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Trinkwasserhygiene 01.02.2019, 00:00 Uhr

Temperaturhaltung durch Kaltwasserkühlung

Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Regelwerken macht Vorgaben für den Erhalt der Trinkwasserhygiene. Beobachtungen aus der Praxis zeigen jedoch noch immer, dass in der Gesamtkette Planung, Ausführung und Betrieb massive Verletzungen grundlegender Anforderungen der Trinkwasserhygiene vorkommen, die Ursache für die Schaffung optimaler Wachstumsbedingungen für Mikroorganismen sind. Besonders erhöhte Umgebungslufttemperaturen in Installationsbereichen und die daraus resultierende Erwärmung des Kaltwassers sind in den vergangenen Jahren vermehrt in den Fokus gerückt und stellen Fachplaner und Fachhandwerker vor immer größere Herausforderungen. Dieser Beitrag beschreibt zunächst die Ursachen der Temperaturproblematik und geht im Anschluss auf Lösungsmöglichkeiten ein.

Bild: panthermedia.net/silverjohn

Bild: panthermedia.net/silverjohn

Stagnation ist der wohl kritischste Faktor für die Vermehrung fakultativ-pathogener Krankheitserreger. Dies wird eindrucksvoll durch eine große Vielzahl nationaler und internationaler Regelungen (WHO, ECDC, HSE GB, ISSO NL) bestätigt, in denen der Stagnation die primäre Rolle für eine Verschlechterung der Wasserqualität in Gebäuden beigemessen wird. Neuere Untersuchungen aus der Mikrobiomforschung zeigen, dass schon 12 Stunden Stagnation ausreichend sind, um eine signifikante Erhöhung der Bakterienzahlen zu verursachen [1].

Der länger andauernde Kontakt von Trinkwasser mit den Werkstoffen (zum Beispiel Rohrleitungs- und Armaturenwerkstoffe) kann zu einer Aufkonzentrierung von Nährstoffen durch Migration von Werkstoffbestandteilen in das Trinkwasser führen. Eine Kombination aus schlechter Werkstoffqualität (zum Beispiel nicht DIN EN 16421 [2] geprüfte Materialien), Stagnation und ungünstiger Wasserbeschaffenheit fördern starke Biofilm-Entwicklung [3], in dessen Schutz sich auch fakultative Krankheitserreger – im internationalen Schrifttum sehr kennzeichnend als OPPP (Opportunistic Pathogens Premise Plumbing) bezeichnet – vermehren können. Des Weiteren fehlt in Stagnationsphasen ein Abtransport und damit eine Verdünnung der in den Wasserkörper gelangten Nährstoffe und der planktonischen Mikroorganismen. Stagnation schafft darüber hinaus Vermehrungsvorteile für die OPPPs. Die Nährstoffabgabe aus Materialien, die im Kontakt mit Trinkwasser stehen, muss so weit wie technisch möglich reduziert werden. Alle Materialien sind auf ihre „mikrobielle Eignung“ für den Bereich Trinkwasser zu überprüfen. Diese „mikrobielle Eignung“ ist eine Grundforderung von § 17 TrinkwV [4] und wird vom Umweltbundesamt als wichtiges Beurteilungskriterium für die Erstellung von Material-Positivlisten herangezogen. [5]

Zusätzlich gleichen sich in Stagnationsphasen auch bei normgerechter Dämmung der Rohrleitungen die Temperaturen des Trinkwassers an die Temperaturen der Umgebungsluft an, die dann im Vermehrungsbereich der Erreger liegen.

