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Stromversorgung durch Floating-PV 07.08.2024, 14:21 Uhr

Welches Potenzial birgt schwimmende Photovoltaik?

Könnten auf dem Wasser installierte Photovoltaik-Anlagen helfen die deutsche Stromversorgung nachhaltiger zu gestalten? Ein Forschungsvorhaben des Fraunhofer ISE in Kooperation mit dem Energieversorger RWE liefert erste Antworten.

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Foto: Panthermedia/nrradmin (YAYMicro)

In China, Thailand, Vietnam und Indien tragen auf Gewässern installierte Photovoltaik-Anlagen bereits einen maßgeblichen Anteil zum Strommix bei. Und auch einige europäische Nachbarn nutzen die Vorzüge von Floating-PV (FPV) bereits: Das französische Piolenc, eine 5.500 Einwohner-Gemeinde in der Region Provence-Alpes-Cote d‘Azur, konnte lange Zeit die größte Anlage auf dem Kontinent für sich reklamieren. Heute sind in Sellingen (41,1 Megawatt) und Uivermeertjes (29,8 Megawatt), beide in den Niederlanden, die leistungsstärksten Anlagen Europas beheimatet. Und Deutschland?

Reichlich Potenzial für Floating-PV

Hierzulande sind nach Angaben des Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE derzeit 21 Megawatt Peak installierte PV-Leistung auf Gewässern in Betrieb. Weitere 62 Megawatt Peak befinden sich in Genehmigung oder Konstruktion. Eine im Rahmen des Forschungsprojekts „PV2FLOAT“ von den Freiburgern gemeinsam mit RWE durchgeführte .Analyse ergab nun, dass das Potenzial schwimmender Photovoltaik-Anlagen damit bei weitem nicht gehoben ist. Selbst bei strengen technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Vorgaben kommt das Team auf 1,8 Gigawatt Peak (Südausrichtung der Solarmodule), beziehungsweise 2,5 Gigawatt Peak (Ost-West-Ausrichtung) PV-Leistung, die auf Deutschlands künstlichen Seen installiert werden könnten.

Klare Beschränkungen für die Nutzung

Ein Studierendenteam analysierte künstliche Gewässerflächen in Bezug auf die technische Umsetzbarkeit von Floating-PV-Anlagen, sowie der Einhaltung von Vorgaben im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und Wasserhaushaltsgesetz. Demzufolge dürfen in Deutschland maximal 15 Prozent einer Gewässeroberfläche mit Solaranlagen bedeckt werden. Zum Ufer muss zudem ein Abstand mindestens 40 Metern eingehalten werden. Des Weiteren zogen die Forschenden nur künstliche Seen in Betracht, die in keinen Schutzzonen wie beispielsweise in Naturschutzgebieten oder Biosphärenreservaten liegen, und – um eine Wirtschaftlichkeit der Anlage zu garantieren – nicht weiter als fünf Kilometer von Einspeisepunkten ins Mittelspannungsnetz entfernt sind.

Bei höherem Abdeckungsgrad bis zu 45 Gigawatt möglich

„Unter diesen Bedingungen kommen wir auf ein wirtschaftlich-praktisch erschließbares Floating-PV-Potenzial für Deutschland von 1,8 Gigawatt Peak für PV-Installationen mit einer Südausrichtung beziehungsweise einem Potenzial von 2,5 Gigawatt Peak, wenn die Floating-PV-Anlagen eine Ost-West-Ausrichtung hätten“, berichtet Dr. Karolina Baltins, Leiterin des Themenfelds Schwimmende Photovoltaik am Fraunhofer ISE. „Das rein technische Potenzial aller künstlicher Seen ab ein Hektar Mindestgröße ist mit mindestens 14 Gigawatt Peak bei einer 15-prozentigen Gewässerabdeckung sowie 20 Meter Randstreifen sogar noch deutlich größer. Wären 35 Prozent Abdeckung erlaubt, stiege das technische Potenzial auf bis zu 45 Gigawatt Peak“, so Baltins. In den in der Analyse betrachteten Randstreifen ist aufgrund von Verschattung, Vegetation, zu niedrigen Wassertiefen und ähnlichem eine Floating PV-Nutzung oft nicht möglich. Deswegen wurden sie bei dieser konservativen Potenzialberechnung nicht berücksichtigt.

In Deutschland gibt es 6.043 künstliche Seen mit einer Größe von mindestens einem Hektar, die gemeinsam eine Fläche von über 90.000 Hektar bilden. Die meisten von ihnen liegen in Sachsen und Baden-Württemberg, bei etwa 70 Prozent handelt es sich um Kiesgruben. Daneben untersuchte die Studie Stauseen, Rückhaltebecken, Talsperren und Bergbauseen. Die Potenziale neu entstehender Gewässerflächen in Braunkohlerevieren wurden in der Studie hingegen nicht berücksichtigt. Diese bilden weitere potenzielle Wasserflächen für schwimmende Solaranlagen.

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Von Fraunhofer ISE / Marc Daniel Schmelzer