Forscher testen Einsatz von Augmented Reality im Handwerk
Blaumann trifft AR-Brille: Wie kann man sich die Vorteile von Augmented Reality (AR) im Handwerk zunutze machen? Am Bremer Institut für Produktion und Logistik hat man nach Antworten auf diese Frage gesucht – und zahlreiche vielversprechende Ansätze gefunden.
Egal ob bei der Bemaßung, Installation oder Wartung – häufig fehlen Handwerkern auf der Baustelle exakte Werte, die nötigen Dokumentationen liegen nicht vor oder wurden nicht korrekt gepflegt. Doch dies könnte sich bald ändern: Im Rahmen des Forschungsprojekts „KlimAR“ haben Wissenschaftler des BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen gemeinsam mit dem auf Computeranimationen und Visualisierungen spezialisierten Ingenieurbüro AnyMotion zwei Jahre lang die Einsatzmöglichkeiten von Augmented Reality im Handwerk erforscht. Die Ergebnisse wurden jetzt vorgestellt.
Augmented Reality – was ist das eigentlich?
Erinnern Sie sich noch an Pokémon Go? Kinder wie Erwachsene liefen im Sommer 2016 fasziniert auf ihre Smartphones starrend durch deutsche Innenstädte und jagten Monster, die nur auf dem Handydisplay existierten. Die Effekte von Augmented Reality (engl: „Erweiterte Realität“) wurden hier erstmals für eine breite Masse greifbar. Das Prinzip: Der Nutzer betrachtet durch ein Hilfsmittel – in diesem Fall sein Smartphone – die reale Welt und bekommt eine zusätzlich Informationen virtuell eingeblendet. Ähnlich befremdlich wie die Gamer in deutschen Städten mag im ersten Moment auch der Anblick eines Handwerkers sein, der auf der Baustelle mit AR-Brille ausgestattet nach imaginären Objekten greift und sie im Raum verschiebt. Doch bald könnte auch dies Realität werden.
AR-Brille macht Daten vor Ort nutzbar
Im Rahmen eines Grundlagenprojekts entwickelten die Wissenschaftler des Bremer Instituts für Produktion und Logistik an der Universität Bremen gemeinsam den Animationsprofis des Ingenieurbüros AnyMotion ein AR-System, das Servicetechniker im Arbeitsablauf bei der Instandhaltung komplexer Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik unterstützt. Mit Hilfe der Datenbrille hat der Handwerker direkten Zugriff auf die technische Dokumentation, erhält bei Bedarf virtuelle Zusatzinformationen zur besseren Orientierung und Arbeitsunterstützung und kann die genutzten Dokumente in der Interaktion mit den eingeblendeten Inhalten direkt aktualisieren oder abändern. Suchaufwände im Instandhaltungsprozess werden auf diese Weise deutlich reduziert und Dokumentationsaufgaben unterstützt.
Direkter Zugriff auf CAD-Daten
Dafür greift das neu entwickelte System auf 2D-CAD-Daten (computer-aided design) zu, die im Rahmen der technischen Gebäudeplanung standardmäßig erstellt werden. Mit Hilfe der AR-Brille werden beispielsweise alle Schächte, Auslässe und Einbauten aus dem CAD-System deckungsgleich und maßstäblich auf die Decke oder den Fußboden projiziert. Dafür liest das Assistenzsystem die Daten direkt aus dem Konstruktionsprogramm AutoCAD ein. Umgekehrt können die Daten direkt auf der Baustelle korrigiert und ergänzt sowie anschießend wieder in das AutoCAD-System zurück übertragen werden. Ein Ausmessen wird dadurch überflüssig, Übertragungsfehler entfallen.
AR-Brille zukünftig für alle Gewerke anwendbar
Nach erfolgreichem Abschluss der ersten Entwicklungsphase plant das Ingenieurbüro AnyMotion nun das System gemeinsam mit der Funke GmbH & Co. KG aus dem niedersächsischen Twistringen bis zum Herbst 2020 zur Marktreife weiterzuentwickeln. Der Fachbetrieb für Technische Gebäudeausrüstung hatte das Projekt bereits bei der Realisierung einer raumlufttechnischen Anlage in der ersten Projektphase unterstützt. Zukünftig soll das AR-System auch für alle anderen Gewerke nutzbar sein.