Temperaturverlauf des kalten Trinkwassers bei Stagnation in Trinkwasserleitungen (PWC) – gedämmt nach DIN 1988–200, Tab. 9. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Temperaturverlauf des kalten Trinkwassers bei Stagnation in Trinkwasserleitungen (PWC) – gedämmt nach DIN 1988–200, Tab. 9. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Niedrige Temperaturen bieten den Erregern schlechte oder keine Wachstumsbedingungen. Temperaturen nahe dem Wachstumsoptimum ermöglichen ein schnelles Wachstum. Bei Legionellen, atypischen Mykobakterien, aber auch bei P. aeruginosa sind Temperaturbereiche zwischen > 25 °C und < 55 °C, insbesondere aber 30 – 42 °C strikt zu vermeiden.

Legionellenwachstum in Abhängigkeit von der Temperatur. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Legionellenwachstum in Abhängigkeit von der Temperatur. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Häufig übersehen wird dabei der Kaltwasserbereich, in dem es durch Wärmeübergang (zum Beispiel gemeinsame Rohrleitungsführung in abgehängte Decken) zum regelhaften und über längere Zeiträume andauernden Überschreiten von 25 °C kommen kann. Als sichere Temperatur wird in der DVGW-Wasserinformation 90 [6] nur eine Temperatur von < 20 °C angesehen. Das entspricht auch vielen internationalen Vorgaben und ist nur durch aktive Prozesse wie zum Beispiel Kaltwasserkühlung sicher zu gewährleisten, insbesondere auch dann, wenn das kommunale Trinkwasser schon erhöhte Temperaturen aufweist.

Um das Wachstum von Mikroorganismen zu minimieren, müssen neben der Stagnationsvermeidung und der Begrenzung des Nahrungsangebotes insbesondere die Temperaturbereiche vermieden werden, die im Wachstumsoptimum der Erreger liegen und die das Mikrobiom für den Aufwuchs von OPPP positiv konditionieren.

Einfluss von Umgebungslufttemperaturen auf Verteilleitungen

Für die Erschließung des Gebäudes mit Trinkwasser stehen grundsätzlich zwei Verteilungskonzepte zur Verfügung. Bei einer horizontal orientierten Verteilung wird das Trinkwasser über eine zentral angeordnete Steigleitung in die Geschosse geführt. Von der Steigleitung zweigen in jedem Geschoss Stockwerks-Verteilungsleitungen ab, an die Stockwerks- beziehungsweise Einzelzuleitungen zur Versorgung der Entnahmearmaturen in den Nasszellen angeschlossen werden. Überwiegend horizontal ausgerichtete Verteilsysteme findet man häufig in hochinstallierten Gebäuden, wie zum Beispiel in Krankenhäusern und Hotels.

Prinzipdarstellungen von Trinkwasserinstallationen mit überwiegend horizontal bzw. vertikal verlaufenden Hauptverteilungsleitungen. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Prinzipdarstellungen von Trinkwasserinstallationen mit überwiegend horizontal bzw. vertikal verlaufenden Hauptverteilungsleitungen. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

In Wohngebäuden erfolgt die Versorgung mit Trinkwasser dagegen nahezu ausnahmslos in der Vertikalen, über Steigleitungen. Wie Vergleichsberechnungen zeigen, hat die Wahl des Verteilungskonzeptes horizontal oder vertikal einen großen Einfluss auf die hygienisch relevanten Rohrnetzparameter und nicht zuletzt auch auf die Erstellungskosten [7]. Die Wahl des Verteilungskonzeptes hat zudem erhebliche Auswirkungen auf die Erwärmung des kalten Trinkwassers, insbesondere in Stagnationsphasen. Bei horizontalen Verteilungen wird in der Regel die Zwischendecke in den Fluren als Installationsraum genutzt. In diesem Bereich sorgen neben den warmgehenden Leitungen der Sanitär- und Heizungstechnik weitere Wärmequellen, zum Beispiel aus der Elektro- und Lüftungstechnik, für Lufttemperaturen, die erfahrungsgemäß deutlich höher liegen als 25 °C. Der Wasserinhalt einer hier installierten kalten Trinkwasserleitung wird selbst bei hochwertiger Dämmung gemäß DIN 1988–200 [8] in einer Stagnationsphase bis auf Umgebungstemperatur, das heißt in der Regel auf Temperaturen über 25 °C, erwärmt.

