich
Organische Solarzellen nutzen kohlenstoffbasierte Halbleiter, die sich typischerweise durch schmalbandige Absorptionsbereiche auszeichnen. Dank der Entwicklung neuartiger Akzeptoren können sie im Labor heute Wirkungsgrade von bis zu 20 Prozent erreichen. Durch die Vielzahl dieser neuen Materialien und in Kombination mit gezieltem Bauelementdesign sei es möglich, mit einer semitransparenten Solarzelle einstrahlendes Licht in genau definierten spektralen Bereichen zu absorbieren, so das Forscherteam. Auf diese Weise ließen sich zukünftig Flächen mehrfach nutzen, erläutert Sprau: „In der Agrivoltaik beispielsweise müssen lediglich die zum Wachstum notwendigen Wellenlängen die Pflanzen erreichen, wohingegen sie vor anderen spektralen Anteilen des Lichts geschützt und so vor dem Austrocknen bewahrt werden können. Die Fensterfront eines Hochhauses wiederum muss nur das Licht passieren lassen, welches das menschliche Auge als Helligkeit wahrnimmt. In beiden Fällen lassen sich gleichzeitig mit den ungenutzten Anteilen des Sonnenlichts hohe Energieernten erzielen.“
„Semitransparente Solarzellen werden zu unserem Alltag gehören“
Nach Einschätzung des Forschungsteams am KIT wird eine doppelte Flächennutzung durch Photovoltaik eine wichtige Rolle spielen, damit Deutschland und Europa die Klimaneutralität rechtzeitig erreichen können. Die technologischen Voraussetzungen seien erfüllt, mit Semtrasol wolle man sie nun miteinander kombinieren. „Konkrete Ziele sind das Maßschneidern der Transparenz, eine druck- und skalierbare Bauelementarchitektur, die Verwendung neuester Materialien und eine umweltfreundliche Herstellung“, erläutert Sprau. „Trivial ist das nicht, aber ich bin davon überzeugt, dass semitransparente Solarzellen in nicht allzu ferner Zukunft ganz selbstverständlich zu unserem Alltag gehören werden.“