Vorurteile und Fakten: Was man über Wärmepumpen wissen sollte
Trotz der wachsenden Elektrifizierung der Wärmeversorgung gibt es nach wie vor auch skeptische Stimmen zur Wärmepumpentechnologie. Die meisten Bedenken seien allerdings unberechtigt, sagt Frank Hettler. Im Gespräch mit der HLH räumt der Leiter des Informationsprogramm Zukunft Altbau mit gängigen Vorurteilen auf.
HLH: Herr Hettler, man hört immer wieder, dass sich Wärmepumpen nur für Neubauten oder komplettsanierte Gebäude eignen.
Frank Hettler: Das ist nicht richtig, aber eine der hartnäckigsten Legenden. Wärmepumpen sind nicht nur für neue Wohngebäude sinnvoll, sondern auch für bestehende Häuser, selbst wenn diese nicht vollständig saniert sind. Das zeigen auch Feldtests des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. Die untersuchten Wärmepumpen im Bestand weisen ordentliche Effizienzwerte auf, auch wenn die Gebäude nur teilweise saniert sind.
Für Wärmepumpen reichen in bestehenden Gebäuden oft einzelne Dämmmaßnahmen aus – oder sogar nur der Einbau größerer Heizkörper. Viele ältere Häuser können somit maximalen Heizungsvorlauftemperaturen von weniger als 55 Grad Celsius ausreichend beheizt werden. Dies gilt als kritische Grenze für den Wärmepumpen-Einsatz. Wärmepumpen können das Wasser zwar auch stärker aufheizen, aber bei höheren Temperaturen arbeiten sie deutlich ineffizienter.
Umfangreichere Dämmmaßnahmen sollten in jedem Fall dann erfolgen, wenn es sich um völlig unsanierte Häuser handelt. Das würde den Betrieb einer Wärmepumpe teuer machen. Grundsätzlich gilt: Je besser die Dämmung, desto weniger Heizkosten hat man. Dies gilt übrigens für alle Heizungssysteme.
HLH: Funktionieren Wärmepumpen nur mit einer Fußbodenheizung?
Hettler: Nein, das ist nicht unbedingt erforderlich. Auch wenn es richtig ist, dass Wärmepumpen mit Flächenheizungen wie Fußboden-, Wand- oder Deckenheizungen am effizientesten laufen. Flächenheizungen geben aufgrund ihrer besonders großen Oberfläche die Wärme in den Raum am besten ab. Mit ihnen muss das Wasser weniger stark erwärmt werden als mit normalen Heizkörpern.
Doch auch mit konventionellen Heizkörpern funktionieren Wärmepumpen einwandfrei. Es ist jedoch dringend ratsam, die Heizleistung der Heizkörper nachzurechnen und gegebenenfalls einzelne Heizkörper gegen größere Modelle auszutauschen. Je größer der Heizkörper ist, desto weniger warm muss er werden, um den Raum ausreichend zu beheizen. So kann die Vorlauftemperatur reduziert werden: damit sinken die Heizkosten. Den Boden muss man in bestehenden Häusern also nicht für eine Fußbodenheizung aufreißen, nur damit man eine Wärmepumpe effizient nutzen kann.
HLH: Was ist mit der Befürchtung, dass Wärmepumpen nicht bei kalten Temperaturen funktionieren?
Hettler: Wärmepumpen haben auch bei zweistelligen Minusgraden kein Problem damit, das Haus aufzuheizen. Ein Ausfall ist bei diesen Temperaturen ausgeschlossen, selbst ein komplett ungedämmtes Haus wird im Winter warm. Lediglich der Stromverbrauch steigt bei extremer Kälte an: bei sanierten Häusern weniger, in unsanierten mehr. Solche tiefen Temperaturen sind in Deutschland inzwischen selbst im Winter eine Seltenheit. Sie kommen heute nur noch an wenigen Tagen im Jahr und auch nur stundenweise vor – in der Rheinebene oft gar nicht mehr, in den Bergen und im Osten noch eher.
Grundsätzlich funktioniert die Wärmepumpe auch in kalten Klimazonen gut und ist dort relativ beliebt. Ein Blick auf die Europakarte zeigt, dass die Mehrzahl der Wärmepumpen in Skandinavien installiert ist. Dort sind sowohl Durchschnitts- als auch Minimaltemperaturen deutlich niedriger als in Deutschland. Gerade bei sehr kalten Außentemperaturen sind solche Wärmepumpen im Vorteil, die das Erdreich, einen Abwasserkanal oder eine andere „wärmere“ Quelle nutzen. Dann arbeiten sie effizienter als Luft-Wasser-Wärmepumpen. Meist erfordern diese Systeme aber höhere Investitionskosten.
HLH: Ein anderer Vorbehalt: Wärmepumpen sind Stromfresser und belasten das Stromnetz vor Ort.
Hettler: Auch diese Sorge ist weitestgehend unbegründet. Bei einem normalen Energiestandard des Gebäudes machen Wärmepumpen aus Umweltwärme mit Hilfe einer Kilowattstunde Strom rund drei bis vier Kilowattstunden Wärme. Liegt der Faktor bei drei, kommen rund zwei Drittel der Wärme aus der Umwelt und ein Drittel über den Strom. In einem Einfamilienhaus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche benötigt man also für eine typische zwölf Kilowatt Heizleistung nur rund vier Kilowatt Leistung aus dem Stromnetz. Rechnet man nun die Leistung des üblicherweise in Wärmepumpenheizungen integrierten Heizstabes mit ein, kommt man auf maximal zehn Kilowatt. Allein beim Kochen oder Backen wird ähnlich viel Leistung benötigt. Zusätzlich Stromkosten sparen, kann man durch eine eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach.
