Hybridheizung für 72 Wohneinheiten
Wärmepumpen sind im Mehrfamilien-Geschosswohnungsbau bislang nicht sehr verbreitet. Die Verantwortlichen eines Neubauprojekts in Frankfurt an der Oder entschieden sich dennoch für den alternativen Wärmeerzeuger – in Verbindung mit Gas-Brennwerttechnik. Nicht die einzige Besonderheit der Anlage: Sie wird im Contracting betrieben.
Noch vor fünf Jahren hätte man die vier Neubau-Wohnblöcke in der Hafenstraße in Frankfurt an der Oder wohl mit bewährter Gasbrennwerttechnik ausgestattet und als Innovations-Sahnehäubchen noch Solarthermie oder eine PV-Anlage auf das Dach gesetzt. So sah zumindest „damals“ die Standardlösung aus. Doch Zeiten und Anforderungen an technische Lösungen ändern sich manchmal erstaunlich schnell. Schon vor der Ampel-Koalition zeichnete sich ab, dass aus Klimaschutzgründen vor allem der Wärmesektor nach neuen Konzepten mit einem wesentlich höheren Anteil an regenerativer Energie verlangte. In Frankfurt/Oder scheint man den kürzlich von der Bundesregierung initiierten „Wärmepumpen-Gipfel“ vorausgeahnt zu haben. Hier projektierte vor rund drei Jahren das TGA-Fachplanungsbüro IEP Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Ellrich mbH, in Kooperation mit dem Planungsbüro der Unternehmensgruppe Krebs & Schulze „Die Baudenker“, den Neubau von vier Mehrfamilienhäusern mit jeweils 18 Wohneinheiten – und entschied sich für Wärmepumpen als tragende Säule der Wärmeversorgung.
Energieträger kombiniert
Für die Grundlastabdeckung kommt in jedem der vier Wohnblöcke eine Luft-Wasser-Wärmepumpe zum Einsatz. Um den unwirtschaftlichen elektrischen „Heizstab-Betrieb“ in höheren Temperaturbereichen und bei hoher Momentan-Wärmeanforderung zu vermeiden, kombinierten die Verantwortlichen die Wärmepumpen mit einem wandhängenden Gasbrennwertkessel. Diese Hybridlösung scheint auch vor dem Hintergrund der aktuellen Gas(preis)krise nach wie vor sehr sinnvoll. Gas wird auch weiterhin als besonders sauber verbrennender Energieträger zur Verfügung stehen – wenn nicht aus Russland, dann aus den USA und anderen Nationen, wozu derzeit die Kapazitäten neuer LNG-Terminals massiv ausgebaut werden.
Niedrige Investitionskosten durch Contracting
Eine Besonderheit: Die gesamte Heizungsanlage wird in einem Contracting-Modell von den Stadtwerken Frankfurt/Oder betrieben. Auch für den lokalen Energieversorger war ein Wärmepumpen-Contracting ein Novum. Um die Wohneinheiten auch als Eigentumswohnungen attraktiv vermarkten zu können, hatte man darauf geachtet, die Gesamtinvestitionen bei den Baukosten möglichst gering zu halten. Dazu zählte auch, die Gerätekosten für die Wärmeversorgung auf einen externen Betreiber auszulagern. Des Weiteren verzichtete man aus Gründen der Kostenminimierung darauf, die vier Häuser nach KfW-Anforderungen zu errichten. Das wäre zwar mit einer grundsätzlich willkommenen Förderung verbunden gewesen, hätte jedoch wegen des größeren energetischen Gesamtaufwands zu erheblich höheren Baukosten geführt.
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