Großwärmepumpen-Kongress informiert über Chancen und Potenziale
Eine Studie des Beratungsunternehmens McKinsey schätzt den Gesamtmarkt für Großwärmepumpen bis 2030 auf mehr als 43 Milliarden Euro. Welche Chancen der Einsatz der Wärmeerzeuger für das Erreichen der Klimaziele bietet und welche Hürden dabei genommen werden müssen, diskutierte die Branche Anfang Juli in Düsseldorf.
Fast 300 Teilnehmende, darunter viele Vertreter von Herstellern, waren zum anderthalbtägigen Deutschen Großwärmpumpen-Kongress des Bundesverband Wärmepumpe (BWP) am 2. und 3. Juli nach Düsseldorf gekommen. Weitere 100 verfolgten den zweiten Tag online. Nach den Exkursionen am Dienstag (Trane Deutschlandzentrale in Oberhausen/ Edeka Center in Grevenbroich) und einem Netzwerkabend in der Seifenfabrik Dr. Thompson’s, stand am Mittwoch ein breiter inhaltlicher Austausch auf der Agenda. Dreizehn Referenten informierten in den Themenblöcken Grundlagen, Industrie, Wärmenetze und Quartiere über den Stand der Technik und gaben einen Ausblick zu den Potenzialen, aber auch zu den Hemmnissen rund um Großwärmepumpen.
Großwärmepumpen gefragt wie nie
Es gelte die Gunst der Stunde zu nutzen, oder wie Felix Uthoff, Referent Technik und Normung beim BWP, es zum Auftakt des Kongresses formulierte: „Der Ball muss weiter rollen.“ Das Momentum, welches Großwärmepumpen aktuell erfahren, müsse ausgenutzt werden. Ein Rücklauf, wie es derzeit bei den Hauswärmepumpen festzustellen ist, sei unbedingt zu vermeiden. Um diesen Lauf weiter zu pushen, wird Ende des Jahres der Weißdruck der VDI 4646 „Anwendung von Großwärmepumpen“ erscheinen. Hier findet die Industrie Hilfestellung für Anwendungen mit Heißwasser und Dampf. Mehrere Großprojekte im Megawattbereich sind derzeit in Realisierung und Ausführung. Abschließend wies Uthoff darauf hin, dass die Klimaziele 2045 derzeit nicht erreicht werden. Die Wärmepumpe sei eines der Schlüsselinstrumente, um die Wende doch noch hinzubekommen.
Natürliche Kältemittel, Kohlenwasserstoffe und HFO’s
Die Diskussion um das „richtige“ Kältemittel wurde ausgiebig geführt. Ein Großteil der Referenten war sich einig, dass die Zukunft bei NH3, R290 und CO2 liegt, besonders bei industriellen Anwendungen. Simon Effenberg von der Skadec GmbH erläuterte in seinem Vortrag die Vorgaben der DIN EN 378 betreffend des Einsatzes von brennbaren Kältemitteln wie R290 und R600a und fasste diese kompakt als Planungshilfe zusammen. Neben den niedrigen GWP-Werten wurde die Planungssicherheit als Argument für natürliche Kältemittel und Kohlenwasserstoffe genannt. Da diese Kältemittel nicht unter die gesetzliche Regulatorik gemäß EU VE 2024/573 fallen und auch keine PFAS-Verbote greifen. Genau dieser Punkt ist bei verschiedenen HFO-Kältemitteln noch nicht geklärt und wird höchstwahrscheinlich erst 2025 final entschieden sein.