Bei vertikalen Erschließungskonzepten kommt es hingegen zu einem Luftverbund zwischen dem Installationsschacht und der Installationsvorwand. Aufgrund der Brandschutzabschottungen im Bereich der Decken beschränkt sich dieser Luftverbund auf das jeweilige Stockwerk. Im Wohnungsbau ist es üblich, die Leitungen für das kalte Trinkwasser in einem Steigeschacht mit hohen Wärmelasten zu installieren. Im Luftverbund Schacht/Vorwand müssen daher mittlere Lufttemperaturen erwartet werden, die auch hier höher liegen als 25 °C. Die Dämmung der PWC-Stockwerks- und Einzelzuleitungen mit geringen Innendurchmessern kann in einer Stagnationsphase die Temperaturerhöhung auf Umgebungstemperatur nicht verhindern, sondern nur geringfügig zeitlich verzögern.

Sowohl bei horizontalen als auch bei vertikalen Verteilungskonzepten muss bei den heute noch üblichen Installationsstandards damit gerechnet werden, dass nach einer Stagnationsphase kurzzeitig übererwärmtes Kaltwasser mit Temperaturen > 25 °C aus der Entnahmearmatur austritt. Nach Ablaufen lassen des Stagnationswassers muss gemäß DIN 1988–200 [8] und DIN EN 806–2 [9] aber spätestens nach 30 Sekunden die Temperatur des kalten Trinkwassers geringer sein als 25 °C.

Gemessenes Temperatur-Zapfprofil bei Kaltwasserentnahme und Umgebungslufttemperaturen > 25 °C im Bereich der Vorwandinstallation. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Gemessenes Temperatur-Zapfprofil bei Kaltwasserentnahme und Umgebungslufttemperaturen > 25 °C im Bereich der Vorwandinstallation. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Gelingt dieser Nachweis nicht, ist die Gebrauchstauglichkeit der Trinkwasserinstallation im Sinne dieser normativen Regel nicht mehr gegeben.

Um dem Verbraucher auch nach einer Stagnationsphase kaltes Trinkwasser mit Temperaturen < 25 °C zur Verfügung zu stellen muss eine konsequente thermische Entkopplung der kalten Trinkwasserleitungen von Wärmequellen grundlegend verfolgt werden! Dabei muss die Wärmeübertragung (Strahlung, Leitung, Konvektion) von Wärmequellen auf Kaltwasserleitungen reduziert beziehungsweise unterbrochen werden. Eine thermische Entkopplung der kalten Trinkwasserleitungen von potenziellen Wärmequellen lässt jedoch ein horizontales Verteilungskonzept nicht ohne Weiteres zu, da die Hauptverteilungsleitungen in temperaturkritischen Zwischendecken verlegt werden müssen. Bei einer vertikal ausgerichteten Verteilung kann die thermische Entkopplung dagegen relativ einfach realisiert werden. Dazu muss nur die Steigleitung für das kalte Trinkwasser gemeinsam mit der Abwasserleitung in einem separaten kalten Schacht verlegt werden. Die Heizungs- und Warmwasserleitungen verbleiben in einem separaten Installationsschacht, in dem die Umgebungsluft für den Erhalt der Trinkwasserhygiene nicht von Bedeutung ist. Ein Luftverbund zwischen den Schächten über die Installationsvorwand muss durch Abschottungen verhindert werden.

