Feldtest bestätigt Potenzial von Wärmepumpen im Bestand
Fünf Jahre lang haben Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme den Einsatz von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden analysiert. Das Ergebnis: Wenn Fachplaner und Installateure fachgerechte Vorarbeit leisten, funktionieren elektrische Wärmepumpen in Bestandsgebäuden ebenso zuverlässig und ökologisch vorteilhaft wie in Neubauten.
In fast jedem zweiten Neubau in Deutschland sorgt mittlerweile eine Wärmepumpe für wohlige Raumtemperaturen und warmes Wasser. Im Jahr 2019 entschieden sich 46 % aller Bauherren für die Installation einer Wärmepumpe um die eigene Energiebereitstellung zu decken. Unbestritten ist: In neuen Häusern sorgen die Geräte effizient und damit ökologisch für Wärme. Soll die viel beschworene Wärmewende gelingen, müssen jedoch auch in Bestandsgebäuden in die Jahre gekommene Energieerzeuger durch ökologisch und ökonomisch sinnvolle Systeme ausgetauscht werden. Ob Wärmepumpen in diesem Zusammenhang eine wertvolle Alternative sein können und auch in älteren Wohngebäuden genügend Wärme liefern sowie Kohlendioxid-Emissionen einsparen, war bis dato nicht systematisch nachgewiesen. Die Wissenschaftler des Fraunhofer ISE kommen nach Auswertung eines fünfjährigen Monitorings nun zu dem Schluss: Auch in Bestandsgebäuden funktionieren Wärmepumpen zuverlässig und sind ökologisch vorteilhaft.
Deutlich weniger CO2-Emmissionen als Gas-Brennwertheizungen
Im Rahmen des Projekts „WPsmart im Bestand“ haben die Forscher den Einsatz von Wärmepumpen in 56 bestehenden Gebäuden analysiert. Dabei konnten insgesamt 41 Wärmepumpen mit gleichem Auswertzeitraum und einheitlicher Bilanzgrenze berücksichtigt werden. Die Geräte funktionierten meist einwandfrei, beim Betrieb kam es nur selten zu Störungen. „Offensichtliche Fehler bei der Installation oder Parametrierung der Regler traten im Vergleich zu früheren Feldtests deutlich seltener auf. Dies ist auch auf den Zuwachs von Know-how bei Herstellern und Installateuren in den letzten zehn bis 15 Jahren zurückzuführen“, berichtet Dr. Marek Miara, Koordinator Wärmepumpen am Fraunhofer ISE. Wie auch im Neubau wird die Effizienz maßgeblich von der erforderlichen Heizkreistemperatur beeinflusst, die aufgrund der unterschiedlichen spezifischen Heizwärmebedarfe und Wärmeübergabesysteme eine große Bandbreite aufweist. Klimafreundlicher als fossile Heizungen sind die untersuchten Wärmepumpen auch. Im Jahr 2018 lagen die auf Basis der Messungen errechneten Kohlendioxid-Emissionen der vermessenen Außenluft-Wärmepumpen um 19 bis 47 % niedriger als dies bei Wärmeversorgung der gleichen Gebäude mit Gas-Brennwertheizungen der Fall gewesen wäre. Erdreich-Wärmepumpen erreichten sogar Werte von bei 39 bis 57 %. Durch den weiteren Zubau von Windkraft und Photovoltaik werden sich die CO2-Kennwerte für den Strom weiter verbessern, so dass die CO2-Emissionen weiter sinken würden. Die Wissenschaftler des Fraunhofer prognostizieren deshalb selbst bei einem pessimistischen Ökostromausbauszenario mittelfristig Einsparungen von mehr als 50 %.