Jörg Taube, Key Account Manager bei der Trane Deutschland GmbH, verwies jedoch auf die jüngste Studie des UBA, dass der Löwenanteil von 95 bis 98 Prozent der Treibhausgasemissionen durch indirekte Emissionen verursacht werden. Somit hat die Effizienz einen deutlich höheren Einfluss auf die Lebensdauer einer Anlage, als die direkten Emissionen bei Kältemittelleckagen. Deswegen fordert er: „Das Ziel muss es sein, die Wärmepumpe perfekt in ein System zu integrieren. In Europa stehen jährlich 2.860 Terawattstunden industrielle Abwärme zur Verfügung. Der Bedarf an Heizenergie für Heizung und Trinkwasser liegt im gleichen Zeitraum bei 3.180 Terawattstunden. Dies ist ein riesiges Potenzial.“
Systemintegration ist Schlüssel zur Effizienz
Hier waren sich alle Referenten einig, jedoch liegt dem eine hohe Komplexität zu Grunde. Rasmus Rubycz, Market Manager New Energy bei der Atlas Copco, brachte es so auf den Punkt: „Die Herausforderung bei der Integration von Wärmepumpen in der Industrie liegt darin, dass jeder seinen eigenen Anforderungskatalog hat.“ Dies zeigte er an den Beispielen Papier-, Chemische- und Lebensmittelindustrie sowie Fernwärme nachvollziehbar auf. Im Vortrag von Dr. Isabel Osterroth und Dirk Oschetzke (GEA Berlin) wurde dies an einem Praxisbeispiel in einem Brauereiprozess verständlich beleuchtet. Wärme und Kälte fallen in einem Batch Prozess an, sodass die Wärmepumpe für Brauereien „ein Geschenk des Himmels“ sei, wie Paul Waning, Ehrenvorsitzender des BWP, in der anschließenden Podiumsdiskussion befand. Dekarbonisierungspotenziale sind umzusetzen. Im ersten Schritt ist der Energiebedarf zu optimieren, dann Abwärme zu nutzen, diese dann aufzuwerten und erneuerbare Energiequellen zu integrieren.
Mögliche Temperatur- und Leistungsbereiche und Wirtschaftlichkeit
Stand heute sind Wärmepumpen bereits mit Vorlauftemperaturen von über 200 °C und Wärmeleistungen jenseits der 50 Megawatt verfügbar. Andrea Duvia, Senior Sales Consultant der Firma Turboden, regte auf die Frage nach der maximal möglichen Vorlauftemperatur eine andere Sichtweise an: „Die Frage nach der maximalen Vorlauftemperatur ist falsch, da der Temperaturhub zwischen Wärmequelle und Wärmesenke für die Effizienz entscheidend ist.“ Duvia erläutert weiter: „Wieviel kostet Strom gegenüber Gas? Gegenüber dem Kunden müssen mindestens sinkende Betriebskosten darstellbar sein.“ Noch ist eine Wärmepumpe von der Investition kostenintensiver als herkömmliche Wärmeerzeuger mit fossilen Brennstoffen. Wurden in der Vergangenheit von den Finanzvorständen oft eine Amortisationszeit von maximal drei Jahren gefordert, ist nun teilweise eine Erweiterung auf bis zu acht Jahre zu beobachten. Dies dürfte daran liegen, dass sich Unternehmen langfristig energiepolitisch konkurrenzfähig aufstellen und die Dekarbonisierung vorantreiben. Lars Bluhm vom dänischen Hersteller Advansor A/S gibt hierzu Einblicke nach Skandinavien: „In Dänemark haben Fernwärmenetzbetreiber keinen Profitgedanken, Siedlungen schließen sich zusammen, bei 70 Prozent Zustimmung wird das Projekt innerhalb von zwei Jahren umgesetzt. Auch ist das Strom-/Gaspreisverhältnis vorteilhafter zum Betrieb von Wärmepumpen.“ Andreas Kaiser, Prokurist der goodmen energy, empfiehlt für kleinere und mittlere Stadtwerke Contracting-Modelle, um die Energiewende finanziell stemmen zu können.
Unterstützung durch Politik und BWP gefordert
Dr. Ute Hörrmann, Ministerialrätin des Wärmenetze-Referats im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz informiert, dass für den BEG-Fördertopf 3,5 Milliarden Euro bereit gestellt wurden und dies „die Basis der Energiewende sei.“ Des Weiteren werde daran gearbeitet, Planungserleichterungen und kürzere Verfahrenswege für Großwärmepumpen und deren Wärmequellen durchzusetzen. Andreas Kaiser fordert den BWP auf, positiv auf Behörden Einfluss zu nehmen, um Genehmigungen zu beschleunigen. Seiner Erfahrung nach kann eine Zusage zwischen sieben Wochen bis zu über einem Jahr benötigen. Er schlägt vor, Präzedenzfälle zusammenzufassen, um für Entscheidungen bei vergleichbaren Projekten darauf zurückgreifen zu können.