Einfluss von Umgebungslufttemperaturen auf Stockwerksleitungen

Einen weiteren temperaturkritischen Bereich stellen Vorwandinstallationen in Nasszellenbereichen von öffentlichen Gebäuden und denen des Gesundheitswesens dar. Aufgrund der häufig geringen Nutzungsfrequenz der Trinkwasser-Entnahmearmaturen stellen in diesen Gebäuden die Verteilungskonzepte aus dem Wohnungsbau, wie zum Beispiel Stich- oder Reihenleitungen, keinen ausreichenden Wasserwechsel in den Leitungen kurz vor den Entnahmearmaturen sicher. Aus diesem Grund ist daher in Gebäuden des Gesundheitswesens bei Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasserinstallationen zusätzlich die „Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention“ [10] des Robert Koch Instituts zu berücksichtigen. Darin wird gefordert, dass „[…] Zirkulationsleitungen mit möglichst kurzen Verbindungen zur Entnahmestelle anzustreben sind […]“. Die Warmwassertemperatur muss unmittelbar vor dem Mischen am Auslass noch mindestens 55 °C betragen. Mit dieser Anforderung soll sichergestellt werden, dass der Übergang von warm nach kalt im Armaturenanschluss und damit außerhalb der Leitungsanlage stattfindet.

Die vorgenannten Anforderungen des RKI haben dazu geführt, dass bei Trinkwasserinstallationen in Gebäuden des Gesundheitswesens, die in den letzten 20 Jahren gebaut wurden, eine gesundheitlich relevante Belastung des erwärmten Trinkwassers mit Krankheitserregern nicht mehr zu erwarten ist.

Diese Installationsweise erhöht die trinkwasserhygienische Qualität einer Warmwasserinstallation erheblich, vergrößert aber auch die wärmeabgebende Oberfläche. Das hat zur Folge, dass zusätzlich Wärme in den Installationsraum (Schacht/Vorwand) eingetragen wird. Werden die zirkulierenden Warmwasserleitungen im unteren Bereich des Hohlraums einer Installations-Vorwand verlegt, erwärmt das kontinuierlich fließende Warmwasser die umgebende Luft. Auch hier kann eine thermische Trennung Abhilfe schaffen. Durch Verlegung der Warmwasserleitungen in der oberen Zone der Vorwand, wird der untere Bereich nicht mehr von der konvektiven Luftströmung erfasst [11]. Er bleibt weitestgehend kalt und empfiehlt sich so als Installationsraum für die Kaltwasserleitungen.

Thermografieaufnahme [10] einer Vorwandinstallation mit thermischer Trennung der Warmwasser- und Kaltwasserleitungen. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Thermografieaufnahme [10] einer Vorwandinstallation mit thermischer Trennung der Warmwasser- und Kaltwasserleitungen. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Zur Sicherstellung der thermischen Entkopplung müssen in einer Vorwandinstallation die zirkulierenden Warmwasserleitungen also immer oben und die Kaltwasserleitungen immer unten verlegt werden. Mit dieser Installationsregel können die Anforderungen des RKI erfüllt werden, ohne dass dadurch die Temperatur des kalten Trinkwassers unzulässig beeinflusst wird.

Erzwungener Wasserwechsel durch Spülmaßnahmen

Künftig sollte es das Ziel sein, dem Verbraucher auch nach einer Stagnationsphase kaltes Trinkwasser mit Temperaturen < 25 °C zur Verfügung zu stellen. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen die bisher üblichen Installationsgewohnheiten unter der Zielsetzung einer konsequenten thermischen Entkopplung der kalten Trinkwasserleitungen von Wärmequellen grundlegend verändert werden! Mit planerischen Maßnahmen muss dabei die Wärmeübertragung (Strahlung, Leitung, Konvektion) von Wärmequellen auf Kaltwasserleitungen reduziert beziehungsweise unterbrochen werden. Eine thermische Entkopplung der kalten Trinkwasserleitungen von potenziellen Wärmequellen lässt sich jedoch nicht immer ohne Weiteres realisieren, wie zum Beispiel bei horizontalen Verteilungskonzepten in temperaturkritischen Zwischendecken. In diesem Fall kann bei zu geringem Wasserverbrauch die vom kalten Trinkwasser aus der Umgebungsluft aufgenommene Wärme nicht mehr abgeführt werden. Dies führt zu einer Temperaturerhöhung des kalten Trinkwassers auf Umgebungslufttemperatur. Liegen in den Installationsbereichen Lufttemperaturen > 25 °C vor, sind optimale Wachstumsbedingungen für Bakterien gegeben. In solchen Fällen müssen zur Aufrechterhaltung des Wasserwechsels, automatisierte Wasserwechsel- und Spülmaßnahmen eingesetzt werden. Wasserwechsel- und Spülmaßnahmen sind auch dann erforderlich, wenn Trinkwasserinstallationen nur periodisch genutzt werden, mit Leerstand an Wochenenden oder in Ferienzeiten und Stagnationsphasen über mehrere Tage oder Wochen.

