R 290 im Bestand: Fraunhofer ISE startet Verbundprojekt
Der Austausch veralteter Öl- und Gasheizungen in Mehrfamilienhäusern ist eine der drängendsten Herausforderungen für das Gelingen der Wärmewende. Können Propan-Wärmepumpen hier einen wichtigen Beitrag leisten? Forschende des Fraunhofer ISE suchen gemeinsam mit der Industrie nach Antworten.
Im Rahmen des Projekts „LC R290 – Low charge HP solutions“ plant das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) die Entwicklung von einfach anwendbaren und multiplizierbaren Lösungen für den Austausch von Gas- und Ölheizungen in Mehrfamilienhäusern im Bestand. Ein Schwerpunkt liegt auf den Etagenheizungen. Dafür sollen Wärmepumpen zum Einsatz kommen, die auf das natürliche und klimafreundliche Kältemittel Propan (R290) setzen. Für die praxisnahe und schnelle Umsetzung haben die Freiburger ein Projektkonsortium mit Unternehmen der Heizungsbranche und der Wohnungswirtschaft gegründet.
Propan auch für Innenräume nutzbar
„Wir brauchen für die Wohnungswirtschaft standardisierte Wärmepumpenlösungen für den Austausch von Gas- und Ölheizungen für alle Anwendungsfälle. Propan hat sich zu einer anerkannten Kältemittellösung für die Wärmepumpenbranche entwickelt und ist bei außen aufgestellten Wärmepumpen inzwischen weit verbreitet. Was wir nun benötigen, sind gut umsetzbare Lösungen auch in Innenräumen“, so Dr.-Ing. Lena Schnabel, Abteilungsleiterin Wärme und Kältetechnik am Fraunhofer ISE. Das Verbundprojekt, in dem Wärmepumpen-Lösungen für Etagenheizungen, innen aufgestellte Zentralheizungen sowie höhere Leistungsklassen für außen aufgestellte Wärmepumpen entwickelt werden sollen, ist mit einem Budget von sieben Millionen Euro ausgestattet und endet am 30. Juni 2025.
R290-Wärmepumpe im Bestand: Betrachtung von drei Anwendungsfällen
Wenn Wärmepumpen als Ersatz für Gas-Etagenheizungen oder auch Gas- und Ölheizungen im Keller mit Propan betrieben werden sollen, müssten bei Füllmengen über 150 Gramm besondere Sicherheitsauflagen beachtet werden. Das Team des Fraunhofer ISE hatte im Projekt „LC150“ bereits nachgewiesen, dass mit weniger als 150 Gramm des Kältemittels Propan eine Heizleistung von sieben bis zehn Kilowatt erreicht werden kann. Für die Umsetzung als Etagenheizung ist dies die Grundlage. Im Rahmen des neuen Projekts werden dafür passende Speicher- und Quellenkonzepte erarbeitet. Hierfür werden unter Begleitung der Wärmepumpenhersteller und der Wohnungswirtschaft Lösungen für den Anschluss an das Hydraulik- und Quellensystem sowie geeignete Regelungsansätze entwickelt und im Labor demonstriert.
Für den Ersatz der Zentralheizung im Keller sollen Wärmepumpen mit größerer Leistung entwickelt werden. Auch hier wird auf Ergebnisse des Projekts „LC150“ zurückgegriffen, um die Kältemittelreduktion auf größere Leistungen zu übertragen. Zudem werden Konzepte zur Verschaltung und Regelung mehrerer Wärmepumpen untersucht und breit umsetzbare Sicherheitskonzepte identifiziert und erprobt.
Außen aufgestellte Wärmepumpen größerer Leistung werden ebenfalls mit Fokus auf Kältemittelreduktion und optimierte Abtauung hin verbessert und durch vereinheitlichte sicherheitstechnische Prüfungen bewertet. Ziel ist es, durch die Kältemittelreduktion und verbesserte Abtauung größere Leistungen mit der gleichen Aufstellfläche und Sicherheitszone umsetzen zu können und so deren Einsatz im urbanen Raum zu erleichtern.
Verbundprojekt: Kooperation auf Augenhöhe
Für die Entwicklung hat sich das Fraunhofer-Team für ein Plattformprojekt entschieden, das durch einen Beirat begleitet wird. Die beteiligten Hersteller können die hier erarbeiteten Lösungen in ihre eigenen Produktentwicklungen übernehmen oder auch in Kooperationen weiterarbeiten. Die damit möglichen höheren Stückzahlen bieten ein deutliches Kostensenkungspotenzial und können weitere Synergien erschließen und die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller steigern. „Das LC150-Projekt hat gezeigt, dass die Arbeit in einer Plattform auch für Zulieferer eine sehr große Motivation zur Erbringung von Eigenleistungen und spezifischen Anpassungen bewirkt. Weiterhin bietet das Projekt den Partnern die Chance zur Vernetzung und ermöglicht die Bündelung der zeitlich und finanziell aufwendigen Normungs- und Marktbereitungsaktivitäten“, erläutert Projektleiterin Dr. Katharina Morawietz. Die beteiligten Unternehmen erhalten Zugriff auf alle Projekt- und Messergebnisse während der Laufzeit, haben die Chance zur indirekten Nutzung der Prüfeinrichtungen und profitieren von der Erfahrung des Fraunhofer ISE im Umgang mit Propan. Der Entwicklungsvorsprung für die beteiligten Hersteller wird idealerweise durch Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Designschutz) zusätzlich abgesichert. Da in diesem Projekt Systemlösungen entwickelt werden, wird auch die Wohnbauwirtschaft als Partner eingebunden. Diese bringt ihre konkreten Randbedingungen und Wünsche direkt in die Entwicklung ein und partizipiert an angepassten Systemlösungen.