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Anwendungsbericht: Maicklerschule (Fellbach) 02.10.2024, 09:38 Uhr

Cluster-Grundschule intelligent belüftet

Im Sommer 2023 nahm im baden-württembergischen Fellbach die erste Cluster-Grundschule den Unterrichtsbetrieb auf. Die Maicklerschule setzt architektonisch wie pädagogisch neue Maßstäbe für zeitgemäßes Lernen und Lehren. Und auch die Lüftungstechnik sollte höchsten Ansprüchen genügen – zum Wohlbefinden von Schülern, Lehrkräften und Umwelt.

Von außen quadratisch, kompakt und klar: Das Schulgebäude wurde für rund 400 Schüler konzipiert. Foto: Brigida Gonzáles

Von außen quadratisch, kompakt und klar: Das Schulgebäude wurde für rund 400 Schüler konzipiert.

Foto: Brigida Gonzáles

Damit Lernen Freude macht, muss sich Schule gut anfühlen. Dass der buchstäbliche Raum Schule hierbei eine maßgebliche Rolle einnimmt, ist unumstritten. Die neue Maickler-Grundschule zeigt eindrücklich, wie Schule zeitgemäß und zukunftsfähig gedacht werden kann. Statt traditionell separierten Klassenzimmern mit auf Frontalunterricht ausgerichteten Lern-Arrangements ist der Neubau als Cluster-Schule konzipiert. Verantwortlich dafür zeichnet das Augsburger Büro löhle neubauer architekten BDA. Der dreigeschossige Neubau bildet im städtebaulichen Kontext einen identitätsstiftenden Anker – zusammen mit der angrenzenden Kirche Maria Regina. Die offenen Gebäudetypologien des Schulzentrums erfahren durch den kompakten und klaren Baukörper eine visuelle Einordnung. Die Bauzeit betrug nur zwei Jahre, trotz Rohstoff- sowie Fachkräftemangel und erschwerten Lieferbedingungen während der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs.

Hell und offen: Jedes Jahrgangscluster nutzt in der Maicklerschule einen eigenen Gebäudebereich, Durchgangszonen werden vermieden.

Foto: Brigida Gonzáles

Auf rund 4 000 Quadratmetern bietet die Grundschule Platz für bis zu 400 Schüler. Das Erdgeschoss des quadratischen Baukörpers erschließt sich über einen Vorplatz und den überdachten Eingangsbereich. Im Innern sind neben Verwaltungs- und Personalräumen das weitläufige Foyer sowie die Mensa angesiedelt, die sich über mobile Raumtrenner verbinden lassen. Durch Blickbezüge zum begrünten Atrium, den Innenhöfen und verschiedene überdachte Pausenflächen erfährt diese Raumeinheit eine helle und freundliche Atmosphäre. In den beiden oberen Stockwerken erschließt sich das Cluster-Prinzip. Architekt und Büroinhaber Rainer Löhle erklärt: „Es gibt keine langen Schulflure mit festen Klassenzimmern, hinter deren Türen jede Klasse nur für sich lernt. Stattdessen bilden alle Schüler einer Klassenstufe ein Jahrgangscluster, das je einen gemeinsamen Bereich im Stockwerk nutzt.“ In diesen „vier Häusern“ sind alle Lernräume um den „Marktplatz“ – die Clustermitte als zentralen Treff- und Lernpunkt – gruppiert. Ebenso die zugehörigen Gruppenräume, Differenzierungs- und Inklusionszimmer, Computer- und Ruheräume. Durch den baulichen Bezug zum Atrium ist auch hier die natürliche Belichtung gewährleistet. Je nach Bedarf können die Schüler so differenzierte Lernangebote gemeinsam wahrnehmen und individuell gefördert werden. Um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, gibt es überdies keine störenden Durchgangszonen für „fremde“ Jahrgangscluster. Frank Gottschalk von der Stadt Fellbach berichtet: „So eine flexible Architektur ist für eine Schule trotz breitem Umdenken in der Branche immer noch ungewöhnlich. In 20 Jahren wird das Gebäude immer noch so aktuell sein wie heute.“

Optimales Klima für konzentriertes Lernen

Neben der Innenarchitektur spielt für das buchstäblich richtige Wohlfühlklima in der Grundschule auch die technische Gebäudeplanung eine wichtige Rolle. Für die Maicklerschule plante Kiefer Klimatechnik in enger Abstimmung mit den Ingenieuren der ebök GmbH (Tübingen) die Anlagenkomponenten und Bauelemente der Lüftungstechnik. Auch für deren Komplettinstallation waren die Stuttgarter verantwortlich. Das Anlagenkonzept baut auf zwei Säulen auf: So besteht die Lüftungsanlage aus zwei zentralen Lüftungsgeräten, die im Technikraum des Untergeschosses installiert sind und verschiedene Nutzbereiche versorgen.

