Wärmepumpe: Auch eine Lösung für Mehrfamilienhäuser?
In kleinen Wohneinheiten kommen Wärmepumpen aktuell immer häufiger zum Einsatz. Aber im Geschosswohnungsbau? Ein Projekt im oberbayerischen Burghausen zeigt, wie 42 Mietwohnungen durch den Einsatz eines Kaskaden-Systems energiesparend mit grüner Wärme versorgt werden.
„Eine Wohnung ist für uns ein Grundgut wie das Brot vom Bäcker – das ist kein Wegwerfartikel“, sagt Markus Huber. Für den Geschäftsführer der Burghauser Wohnbau GmbH (BuWoG) hat das Zuhause seiner Kunden einen hohen Stellenwert. Die BuWoG möchte als Tochtergesellschaft der Stadt Burghausen gutes und günstiges Wohnen ermöglichen. Dabei spielt auch Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle – insbesondere, wenn es um das Heizsystem der Gebäude geht. „Wir benötigen Fachplaner und Projektpartner, die eine Affinität zum Umweltschutz haben“, betont Huber. Heute werden hier 42 Mietwohnungen von einem Wärmepumpensystem versorgt.
Gebäudekomplex mit 3.000 Quadratmeter Wohnfläche
Gut 19.000 Einwohner leben in Burghausen im oberbayerischen Landkreis Altötting, der Fluss Salzach bildet die Grenze zu Österreich. Prägend und touristischer Anziehungspunkt ist die längste Burganlage der Welt – über mehr als einen Kilometer und mit sechs Burghöfen erstreckt sie sich über der denkmalgeschützten Altstadt. Rund zwei Kilometer entfernt haben im Neubau an der Burgkirchener Straße viele Familien ihr neues Zuhause gefunden.
Der 108 Meter lange Gebäudekomplex mit vier Treppenhäusern umfasst 42 Mietwohnungen mit Balkon oder Terrasse, darunter drei behindertengerechte Wohneinheiten. Insgesamt stehen auf dem rund 4.900 Quadratmeter großen Grundstück mehr als 3.000 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung. Zwölf Millionen Euro wurden für den Neubau veranschlagt und das Projekt öffentlich ausgeschrieben. Die geplanten Kosten ließen sich schließlich um rund eine halbe Million Euro unterschreiten. Spatenstich war im April 2020, im Juni 2022 war das fertiggestellte Mehrfamilienhaus bereits komplett bezogen.
Luft-Wasser-Wärmepumpen und Photovoltaik
Teil der Ausschreibung war das Heizsystem – als zentrale Komponente der technischen Gebäudeausrüstung. Der Zuschlag ging an ein Wärmepumpensystem, das auf Effizienz und niedrige Energiekosten optimiert ist. Sebastian Meierhofer, Verkauf Außendienst bei Buderus in der Region Traunstein, erklärt das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten: „Installiert wurde hier eine Kaskade aus drei Luft-Wasser-Wärmepumpen, die Wärme und Warmwasser erzeugen. Die Wärme zur Beheizung der Mietwohnungen wird über Fußbodenheizungen verteilt und das Warmwasser über Hybrid-Wohnungsstationen nacherwärmt. Damit stellen wir die Trinkwasserhygiene sicher.“ Praktisch für Planer und planende Heizungsfachbetriebe: In seiner Hydraulikdatenbank bietet der Hersteller spezielle Kaskaden-Hydrauliken an – das erleichtert die Konzeption des Heizsystems.
Der Strom für den Wärmepumpenbetrieb kommt vom Dach des Wohnkomplexes, dort ließen die Projektverantwortlichen eine großzügig dimensionierte Photovoltaikanlage installieren: 270 Module auf einer Fläche von 500 Quadratmetern bringen eine Gesamtleistung von 99,9 kWp.
Im Keller des Gebäudes befinden sich mehrere Batteriespeicher mit einer Gesamtleistung von 50 kW. Sie halten den eigenproduzierten Strom für Zeiten ohne Sonneneinstrahlung vor. Beides trägt dazu bei, die Energiekosten für die Wärmepumpen so gering und den Autarkiegrad so hoch wie möglich zu halten. Zwei Systempufferspeicher ergänzen das System, jeder Speicher fasst 1.500 Liter. Dadurch lassen sich Wärmeerzeugung und -bereitstellung voneinander entkoppeln und die Wärmepumpen optimal betreiben.
