Wechselrichter speist direkt ins Mittelspannungsnetz
Erst umfangreiche Leistungselektronik und Transformatoren sorgen dafür, dass aus der Kraft der Sonne für den Verbraucher nutzbarer Strom entsteht. Eine Entwicklung aus Freiburg könnte nun dazu beitragen, den Weg regenerativer Energien in Deutschlands Stromnetze maßgeblich zu verkürzen.
Die wichtigste Elektronikkomponente um in Photovoltaikanlagen erzeugten Strom nutzbar zu machen, sind sogenannte Wechselrichter. Sie wandeln den von Solarmodulen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um und speisen ihn in das Niederspannungsnetz ein. Über große 50-Hz-Transformatoren werden sie dann an das Mittelspannungsnetz gekoppelt. Forschern des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg (Fraunhofer ISE) ist es nun gelungen diesen Weg zu vereinfachen. Im Rahmen des Projekts „SiC-MSBat – Mittelspannungsumrichter mit Hochvolt-SiC-Leistungsmodulen für Großspeicher und systemdienliche Verteilnetze“ wurde im Breisgau gemeinsam mit Partnern ein kompakter Wechselrichter zur direkten Einspeisung in das Mittelspannungsnetz entwickelt und erfolgreich in Betrieb genommen.
Einspeisung auf Mittelspannungsebene zukünftig unumgänglich
Möglich wird die direkte Einspeisung in das Mittelspannungsnetz durch den Einsatz neuartiger Transistoren aus Siliciumkarbid (SiC). Aufgrund ihrer hohen Regeldynamik können SiC-Wechselrichter netzstabilisierende Aufgaben übernehmen und beispielsweise als Netzfilter fungieren, um Oberwellen im Mittelspannungsnetz zu kompensieren. Außerdem kann man damit weit höhere Leistungsdichten erzielen als herkömmliche Wechselrichter. Dies führt zu einem kompakten Aufbau, was vor allem dann ein Vorteil ist, wenn Anlagen im innerstädtischen Bereich gebaut oder bestehende Altanlagen nachgerüstet werden sollen. Neben den reinen Systemkosten spielen gerade in Stadtgebieten auch die Bau- und Infrastrukturkosten eine große Rolle.
Die zukünftigen Anwendungsgebiete für den Einsatz von hochsperrenden SiC-Bauelementen im Bereich der Mittelspannung seien vielfältig: „Gerade bei großen Photovoltaikkraftwerken geht der Trend zu immer höheren Spannungen“, so Andreas Hensel, Teamleiter Leistungselektronik für die Mittelspannung am Fraunhofer ISE. „Mit der seit wenigen Jahren verfügbaren 1 500-V-PV-Technologie wird die Niederspannungsrichtlinie bereits voll ausgereizt. Der nächste Schritt wird hier der Übergang zur Einspeisung auf Mittelspannungsebene sein, welcher weitere Einspar- und Verbesserungspotenziale im Systemkonzept von PV-Kraftwerken mit sich bringen wird“, ist der Experte überzeugt. Weitere Anwendungsgebiete von Mittelspannungsleistungselektronik seien neben regenerativen Kraftwerken und großen Batteriespeicheranlagen auch Antriebssysteme und die Bahntechnik.
Leistungsfähige Silicium-Transistoren und aktive Flüssigkeitskühlung
Bei dem im Rahmen des Projekts zusammen mit den Unternehmenspartnern Semikron Elektronik und STS Spezial-Transformatoren Stockach entwickelten Wandler handelt es sich um ein 250-kW-Wechselrichter-Stack zur Einspeisung in 3-kV-AC-Netze. Die neuartigen 3,3-kV-SiC-Transistoren überzeugen mit deutlich geringeren Verlustleistungen als vergleichbare Silicium-Transistoren. Daher kann der Wechselrichter-Stack mit einer Schaltfrequenz von 16 kHz getaktet werden. Mit Silicium-Transistoren nach dem aktuellen Stand der Technik sind in dieser Spannungsklasse nach Angaben der Freiburger Forscher bisher nur etwa 10-mal kleinere Schaltfrequenzen möglich. Positiver Effekt: Die hohe Schaltfrequenz ermöglicht Einsparungen bei den passiven Bauelementen, da diese kleiner dimensioniert werden können.
Eine weitere Besonderheit des Wechselrichters ist seine aktive Flüssigkeitskühlung mit einem synthetischen Esther als Kühlmedium. Dieses wird durch den Wechselrichter gepumpt und kühlt sowohl die Transistoren über einen Flüssigkeitskühlkörper als auch die Filterdrosseln, die in einem geschlossenen Tank untergebracht sind. Gleichzeitig dient das Kühlmedium für die Filterdrosseln als elektrisches Isolationsmedium, wodurch die Filterdrosseln noch kompakter gebaut werden können.
Fraunhofer erzielt Wirkungsgrad von 98,4 %
Der Wechselrichter wurde in den Laboren des größten Solarforschungsinstitut Europas bereits erfolgreich aufgebaut und getestet. Bei der Nennleistung erzielte er nach Angaben des Fraunhofer ISE einen Wirkungsgrad von 98,4 %. Die Konstruktion des Geräts erlaubt das modulare Zusammenschalten von mehreren Wechselrichter-Stacks, um so Systemleistungen von mehreren Megawatt zu erreichen. Unter Berücksichtigung von zusätzlichem Bauraum für Schaltgeräte und Kühlaggregat kann eine Volumeneinsparung des Wechselrichtersystems von bis zu 40 % gegenüber kommerziellen Wechselrichtersystemen dieser Spannungsklasse erreicht werden.
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