Trotz Rekordzahlen: Heizungsmarkt wandelt sich nur langsam
Das novellierte Gebäudeenergiegesetz stärkt ab 1. Januar 2024 die Verwendung von erneuerbaren Energien. Effekte sind jedoch nur langfristig zu erwarten. Viele deutsche Heizungen sind überaltert, drei von vier Haushalten heizen derzeit noch mit Gas oder Öl.
Es sind neue Rekordzahlen, die der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) Anfang November präsentierte: In den ersten neun Monaten dieses Jahres haben die in dem Branchenverband organisierten Heizungshersteller insgesamt 1.048.000 Wärmeerzeuger abgesetzt. Das entspricht einem Plus von 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Erstmals seit den 1990er Jahren wurden wieder über eine Million Heizungen verkauft. Es tut sich also etwas in den deutschen Kellern. Dennoch sieht man beim BDH keinen Grund zum Optimismus: Der positive Marktverlauf sei vielmehr eine Momentaufnahme, bedingt durch Vorzieheffekte.
Weniger Wachstum bei Wärmepumpen
Die langwierige und öffentlich geführte Debatte rund um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) habe dafür gesorgt, dass viele Hausbesitzer sich im Jahresverlauf für eine Heizungsmodernisierung entschieden haben, um den Anforderungen des GEG zuvorzukommen, teilt der BDH mit. Diese Dynamik schwäche sich jedoch zunehmend ab. Noch zum Halbjahr lag das Marktwachstum bei Wärmepumpen bei 105 Prozent gegenüber dem Vorjahr, aktuell seien es noch 86 Prozent. Die rückläufigen Förderanträge für die elektrischen Wärmeerzeuger beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) seien ein weiteres Indiz für die Entwicklung. Seit Monaten bewegen sie sich auf einem sehr niedrigen Niveau. Entsprechend gedämpft ist die Stimmung bei den BDH-Mitgliedsunternehmen: 85 Prozent rechnen für das erste Quartal 2024 mit einer schlechten oder sogar sehr schlechten Marktentwicklung. Eine Marktbelebung durch das Gebäudeenergiegesetz erwarten die Firmen nicht. „Die aktuell insgesamt positive Marktentwicklung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich unsere Hersteller in einem schwierigen Marktumfeld bewegen“, so BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt. „Neben der Verunsicherung durch die politische Debatte sorgt die allgemeine wirtschaftliche Situation für Zurückhaltung bei Heizungsmodernisierungen.“
Gasheizungen noch immer mit höchsten Absatzzahlen
Eine genauere Betrachtung der Absatzzahlen bestätigt zudem den angesprochenen Vorzieheffekt. Zwar kann die Wärmepumpe die prozentual größten Zuwächse für sich reklamieren (Von Januar bis September 2023 wurden 295.500 Geräte abgesetzt, ein Plus von 86 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum), dennoch wurden in den ersten neuen Monaten des Jahres mehr als doppelt so viele gasbasierte Geräte (625.000) abgesetzt. Die Absicht dahinter: Lieber heute eine veraltete Gasheizung gegen eine neue Gasheizung ersetzen (und damit die Betriebssicherheit für die nächsten Jahre sicherstellen), als ab Januar bei einem Austausch zwangsweise auf ein System mit 65-Prozent-Erneuerbaren-Energien umrüsten zu müssen (was vermeintlich höhere Folgekosten nach sich zieht).
Jede dritte Heizung ist älter als 20 Jahre
Dabei wären Erneuerungen bei der Wärmeversorgung dringend nötig, um die CO2-Emissionen im Gebäudesektor weiter zu senken. Die BDEW-Studie „Wie heizt Deutschland?“ offenbart: Heute sind Heizungsanlagen in Deutschland im Schnitt 13,9 Jahre alt und damit rund drei Jahre jünger als noch im Jahr 2019. Dennoch ist immer noch jede dritte Heizung älter als 20 Jahre. Hier gibt es zudem große Unterschiede zwischen den einzelnen Heiztechnologien: Ölheizungen sind im Schnitt 17,7 Jahre alt, Gaszentralheizungen 12,4 und die übrigen Heizungssysteme zusammengenommen 12,6 Jahre alt.
Starke regionale Unterschiede bei den Heizsystemen
Deutlich wird in den Zahlen auch: Wie Deutschland heizt, ist regional sehr unterschiedlich. Während im Nordwesten die Gasheizung klar die Heiztechnologie Nummer eins ist, heizt vor allem in den südlichen Bundesländern ein großer Teil der Haushalte mit Öl. Im Norden und Osten ist Fernwärme deutlich weiter verbreitet als im Rest des Landes. „Die Studie zeigt uns, wo wir heute zu Beginn der Wärmewende stehen, sie zeigt uns aber auch, welch lange Wegstrecke wir noch vor uns haben: Drei von vier Haushalten heizen heute noch mit Gas oder Öl und müssen in den kommenden rund 20 Jahren auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden. Das ist eine große Herausforderung“, so Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Für die BDEW-Studie wurden sind Interviews mit rund 6.500 Haushalten aus ganz Deutschland geführt.