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Planung 07.01.2020, 09:46 Uhr

Schallschutz im Aufzugsbau

Haustechnische Anlagen – und dazu gehören auch Aufzüge – verursachen Luft- und Körperschall. Das ist hinlänglich bekannt und ebenso, dass Menschen in ihren eigenen vier Wänden ihre Ruhe haben wollen. Also ist der Lift mit möglichst leisen Komponenten zu planen. Diese scheinbar einfache Lösung ist jedoch stumpfe Theorie und wird der Komplexität der Materie nicht im Ansatz gerecht.

 

 

Foto: PantherMedia / ricul

Beim Schallschutz von Aufzugsanlagen gibt es eine Reihe von Normen und Richtlinien, explizit benannt werden sollen hier die DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau (1998), die VDI 2566 Blatt 1 – Schallschutz bei Aufzugsanlagen mit Triebwerksraum (2011) und Blatt 2 – Schallschutz bei Aufzugsanlagen ohne Triebwerksraum (2004). Die Blätter der VDI 2566 werden aktuell zusammengeführt und stehen voraussichtlich Anfang 2016 als Gründruck zur Verfügung. Während der Arbeiten im Ausschuss der VDI 2566 wurde auch die Notwendigkeit der Erhebung fundierter Messwerte thematisiert. Im Zuge einer durch den VFA-Interlift durchgeführten Messkampagne werden mit Unterstützung seiner Mitgliedschaftbelastbare Daten erhoben und ausgewertet.

Die oben angegebenen Normen und Richtlinien definieren Anforderungen und Empfehlungen an den baulichen Schallschutz und an zulässige Grenzwerte. In der DIN 4109 wird in der Tabelle 4, Zeile 2, Spalte 2, ein maximaler Schalldruckpegel von LAFmax,n ≤ 30 dB(A) in schutzbedürftigen Räumen gefordert. Dieser Wert ist von der Rechtsprechung als eine Mindestanforderung akzeptiert und anerkannt. Für Aufzughersteller / Montagebetriebe ist jedoch noch von Bedeutung, dass im schutzbedürftigen Raum zusätzlich der Hallzeitenkorrekturwert berücksichtigt werden muss, so dass der Schalldruckpegel der Aufzugsanlage und Hallzeitenkorrekturwert einen maximalen Schalldruckpegel von LAFmax,n ≤ 30 dB(A) im schutzbedürftigen Raum ergeben dürfen. Nachfolgend ein Beispiel für einen typischen Wert: Bei einem Raumvolumen von 35 m³ und einer mittleren Nachhallzeit von Tm = 0,34 s bei einer Frequenz zwischen 250 Hz und 2 000 Hz berechnet sich der Hallzeitenkorrekturwert zu ∆L = 2,2 dB. Bei Grenzwerten unterhalb von 30 dB(A) kommt daher sowohl der Geräuschemission der bewegten Aufzugskomponenten als auch dem Schalldämm-Maß des Gebäudes, insbesondere der Wände, eine wichtige Bedeutung zu. Hier gibt es direkte Abhängigkeiten, die es zu berücksichtigen gilt. Während der VFA-Messkampagne haben sich kontinuierlich Abhängigkeiten zwischen Schalldämm-Maß und Frequenz der schallerzeugenden Komponenten abgezeichnet, die bisher in der VDI 2566 keine Berücksichtigung finden. So erzeugen Synchronantriebe drehzahlabhängig ein hohes Maß an Luft- und Körperschall im niederfrequenten Bereich zwischen 80 und 200 Hz. In diesem Frequenzbereich haben die Schachtwände im Allgemeinen ein deutlich geringeres als das vom Hersteller angegebene Schalldämm-Maß, welches bei einer Frequenz von > 2 000 Hz ermittelt wird. Selbst bei der Betrachtung von Asychronmaschinen mit Getriebe (600 bis 1 300 Hz) ist dieser Zusammenhang noch von Interesse, wenn auch nicht mehr in der nachfolgenden Relevanz. Allein aus diesem Zusammenhang leiten sich unmittelbar potentielle Probleme ab, die es im Zuge der Fachplanung zu recherchieren und berücksichtigen gilt.