Im Gegensatz zu konventionellen Systemen, bei denen Wasserwechselmaßnahmen dezentral an jeder Entnahmestelle oder in jeder Nasszelle erfolgen müssen, reichen bei Strömungsteiler-Installationen lediglich einige zentral angeordnete Spülventile aus. Zentrale Spülventile ermöglichen eine zeit-, volumen- oder temperaturgesteuerte Durchströmung. Dabei wird entweder zu einem vorgegebenen Zeitpunkt oder mit Überschreiten eines Temperaturgrenzwertes eine Spülmaßnahme ausgelöst. Da die Spülvorgänge vom Nutzer unbemerkt durchgeführt werden, sind sie auch für Hotels und Gebäude des Gesundheitswesens geeignet.

Temperaturhaltung durch Kaltwasserkühlung

Vergleichende Simulationsrechnungen zeigen, dass dezentral durchgeführte und kurze, intensive Spülmaßnahmen, die dem reinen Wasseraustausch dienen, zur dauerhaften Absenkung der Temperaturen in Stockwerks-/Ringleitungen weniger geeignet sind, da die Wassertemperatur nach einem Spülvorgang innerhalb von weniger als zwei Stunden wieder auf Umgebungslufttemperatur ansteigt. Idealerweise muss der Spülvolumenstrom bei einer vorgegebenen Sollwerttemperatur für das kalte Trinkwasser genau die Wärmemenge abführen, die über die Oberfläche der Rohrleitung aufgenommen wird. Studien haben gezeigt, dass die Abfuhr der entsprechenden Wärme nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn mit geringen Volumenströmen über einen längeren Zeitraum gespült wird [12]. Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung des kalten Trinkwassers sind nur dann ökologisch und ökonomisch sinnvoll, wenn auch in den Sommermonaten das Trinkwasser vom WVU mit niedrigen Temperaturen (< 15 °C) in das Gebäude eingespeist werden kann. Insbesondere bei oberflächennaher Trinkwassergewinnung ist das in den Sommermonaten allerdings häufig über einen längeren Zeitraum nicht der Fall. Zu dem sorgen in den Sommermonaten hohe Außenlufttemperaturen für hohe Raumlufttemperaturen in nicht klimatisierten Gebäuden. Bei solchen Gegebenheiten kann nur noch eine aktive Kühlung des Trinkwassers im Kreislauf die Einhaltung der geforderten Temperaturen sicherstellen.

Eine Kaltwasserkühlung des Trinkwassers wurde erstmalig in den Hauptverteilungsleitungen von Kreuzfahrtschiffen realisiert. In England und Schottland wird mittlerweile eine Kaltwasserkühlung für Intensivstationen in Krankenhäusern empfohlen, in denen Patienten durch eine Immunschwäche, zum Beispiel aufgrund von Knochenmarktransplantationen, besonders gefährdet sind [13].

Damit in konventionellen Installationskonzepten ein Kreislaufsystem für das kalte Trinkwasser realisiert werden kann, muss ein zusätzliches Rohrleitungssystem aufgebaut werden. In Strömungsteiler-Installationen ist das nicht erforderlich, da das bereits für die Bedarfsdeckung vorhandene Rohrleitungssystem für die Kaltwasserzirkulation geeignet ist und mitgenutzt werden kann.

