Wirtschaftliche Wasserstoff-Produktion in Deutschland möglich
Wasserstoff gilt als wichtiger Trägerstoff für das Gelingen einer Energiewende. Sein Manko: Bisher wird in Deutschland zu wenig davon produziert, der Import ist günstiger. Jetzt belegt eine Studie: Eine wirtschaftliche Herstellung von grünem Wasserstoff ist auch hierzulande möglich.
Gasförmige Energieträger sind fundamentaler Bestandteil der Energiewende. Das hat die Politik unter anderem mit der Verabschiedung der Nationalen und Europäischen Wasserstoffstrategie im Sommer diesen Jahres deutlich gemacht. Unbeantwortet bleibt indes die Frage, wie die ausreichende Versorgung des deutschen Marktes mit Wasserstoff sichergestellt werden soll. Die Politik setze dabei zu sehr auf Importe aus dem Ausland kritisieren die Autoren einer gemeinsamen Studie des Wuppertal Instituts und der DIW Econ GmbH. Ihr Resümee: Eine konkurrenzfähige Wasserstoff-Produktion ist auch in Deutschland möglich – mit deutlich positiven Effekten auf die heimische Wertschöpfung und den deutschen Arbeitsmarkt.
Positive Effekte auf Wertschöpfung und Arbeitsmarkt
„Aus Klimaschutzgründen muss der zukünftig genutzte Wasserstoff ausschließlich aus Strom aus erneuerbarer Energie gewonnen werden und damit grün sein. Die heimische Produktion von grünem Wasserstoff hat zudem ein enormes volkswirtschaftliches Potenzial mit Blick auf Wertschöpfung und Beschäftigung und sollte bei der Entscheidung, wie viel Wasserstoff aus dem Ausland importiert wird, nicht außer Acht gelassen werden“, so Dr. Yann Girard, Co-Autor der Studie und Manager bei DIW Econ. Im optimistischen Szenario eines heimischen Wasserstoff-Produktionsanteils von 90 % seien Wertschöpfungseffekte von bis zu maximal 30 Milliarden Euro im Jahr 2050 und mehr als 800.000 zusätzliche Arbeitsplätze realistisch, die im direkten und indirekten Zusammenhang mit der grünen Wasserstoffproduktion stehen. Große Synergien ergeben sich vor allem dort, wo mit zunehmendem Einsatz fluktuierender Energieträger Überschussmengen in Wasserstoff umgewandelt werden. Zudem ermögliche Strom aus Onshore-Windenergieanlagen eine konkurrenzfähige H2-Erzeugung. Wasserstoffimporte via Schiffstransport seien hingegen aus ökonomischen Gründen nicht sinnvoll, da diese eine energieintensive Verflüssigung voraussetzen. Die Kosten für den Transport per Schiff seien drei Mal so hoch wie beim Transport per Pipeline und rechnen sich erst ab 4.000 Kilometer Entfernung zum Produktionsland, so die Verfasser der Studie. In Auftrag gegeben wurde sie vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) und dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Dessen Präsidentin Dr. Simone Peter verband die Vorstellung der Ergebnisse mit einem Appell: „Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie haben wir in Deutschland bisher nur beschlossen, grünen Wasserstoff in großem Stil zu konsumieren. Jetzt muss auf die Agenda, ausschließlich grünen Wasserstoff zu fördern und ihn dann auch hier zu produzieren!“ Die Bundesregierung müsse entsprechende Anreize setzen, um eine ausreichende Zahl von Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff, die Infrastruktur und vor allem hinreichend Strom aus Erneuerbaren Energien im eigenen Land zu erzeugen.
Wasserstoff wichtig für Wärmewende im privaten Heizungskeller
Nicht nur als Energieträger für die Industrie, auch für das Gelingen der Wärmewende in deutschen Heizungskellern spielt Wasserstoff eine tragende Rolle. „CO2-neutrale Brennstoffe wie Wasserstoff in Kombination mit einem breiten Portfolio an Gasheiztechnologien sind neben weiteren Effizienztechnologien ein wichtiger Baustein zur Erfüllung des European Green Deal“, so Andreas Lücke, Sprecher der Initiative Brennstoffzelle (IBZ) und Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) im Rahmen des „Innovationsforum Wasserstoff & Brennstoffzelle“ Ende Oktober in Berlin. Heute noch mit Erdgas betrieben, könnten Brennstoffzellenheizungen zukünftig direkt CO2-neutralen Wasserstoff aus dem Gasnetz beziehen und Gebäude zuverlässig mit Strom und Wärme versorgen. Dank des Prinzips der Kraft-Wärme-Kopplung und Gesamtwirkungsgraden von mehr als 90 % spare die Energieerzeugung mit der Brennstoffzelle gegenüber einer alten Gasheizung knapp 56 % CO2 ein; zusätzlich sinken die Energiekosten um 58 %. Der elektrische Wirkungsgrad von bis zu 55 % übertrifft dabei den von konventionellen Großkraftwerken deutlich. Da der Einbau eines Brennstoffzellengeräts keine aufwendige Gebäudesanierung erfordert, fallen lediglich die Anlagekosten an. „Ob Gebäudebestand oder Neubau, ob Einfamilienhaus oder Gewerbebetrieb, ob Kombianlage oder Beistellgerät – mit der Brennstoffzellenheizung steht uns schon heute eine marktreife und hocheffiziente Technologie zur Verfügung, die für mehr Klimaschutz sorgt“, so Dr. Timm Kehler, Sprecher der IBZ und Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Erdgas. Das erkennen auch immer mehr Kunden: Trotz Corona-Pandemie war die Nachfrage nach Brennstoffzellenheizungen im laufenden Jahr ungebrochen. Wie aus Zahlen der KfW (Stand Juni 2020) hervorgeht, wurden in 2020 bislang 2.764 Geräte gefördert. Damit verzeichnet die Brennstoffzellenheizung seit 2016 jährliche Wachstumsraten von über 50 %. Im Rahmen des KfW-Förderprogramms 433 „Zuschuss Brennstoffzelle“ wurden bis einschließlich Juni 2020 insgesamt mehr als 13.000 Förderanträge positiv beschieden. Bis zum Jahr 2030 rechnet die Branche mit 500.000 installierten Brennstoffzellenheizungen.
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