HLH: Mit Wärmepumpen zu heizen sei viel zu teuer, lautet ein weiteres Argument.
Hettler: Die Betrachtung der Gesamtkosten spielt eine entscheidende Rolle. Zwar ist der Preis beim Kauf von Wärmepumpen deutlich teurer als etwa der von Gasheizungen. Im Schnitt liegen die Anschaffungs- und Installationskosten in einer Größenordnung von 30 000 bis 45 000 Euro im Vergleich zu rund 15 000 Euro für eine Gasbrennwerttherme. Der Staat gibt jedoch eine hohe finanzielle Förderung. Die Mehrkosten der Investition sind somit deutlich geringer.
Die Wirtschaftlichkeit einer Heizung hängt jedoch nicht nur vom Anschaffungspreis ab, sondern durch die Lebensdauer von zumindest 20 Jahren vor allem von den Betriebskosten. Und die sind bei gut geplanten Wärmepumpen meist günstiger als bei Gas- oder Ölheizungen. Laut einer Prognos-Studie wird die Kilowattstunde Gas mittelfristig voraussichtlich durchschnittlich rund zwölf Cent kosten. Die Stromkosten sollen mittelfristig bei rund 30 Cent pro Kilowattstunde liegen, für Wärmepumpen werden niedrigere Tarife erwartet. Erzeugt eine Wärmepumpe mit Hilfe einer Kilowattstunde Strom mehr als drei Kilowattstunden Wärme, spart das jedes Jahr Geld. Hat man eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und nutzt einen Teil des günstigen Solarstroms für die Wärmepumpe, erhöht sich der Betrag noch weiter – Strom aus der Solaranlage kostet nur rund zwölf bis 14 Cent pro Kilowattstunde. Hinzu kommt, dass Erdgas aufgrund der steigenden CO2-Bepreisung auf Dauer immer teurer werden wird, was Heizen mit einer Wärmepumpe noch attraktiver macht. Außerdem steigt der Gebäudewert bei der Nutzung erneuerbarer Energien.
Fazit: Die Einsparung bei den Betriebskosten wird zukünftig in vielen Fällen größer sein als die höheren Investitionskosten. Heizen mit einer Wärmepumpe ist daher oft die günstigere Variante. Bei Luftwärmepumpen, der dominierenden Wärmepumpentechnologie am deutschen Markt, ist das bereits belegt: Fraunhofer ISE und Prognos kommen in ihren Studien von 2021 und Anfang 2023 zu dem Schluss, dass Luftwärmepumpen in neuen Ein- und Zweifamilienhäusern immer günstiger sind als Gasheizungen. Selbst im Bestand liegen die Kosten von Luftwärmepumpen mindestens gleichauf mit Gasheizungen. Wird eine Photovoltaikanlage genutzt, sind sie in der Regel günstiger.
HLH: Und dann gibt es noch das Argument, dass Wärmepumpen viel zu laut seien
Hettler: Grundsätzlich gilt, dass Erdwärmepumpen und Grundwasserwärmepumpen praktisch nicht hörbar sind. Nur bei Luftwärmepumpen verursacht der Ventilator Geräusche. In den vergangenen Jahren haben die Wärmepumpenhersteller den Geräuschpegel ihrer Geräte immer weiter verringert. In den Umgebungsgeräuschen geht der Klang vieler Wärmepumpen inzwischen unter. Nur im tiefsten Winter kann die Wärmepumpe im Volllastbetrieb deutlicher zu hören sein. Das ist aber ohnehin die Zeit, in der man die Fenster geschlossen hat und die Geräusche nicht wahrnimmt.
Der Gesetzgeber hat ebenfalls vorgesorgt: In reinen Wohngebieten darf die Wärmepumpe tagsüber nicht lauter als 50 Dezibel sein, nachts sinkt der erlaubte Pegel auf 35 Dezibel. Inzwischen gibt es Wärmepumpen mit Flüstermodus und Schallschutzhauben, die auf Volllast nicht lauter als 30 Dezibel sind. Zum Vergleich: 30 Dezibel entsprechen einem Gespräch im Flüsterton.
HLH: Und noch ein Klassiker zum Ende: Wärmepumpen bringen nichts für das Klima
Hettler: Doch, das tun sie. Der Hauptteil der Wärme kommt ja klimaneutral aus der Umwelt. Aufgrund des steigenden Anteils von Strom aus erneuerbaren Quellen in den kommenden Jahren – aktuell liegt er bereits bei knapp über der Hälfte – werden Wärmepumpen künftig noch klimafreundlicher. Was die CO2-Emissionen angeht, schneiden Wärmepumpen bereits beim heutigen Anteil des Kohlestroms im Strommix über das ganze Jahr betrachtet deutlich besser ab als Brennwertsysteme, die Erdgas oder Heizöl nutzen. Kombiniert man die Wärmepumpe mit einer Photovoltaikanlage, sinken die CO2-Emissionen noch weiter.