Schema einer Strömungsteiler-Installation mit Kaltwasserkühlung für das kalte Trinkwasser. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Schema einer Strömungsteiler-Installation mit Kaltwasserkühlung für das kalte Trinkwasser. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Im Gegensatz zu konventionellen Installationen ermöglichen Strömungsteiler-Installationen die kontrollierte Temperaturhaltung in allen Leitungsteilen bis in den Anschluss der Entnahmearmaturen hinein. Berechnungen zeigen, dass aufgrund der geringen Temperaturdifferenzen zwischen der Umgebungsluft und dem kalten Trinkwasser der Wärmeeintrag – und damit auch die Leistung des erforderlichen Kälteaggregates – relativ gering ist.

Wärmeaufnahme einer nach DIN 1988-200 gedämmten PWC-Leitung in Abhängigkeit von der Übertemperatur. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Wärmeaufnahme einer nach DIN 1988-200 gedämmten PWC-Leitung in Abhängigkeit von der Übertemperatur. Bild: FH Münster/ Gebr. Kemper

Im Gegensatz zur Warmwasserzirkulation, mit wesentlich höheren Temperaturdifferenzen, sind daher auch die zur Temperaturhaltung erforderlichen Volumenströme in Kaltwasser-Zirkulationssystemen eher gering [14]. Aus diesem Grund weisen die für den hydraulischen Abgleich benötigten Regulierventile sehr niedrige kV-Werte auf. Zudem muss bei länger andauerndem Kreislaufbetrieb ohne Wasserentnahme der Aufkonzentration der Wasserinhaltsstoffe durch einen gezielten Wasseraustausch entgegengewirkt werden. Kemper hat für diese Aufgabenstellungen ein spezielles Ventil entwickelt, in dem die Funktionen Spülen, Regulieren und Absperren vereint sind.

Fazit

Zur Reduzierung des Wärmeübergangs auf das kalte Trinkwasser müssen zunächst alle passiven Maßnahmen zur thermischen Entkopplung genutzt werden, wie die Leitungsführung in getrennten Schächten, die Abschottung der Schächte zu den Installationsvorwänden, die Erzeugung einer Temperaturschichtung in den Installationsvorwänden, dem Anschluss wandmontierter Entnahmearmaturen über ThermoTrenner und so weiter.

Trotz Realisierung dieser Maßnahmen muss in den Sommermonaten, mit Wassereintrittstemperaturen in das Gebäude > 20 °C und Raumlufttemperaturen > 25 °C, damit gerechnet werden, dass die Temperatur des kalten Trinkwassers längerfristig auf über 25 °C ansteigt. In der DVGW-Wasserinformation 90 [5] wird sogar als sichere Temperatur des kalten Trinkwassers nur eine Temperatur unter 20 °C angesehen.

Damit eine durch die Aufgabenstellung vorgegebene Temperaturgrenze für das kalte Trinkwasser zu jedem Zeitpunkt vom Betreiber eingehalten werden kann, bedarf es eines aktiven Prozesses. Da auch manuell ausgelöste oder temperaturgeführte Spülprozesse limitiert sind, empfiehlt sich als leistungsfähige und kostengünstige Alternative zur automatischen Temperaturhaltung die Kaltwasserkühlung des kalten Trinkwassers in Strömungsteiler-Installationen. Mit der definierten Durchströmung aller Leitungsteile im Kemper Hygiene System (KHS) kann zu jeder Zeit – auch in den Sommermonaten – eine vorgegebene Temperatur des kalten Trinkwassers (zum Beispiel < 20 °C) vor jedem Armaturenanschluss sichergestellt werden, ohne dass Wasserverluste durch Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung entstehen. Gemeinsam mit der Zirkulation des Warmwassers bis unmittelbar vor die Entnahmestellen kann eine durch die Trinkwasserhygiene geforderte Temperaturhaltung sowohl im kalten als auch im erwärmten Trinkwasser sichergestellt werden. Derartige Konzepte sind zukunftssicher, da mit ihnen auch künftig zu erwartende Anforderungen erfüllt werden können. Sie können als wesentlicher Bestandteil eines proaktiven – präventiven – Regimes angesehen werden, mit dem hygienische Mängel mit der Folge von möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen vermieden werden und nicht später durch kostenintensive Sanierungen beseitigt werden müssen.