Luft-Wasser-Wärmepumpen-Kaskade mit 114 Kilowatt Gesamtleistung
Die Heiztechnikkomponenten wurden zu einem stimmigen System vereint: Bei der verwendeten Luft-Wasser-Wärmepumpen-Kaskade handelt es sich um drei Logatherm WLW286–38 A mit einer Gesamtleistung von 114 kW (bei A-7/W35). Die Wärmeerzeuger nutzen die kostenlose Umweltwärme aus der Luft und eignen sich sowohl für Einfamilienhäuser als auch für größere Objekte wie den Wohnkomplex in Burghausen. Für das Neubauprojekt waren die „inneren Werte“ der Wärmepumpen mit ausschlaggebend: Die Logatherm WLW286–38 A arbeitet mit einer hohen jahreszeitbedingten Raumheizungs-Energieeffizienz ETAs von 130 Prozent (bei durchschnittlichem Klima und W55). Das trägt zu einer sehr guten CO2-Bilanz und einem umweltfreundlichen Betrieb bei. Bei Vorlauftemperaturen von 35 °C und 55 °C erreicht sie in der Leistungsgröße 38 Kilowatt die Energieeffizienzklasse A++. Im Mehrfamilienhaus Burghausen erzeugt die Wärmepumpenkaskade konstant 38 °C Vorlauftemperatur. Die außen aufgestellten Wärmeerzeuger bleiben trotz ihrer großen Leistung akustisch unauffällig, dazu trägt auch die massive Bauweise der Außeneinheit bei: Diese reduziert die Geräusche, sodass ein Einsatz in Wohngebieten problemlos möglich ist, der Schallleistungspegel beträgt maximal 72 dB(A). Die Planer haben den Aufstellort zudem so gewählt, dass die Außeneinheiten in ausreichender Entfernung zum Wohngebäude platziert sind und die Mieter keine Betriebsgeräusche wahrnehmen.
Kaskadenregelung verbessert den Betrieb
Die Installation des Heizsystems an der Burgkirchener Straße wurde ausgeführt von der Schwibach GmbH aus Simbach am Inn. Der SHK-Fachbetrieb mit insgesamt 23 Mitarbeitenden besteht seit 2005. Die Wärmepumpen-Außeneinheiten ließen die Fachhandwerker per Kran auf dem Aufstellort platzieren, dank einschraubbarer Ösen ging dies schnell vonstatten. Mit nur 1,9 Quadratmetern Aufstellfläche pro Außeneinheit fällt der Platzbedarf gering aus, zum Schutz vor Vandalismus umgibt ein Stahlgitterzaun die außenstehende Technik.
Im Heizungskeller ermöglicht eine Kaskadenregelung (Logamatic WPM100K) einen optimalen Betrieb der einzelnen Wärmepumpen im System. Sie eignet sich für Kombinationen von bis zu vier Geräten, unabhängig von Leistungsgröße und Reversibilität. Welche Vorteile die Regelung bietet, erklärt Sebastian Meierhofer: „Der Kaskadenregler koordiniert nicht nur die Wärmepumpen untereinander je nach aktueller Wärmebedarfsanforderung, sondern gleicht auch die Laufzeiten der Kompressoren an. Dadurch haben wir über den Betriebszeitraum der Wärmepumpen eine viel gleichmäßigere Belastung.“ Das wiederum trägt laut Meierhofer zu einer längeren Lebensdauer der Komponenten bei.
Parameter der Wärmepumpe lassen sich über den integrierten Vier-Zoll-Touch-Bildschirm einstellen. Praktisch für die Installation: Die Kaskade benötigt nur einen Außentemperaturfühler. Die Fachhandwerker der Schwibach GmbH haben dazu einen der Außentemperaturfühler verwendet, der bei jeder Logatherm WLW286 A im Lieferumfang enthalten ist.
Das Heizsystem in der neuen Burghausener Wohnanlage hat sich in der Praxis bewährt. Ein Projekt dieser Größenordnung gelingt nur dank vieler Beteiligter. Fabian Schwibach, Geschäftsführer der Schwibach GmbH, freut sich daher über die gute Zusammenarbeit: „Mit der Burghauser Wohnbau GmbH und Buderus hatten wir die richtigen Partner an der Seite, um die Heizungsanlage wie geplant umsetzen. Vom Wärmepumpensystem selbst bin ich persönlich rundum überzeugt, die Anlagenbetreiber haben damit in eine umweltschonende und zukunftsfähige Technik investiert.“
Option Mieterstrom
Eine Optimierung hat die BuWoG als Bauträger und Verwalter des neuen Gebäudes bereits angedacht: Sobald dies gesetzlich möglich ist, möchte sie Mieterstrom anbieten. Die Bewohner könnten dann künftig günstigen Strom direkt vom Hausdach beziehen.