Luftbefeuchtung schützt vor elektrostatischer Entladung
Nach Inbetriebnahme einer neuen Sicherheitskontrolle am Nürnberger Flughafen kam es dort immer wieder zu elektrostatischen Entladungen. Durch den Einbau einer Luftbefeuchtung konnte das Problem gelöst werden – mit einem Zusatznutzen für Personal und Passagiere.
Der Albrecht Dürer Airport Nürnberg zählt zu den Top 10 der internationalen deutschen Verkehrsflughäfen. Bis zu 4,5 Millionen Passagiere jährlich (2018) starten von hier aus zu Urlaubs- und Geschäftsreisen. So wie sein Namensgeber, der als Maler und berühmtester Sohn Nürnbergs mit seinen Initialen und Selbstbildnissen sowohl die erste Marke als auch das Selfie erfunden haben soll, versteht sich der Airport als Vorreiter und Pionier. „Dabei zeichnet uns besonders der familiäre Zusammenhalt und das Engagement unserer Kolleginnen und Kollegen aus. Wir sind sehr agil, wenn es darum geht neue Lösungen zu finden, um die Servicequalität für unsere Kunden weiter zu verbessern“, sagt Thomas Harrer, Leiter Betriebstechnik bei der Flughafen Nürnberg GmbH. Ein Beispiel dafür sei die Sicherheitskontrolle, die 2016 in einem neuen Gebäude für alle Terminals zentralisiert wurde, um die Schnelligkeit und den Komfort für die Passagiere zu erhöhen.
Veränderte Elektrostatik im Neubau
Mit der Inbetriebnahme der neuen zentralen Sicherheitskontrolle entstanden allerdings bisher unbekannte Probleme mit elektrostatischen Entladungen. Insbesondere an den Rollentischen für die Gepäckbeförderung beschwerten sich die Mitarbeiter massiv über unangenehme Stromschläge. Nach intensiver Analyse möglicher Ursachen wurde eine zu geringe Luftfeuchte im neuen Gebäude als ausschlaggebender Grund festgestellt. Messungen ergaben, dass die Dampf-Luftbefeuchtung in der Zuluft der raumlufttechnischen Anlage mit geregelten 30 % relativer Luftfeuchte nicht ausreicht. Erst bei einer konstanten relativen Luftfeuchtigkeit ab 40 % bildet sich ein natürlicher, leitender Feuchtigkeitsfilm auf schwer leitenden Materialien wie zum Beispiel Gummi oder Kunststoff. Dadurch werden auch die isolierenden Oberflächen der Rollentische leitfähiger. Bei Reibungskontakten durch die Gepäckbeförderung und anschließender Trennung ist ein vollständiger Ladungsaustausch zwischen den Materialien möglich, ohne dass es zu Aufladungen und schmerzhaften Stromschlägen kommt. „Nachdem wir wussten, wie wir die Elektrostatik-Probleme lösen können, haben wir uns entschieden, eine zusätzliche Luftbefeuchtung nachzurüsten. Die positiven Effekte auf das Wohlbefinden und die Gesundheit waren weitere Argumente dafür“, fasst Thomas Harrer die Ausgangslage im Jahr 2018 zusammen.
Weniger Energiekosten als mit Elektroden-Dampfbefeuchtung
Für die Betriebstechnik der Flughafen Nürnberg GmbH sollte das zusätzliche Luftbefeuchtungssystem zwingend drei Eigenschaften erfüllen: Neben einer möglichst hohen Energieeffizienz sollte auch der Aufwand für den nachträglichen Einbau gering und die Nachrüstung technisch einfach sein. Aufgrund der hohen Abwärme der Kontrollgeräte und der Passagierdichte in der Sicherheitskontrolle war es zusätzlich gewünscht, die Wärmelasten spürbar zu senken und ein angenehmes Raumklima zu schaffen. Die bestehende Elektroden-Dampfbefeuchtung im Luftkanal sollte als Fallback-Lösung betriebsbereit bleiben. Ein Ausbau kam deshalb für Thomas Harrer nicht in Frage: „Nicht zuletzt auch aufgrund der Energiekosten haben wir uns jedoch gegen eine erneute Dampf-Befeuchtung und für eine adiabate Direkt-Raumluftbefeuchtung mit Hochdruckdüsen entschieden.“
Angenehmes Raumklima an der Abfertigung
Seit 2019 sind in der Sicherheitskontrolle des Airports 37 Hochdruckdüsen-Luftbefeuchter vom Typ TurboFog im Einsatz. Die von der Hallendecke abgehängten Systeme sind über dem Anstellbereich und der Gepäckbeförderung positioniert. Die mikrofeine Vernebelung mit einer Tröpfchengröße von unter 15 μm wird durch eine Hochdrucktechnologie erreicht, die das Wasser mit einem Betriebsdruck von bis zu 85 bar durch Hochleistungsdüsen presst. Der adiabatische Kühleffekt der Kaltwasser-Verdunstung sorgt für ein angenehmes Raumklima: 100 Liter Wasser einer Hochdruckdüsen-Luftbefeuchtung absorbieren rund 70 kW Wärme bei nur 0,6 kW Energieaufwand. Die gewünschte Mindestluftfeuchte von 40 % wird über Raumsensoren geregelt, die permanent die Klimasituation im Bereich der Sicherheitskontrolle überwachen und ein konstantes Feuchteniveau sicherstellen. Die Aktivierung der Hochdruck-Luftbefeuchter erfolgt punktgenau nach Unterschreitung des eingestellten Sollwertes. Das System wurde über Modbus auf die BACnet-Gebäudeleittechnik aufgeschaltet, sodass alle Betriebszustände jederzeit überwacht und die Luftfeuchten aufgezeichnet werden können.
Regelmäßiger Containeraustausch schützt vor Verkeimung
Unverzichtbare Anforderung für die Betriebstechnik des Flughafens war die hygienische und sichere Funktion der Luftbefeuchtung. Garant für die Qualität und die Hygiene der Direkt-Raumluftbefeuchtung ist dabei eine mehrstufige Wasseraufbereitung bestehend aus Enthärter, Filterstufen, einer zentralen Umkehrosmose und einer zusätzlichen UV-C Entkeimung. Um präventiv vor einer Verkeimung wasserführender Elemente zu schützen, sind regelmäßige Kontrollen, Desinfektionen und der Austausch von stark beanspruchten Systembauteilen erforderlich. Sowohl die systemeigene Wasseraufbereitung als auch die Hochdruckpumpe des Systems sind dafür in tragbare Kleincontainer eingebaut, die zur Wartung ausgetauscht werden. Der Flughafen erhält im Rahmen eines automatisierten Wartungsplanes alle sechs Monate komplett gewartete und desinfizierte Austauschgeräte, die außerhalb des Sicherheitsbereiches in einer Technikzentrale installiert sind.
„Dieser Container-Austausch ist neben der adiabatischen High-End-Hochdrucktechnik eines der Alleinstellungsmerkmale bei Condair Systems. Für uns bedeutet dieser Service große Sicherheit, einfaches Handling und wenig Aufwand“, erläutert Thomas Harrer. Dass die Anlage auch im laufenden Betrieb hygienisch funktioniert und dem Stand der Technik entspricht, wird außerdem einmal jährlich durch VDI geprüfte Fachingenieure bestätigt. Da das verwendete Draabe System nach der VDI 6022 Blatt 6 zertifiziert ist, gehört diese jährliche Vor-Ort-Prüfung ebenfalls zum Regelservice des Herstellers.
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