Literatur

[1] Overnight stagnation of drinking water in household taps induces microbial growth and changes in community composition. Karin Lautenschlager, Nico Boon, Yingying Wang, Thomas Egli, Frederik Hammes. water research 44 (2010), pp. 4868-4877.

[2] Wasserfachliche Norm DIN EN 16421 2015–05: Einfluss von Materialien auf Wasser für den menschlichen Gebrauch – Vermehrung von Mikroorganismen, Beuth Verlag, Berlin.

[3] Flemming, C.; Kistemann, T.; Bendinger, B.; Wichmann, K.; Exner, M.; Gebel, J.; Schaule, G.; Wingender, J.; Szewzyk, U.: Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Biofilme in der Trinkwasserinstallation“. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2010).

[4] Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung), Bundesgesetzblatt Jahrgang 2018 Teil I Nr. 2, ausgegeben zu Bonn am 8. Januar 2018.

[5] Umweltbundesamt: Entwurf der Empfehlung Konformitätsbestätigung der trinkwasserhygienischen Eignung von Produkten. Stand: 29. August 2018.

[6] DVGW-Information Wasser Nr. 90 Informationen und Erläuterungen zu Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W 551 (Juli 2016).

[7] Kirchhoff, Timo; Mathys, Werner; Rickmann, Bernd; Bäcker, Carsten: Rohrführung für Erhalt der Trinkwasserhygiene entscheidend, In: Sanitärjournal Sonderheft Installationstechnik, Heizungs-Journal Verlags-GmbH, Winnenden 2018, S. 10-16.

[8] DIN 1988–200:2012–05: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe, Technische Regel des DVGW.

[9] DIN EN 806–2:2005: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 2: Planung. Deutsche Fassung EN 806–2:2005.

[10] RKI Richtlinie: Anforderungen der Hygiene an die Wasserversorgung Anlage zu Ziffer 4.4.6 und 6.7 der „Richtlinie für die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen“.

[11] Bäcker, C.: Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur thermischen Entkopplung in Trinkwasserinstallationen. Fachhochschule Münster (Labor für Haus- und Energietechnik), 2017.

[12] Rickmann, L.: Einfluss neuer Konzepte bei Planung und Konstruktion von Trinkwasserinstallationen in Großgebäuden auf die hygienische Qualität des Trinkwassers, UMIT (September 2014).

[13] HTA Part A (2006), Health technical memorandum 04–01: The control of legionella, hygiene, “safe” hot water, cold water and drinking water systems. Design, installation and testing. DH Estates and Facilities Division. The Stationery Office. ISBN 0–11–322744–2978–0–11–322744–0

[14] Markert, F.: Entwicklung eines Berechnungskonzepts für die Kaltwasserzirkulation in Gebäuden zur Erhaltung der Trinkwasserhygiene, Masterarbeit FH Münster 2015.

Von Timo Kirchhoff, Prof. Dr. Werner Mathys, Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann und Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker

Timo Kirchhoff, M. Eng., Leiter Produktmanagement, Gebr. Kemper GmbH+Co. KG, Olpe.

Prof. Dr. Werner Mathys, ehem. Institut für Hygiene, Universitätsklinikum Münster.

Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, ehem. Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt, FH Münster.

Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker, Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt, FH Münster.