Gemäß der folgenden Abbildung hat beispielsweise eine Betonwand im Frequenzbereich zwischen 80 bis 200 Hz ein Schalldämm-Maß von ca. 42 dB(A), ähnlich verhält es sich mit der Kalksandsteinwand.

Schalldämm-Maß in Abhängigkeit der Terzmittelfrequenz für verschiedene Wandmaterialien. Bild: König

Schalldämm-Maß in Abhängigkeit der Terzmittelfrequenz für verschiedene Wandmaterialien. Bild: König

Die für die Betonwand herstellerseitig angegebenen 67 dB(A) werden erst oberhalb 1 000 Hz erreicht.

Setzt ein Aufzughersteller einen vom Kunden wirtschaftlich akzeptierten Lift mit einer durchschnittlichen Geräuschemission von ca. 67 dB(A) – bei Messung auf dem Fahrkorbdach während der Fahrt durch den Schacht – ein und kommen zusätzlich zeitweise überlagernde Geräusche hinzu, z. B. durch während der Einfahrt in die Haltestelle öffnende Türen, so sind die geforderten 30 dB(A) abzüglich Hallzeitenkorrekturwert, also knapp 28 dB(A) nicht einhaltbar und somit per se ein Streitfall, der nicht selten vor Gericht endet. Diese Streitigkeiten sollten auch nicht überraschen, betrachtet man, dass Aufzughersteller in der Regel keine Fachkenntnisse von Architektur, Akustik oder Bauphysik haben und damit auch keine Spezifikationen an die akustische Ausführung der Wände definieren können. Um die gewünschten Ziele in schutzbedürftigen Räumen zu erfüllen, ist daher eine Abstimmung zwischen ausschreibender Stelle / Betreiber und Aufzugbauer / Montagebetrieb zwingend erforderlich. Wenn in Ausschreibungsunterlagen Angaben zum Schalldämm-Maß von Wänden enthalten sind, muss geklärt werden, welches Schalldämm- Maß im Arbeits-Frequenzbereich des Lifts – vorrangig des Antriebes als Hauptfrequenzquelle – tatsächlich berücksichtigt werden kann.

Den dargestellten Kausalitäten, nun untermauert durch die Messergebnisse von VFA-Mitgliedern, ist bei der weiteren Entwicklung der VDI 2566 Rechnung zu tragen. Als weiteres Ergebnis der Messkampagne lässt sich erwartungsgemäß eine direkte Abhängigkeit zwischen der Anzahl der Umlenkrollen und dem Schalldruck des Aufzugs erkennen, das heißt je mehr Rollen umso höher die Emissionen. Vergleichbar verhält es sich mit der Tragkraft des Lifts, je höher die Nennlast umso höher die Emissionen.

Fazit

Die Lösung der voran dargestellten Problematik liegt unter Berücksichtigung der Fachkenntnisse der Gewerke auf der Hand: Aufzughersteller müssen Frequenzen und den erzeugten Luftschall der eigenen Aufzuganlagen bei Ausschreibungen angeben. Architekten, Akustiker und Bauphysiker müssen auf Basis der Datenlage die Lage des Aufzugschachtes im Gebäude und die Ausführung der Schachtwände entsprechend anpassen. Da der Aufzugbauer keinen Einfluss auf die Frequenzen des Antriebs hat, müssen Triebwerksrahmen, Schienenbügel und alle Komponenten, die in Kontakt mit der Schachtwand kommen, so ausgeführt werden, dass auftretende Beschleunigungen/Vibrationen so gut wie möglich isoliert werden. Diese Notwendigkeiten sind allerdings bereits im Zuge der Fachplanung und Ausschreibung zu berücksichtigen, um kostspielige Nachbesserungen oder gar Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Von Dipl.-Ing. (FH) Jan König

Dipl.-Ing. (FH) Jan König, ist seit 2012 als Technischer Referent beim VFA-Interlift e. V. - Verband für Aufzugstechnik, Hamburg tätig. Er ist Mitglied in allen Normungsgremien des Verbands und in VDI-Ausschüssen tätig. International arbeitet er in Brüssel beim Europäischen Aufzugsverband ELA mit.