Die erste Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung via Rotor dient der Belüftung der Klassen- und Lernräume sowie von Mensa, Cafeteria und Foyer. Bei einem Volumenstrom von 18 000 Kubikmetern pro Stunde entspricht das einem etwa dreifachen Luftwechsel. Der Volumenstrom ist dabei zeitlich an die Raumnutzung angepasst: Während der Unterrichtszeiten ist er in Foyer und Mensa reduziert, läuft aber in den Cluster- und Nebenräumen bei voller Leistung. In den Pausen und während des Mittagsessens wird das Prinzip umgekehrt. Die Regelung des Volumenstroms erfolgt in den Geschossen selbst über variable Volumenstromregler, der Betrieb der Anlage ist dabei druckkonstant.

In der Lernwerkstatt und in der Cafeteria sind die Schlitzauslässe kaum wahrnehmbar oberhalb der Küchentheke platziert.

Foto: Brigida Gonzáles

Die Frischluftzufuhr in den betreffenden Räumen erfolgt über Schlitzdurchlässe in verschieden Ausführungen. In den Klassenzimmern verlaufen diese etwa parallel zur Fensterfront, im Foyer sind sie kaum sichtbar in den schwarzen Rahmen der Treppenaussparung integriert. In der Cafeteria schließen sie oberhalb der raumhohen Küchen- und Ausgabetheke an.

Die Anordnung der Schlitzdurchlässe an der Fensterfront ist ein Kompromiss zwischen Architektur und Technik. Zur Erzielung einer gleichmäßigen Raumdurchströmung der etwa sieben Meter tiefen Klassenzimmer ist der Schlitzdurchlass mit einem asymmetrischen Ausblasverhalten versehen. Hierbei wird der Zuluftstrahl in viele Einzelstrahlen aufgeteilt – mit einem kleinen Anteil senkrecht nach unten und mit einem größeren Anteil 45 ° in den Raum hinein. Zusätzlich erfolgt die Ablufterfassung an der gegenüber liegenden Raumseite, um diesen Effekt zu verstärken. Die verbrauchte Luft strömt über Schattenfugen in die abgehängte Decke und wird dort mittels Tellerventilen sowie Gittern ab­gesaugt und über das Außengebäude abgeführt. Im Ergebnis eine zugfreie Raumluftströmung ohne spürbare Luftbewegung mit guter Raumdurchspülung der Klassenzimmer.

Lernräume: Die Frischluftzufuhr erfolgt durch 24 Millimeter schmale Schlitzauslässe parallel zur Fensterfront. Die verbrauchte Luft wird über Schattenfugen abgeführt.

Foto: Brigida Gonzáles

Die zweite Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung via Kreuzstrom-Wärmetauscher dient der Be- und Entlüftung der Schulküche. Hier beträgt der Volumenstrom 7 000 Kubikmeter pro Stunde und wird über die Drehzahl der Ventilatoren eingestellt. Die Luftabfuhr erfolgt über ein Kanal- beziehungsweise Rohrnetz aus verzinktem Stahl und wird mittels Dachventilatoren direkt ins Freie geblasen, wodurch Geruchsübertragungen in die Zuluft und somit in die Lern- und Aufenthaltsbereiche vermieden werden. Dabei sind die Komponenten im Fortluftkanal speziell auf fetthaltige Abluft ausgelegt.

Die gesamte RLT-Anlage ist in eine komplexe Gebäudeautomation auf Basis von BACnet (Building Automation and Control Network) eingebunden. Hierüber erfolgt auch der Zugriff auf die Lüftungsanlagen. Auf jeder Etage kann der Betriebszustand der Lüftungsanlage schnell und unkompliziert abgerufen werden, ohne die einzelnen Räume zu betreten. In der Technikzentrale im Untergeschoss laufen alle gebäudetechnischen Informationen zusammen und können über ein Touchscreen-Display zentral erfasst, kontrolliert und im Detail justiert werden.

Von Marc Daniel Schmelzer / Norbert Hinderer, Kiefer Klimatechnik GmbH