Heizkreistemperaturen geringer als erwartet
Für den Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 hat das Fraunhofer ISE 29 Außenluft-Wärmepumpen zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung analysiert. Die Anlagen erreichten Jahresarbeitszahlen (JAZ) von 2,5 bis 3,8. Der Mittelwert lag bei 3,1. Zwei Ausreißer mit besonders guten JAZ wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Bei den zwölf Erdreich-Wärmepumpen ermittelte man Jahresarbeitszahlen zwischen 3,3 und 4,7 bei einem Mittelwert von 4,1. Bei den Erdwärmepumpen wurde ein negativer Ausreißer nicht berücksichtigt. Die maximal zur Raumheizung erforderlichen Vorlauftemperaturen lagen für die 27 Außenluft-Wärmepumpen im Mittel bei knapp 44 Grad Celsius, bei den elf Erdreich-Wärmepumpen waren es etwas über 45 Grad Celsius (jeweils ohne Ausreißer). „Im Bestandsgebäudebereich werden oft die erforderlichen Heizkreistemperaturen im Normauslegungspunkt diskutiert, also die Heizkreistemperaturen bei sehr geringen Außentemperaturen um minus zwölf bis minus 16 Grad Celsius“, so Miara. So bitterkalte Tage treten jedoch nur äußerst selten auf. „Ausschlaggebend für die Effizienz sind daher vor allem die erforderlichen Temperaturen, wenn am meisten geheizt wird, also Temperaturen von knapp über null Grad Celsius“, erklärt der Wärmepumpen-Experte. Die seltenen Extreme fallen somit in der Jahresbilanz kaum ins Gewicht. Die Energieverbräuche der Elektroheizstäbe, die bei besonders kalten Temperaturen die Wärmepumpe unterstützen, spielen bei den vermessenen Anlagen übrigens nur eine untergeordnete Rolle. Bezogen auf alle mit Elektroheizstab ausgestatteten Außenluft-Wärmepumpen (24 von 29) betrug der Anteil der Heizstabarbeit 1,9 %. Ein relevanter Heizstabbetrieb wurde lediglich infolge falscher Parametrierung, bei Defekten oder infolge von Legionellenvermeidung gemessen. Bei den Erdreich-Wärmepumpen nahmen nur zwei von zwölf Anlagen die Heizstäbe überhaupt in Betrieb.
Alter des Gebäudes nicht relevant für erfolgreichen Betrieb
Trotz der zahlreichen positiven Erkenntnisse bestehe weiteres Verbesserungspotenzial, räumt Dr. Marek Miara ein. „Ein erfolgreicher Betrieb hängt nicht nur von der Qualität und Effizienz der Wärmepumpe ab, sondern vor allem auch von äußeren Faktoren.“ Dazu gehöre vor allem anderen das energetische Niveau des Gebäudes und das installierte Wärmeübergabesystem. Das Alter des Gebäudes ist nach den im Projekt erhobenen Daten hingegen nicht relevant. Hier waren die Häuser zwischen 15 und 170 Jahre alt. Die vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung im Jahr 1979 errichteten Gebäude wurden in unterschiedlichem Ausmaß saniert, während die eher seltenen Sanierungsmaßnahmen bei den jüngeren Gebäuden kaum Einfluss auf die energetische Qualität der Gebäudehülle hatten. Der witterungsbereinigte spezifische Heizwärmeverbrauch aller Gebäude reicht von 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr bis zu 250 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.
Ein Umstieg auf Flächenheizsysteme sei nach Erkenntnissen des Monitorings nicht zwangsläufig erforderlich, so das Fraunhofer ISE, da die Ergebnisse zeigen, dass auch Heizkörper mit vergleichsweise geringen Temperaturen betrieben wurden. Auf dem Markt werden inzwischen Heizkörper angeboten, die bei gleichem Platzbedarf wesentlich geringere Heizkreistemperaturen benötigen. „Der Gesamterfolg hängt vielmehr von einer guten Planung und sorgfältigen Installation ab“, resümiert Miara. Heizungsinstallateuren und Planern komme daher eine zentrale Rolle zu.
Das Fraunhofer ISE untersucht Wärmepumpen seit dem Jahr 2000. 2007 startete der erste von bislang fünf umfangreichen Feldtests. Partner der Freiburger im Projekt „WPsmart im Bestand“ waren die Wärmepumpenhersteller ait-deutschland, Bosch Thermotechnik, Glen Dimplex, Heliotherm, Weishaupt, Stiebel Eltron, Vaillant und Viessmann sowie die Energieversorger Elektrizitätswerke Mittelbaden, die Lechwerke und die Stadtwerke Stuttgart.
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