Einregulierung von Zirkulationssystemen für Trinkwasser warm
Zum Erhalt der Trinkwassergüte (Stichwort: 60/55 °C) ist ein hydraulischer Abgleich von allen zirkulierenden Leitungsabschnitten unerlässlich. Welcher Weg dahin – über statische, thermostatische oder elektronische Regelventile – zielführend ist, wurde im Rahmen von Vergleichsmessungen in realen Bestandsgebäuden untersucht.
Der Hintergrund: Bis vor rund zehn Jahren, also vor Erscheinen des DVGW-Arbeitsblatts W 553, wurden zirkulierende Systeme für Trinkwasser warm (PWH-C) nach der DIN 1988–3 ausgelegt. Es ging also lediglich um die Einhaltung der Komfortbedingungen an den Zapfstellen. Seit Veröffentlichung des DVGW-Arbeitsblatts W 551 gilt aber zudem die Regel, dass die Temperaturen von Trinkwasser warm (PWH) zum Erhalt der Trinkwasserhygiene 55 °C nicht dauerhaft unterschreiten dürfen (Anmerkung: Es sei denn, es wird mit alternativen Verfahren ein vergleichbares hygienisches Niveau geschaffen).
Im bis heute gültigen Verfahren aus dem DVGW-Arbeitsblatt W 553 wurden außerdem, vornehmlich für eine gerechte Warmwasserabrechnung, überall gleiche Strangkopftemperaturen angestrebt. Im Ergebnis sind an den Stromvereinigungspunkten die Temperaturen aus dem Strangrücklauf und aus der Sammelleitung der Zirkulation für PWH zwar gleich, aber (häufig) höher als normativ gefordert. Dieser Effekt lässt sich nur vermeiden, wenn die Auslegung nach dem 2011 entwickelten Beimischverfahren erfolgt, das bereits ein Jahr später in Form eines Beimischfaktors in die Technischen Regeln für Trinkwasser-Installationen DIN 1988–300 aufgenommen wurde. Bei einem Beimischfaktor von 0 % folgt die Auslegung dem schon zuvor gültigen Verfahren nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 553; alle anderen Werte laufen als Beimischverfahren.
Unabhängig von dem eingesetzten Verfahren wird der hydraulische Abgleich zur Aufrechterhaltung der Mindesttemperatur von 55 °C im gesamten Rohrleitungsnetz für PWH zirkulierend aber generell umso aufwendiger, je größer und komplexer das System gestaltet ist (Bild 1).
Dennoch kann auf den Abgleich nicht verzichtet werden, da es sich ansonsten um einen Mangel handelt (Quelle: Beschluss des OLG München vom 21.11.2018, 28 U 1888/18 Bau (IBR 2020, 584); siehe auch DIN 1988–300, Kapitel 6.5 – Einregulierung des Systems). Die Trinkwasser-Installation ist also strangweise gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik wahlweise mit statischen, thermostatischen oder elektronisch gesteuerten Strangregulierventilen hydraulisch abzugleichen. Dies gilt im Übrigen auch bei Anlagen im Bestand.
Welche Ventil-Bauarten werden eingesetzt?
Welche der Ventile dafür zielführend sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Für statische Ventile ist beispielsweise eine genaue Berechnung der Druckverluste im jeweiligen Strang notwendig, da sie auf einen festen Widerstand eingestellt werden. So soll immer genau der Volumenstrom bereitstehen, um die berechneten Solltemperaturen im Strang über 55 °C zu halten. Änderungen der Umgebungsbedingungen oder eine von der Planung abweichende Ausführung des Steigestrangs machen eine rechnerische Überprüfung notwendig. Thermostatische Ventile werden zwar ebenso auf eine Solltemperatur wie die statischen Ventile ausgelegt, können aber durch ihren Dehnstoffkörper geringe Abweichungen in der praktischen Ausführung von den Planungsunterlagen ausgleichen. Damit nähern sie sich den Praxisanforderungen an. Alternativ dazu gibt es auch Zirkulationsventile, die zwar eine Temperaturvoreinstellung besitzen, aber keine Begrenzung des maximalen Volumenstroms. Diese Ventile sollen in der Lage sein, die Einregelung des Systems auch ohne vorherige Berechnung durchzuführen. Elektronische Zirkulationsregulierventile werden zwar ebenfalls auf eine Solltemperatur eingestellt, sind jedoch in der Lage, Abweichungen zwischen Planung und Ausführung auf Basis eines intelligenten Regelalgorithmus zuverlässiger zu halten, als es mit Ventilen mit Dehnstoffelement möglich wäre.
Situation in einer Bestandsanlage
Wie beschrieben, besteht auf der einen Seite die Verpflichtung zum hydraulischen Abgleich einer Trinkwasser-Installation. Auf der anderen Seite ist das bei Bestandsanlagen gar nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand (siehe Kurz-Interview im Kasten) möglich, selbst wenn nachgeführte Planungs- und Bauunterlagen vorliegen. An dem nachfolgend geschilderten Beispiel wird deutlich, welche Auswirkungen das in der Praxis hat und wie eine Bestandsanlage qualifiziert saniert werden kann. Und zwar ausgehend von zwei baugleichen Bestandsobjekten, in denen a) statische Ventile beziehungsweise b) thermostatische Ventile auf Werkseinstellung installiert waren und in denen die ursprünglich mit statischen Ventilen ausgestattete Trinkwasser-Installation dann über automatisch gesteuerte elektronische Zirkulationsregulierventile saniert wurde.
Bei den Gebäuden handelt es sich um zwei Mehrfamilienhäuser aus den 1960er-Jahren mit je 84 Wohneinheiten. Die PWH-Installation basiert auf einer zentralen Warmwasserversorgung über mehrere, per Fernwärme beheizte Speicher, Kellerverteilung und je 14 zirkulierenden Steigesträngen. Bei der Bestandsaufnahme des Gebäudes mit den statischen Ventilen ergaben sich die in Bild 2 dargestellten Temperaturverläufe.
Eine wesentliche Erkenntnis aus diesen Messungen des Gebäudes mit statisch (nicht oder im Betrieb nicht verifiziert) „abgeglichener“ Trinkwasser-Installation wird dabei auf den ersten Blick deutlich: Die Speichertemperaturen waren zu niedrig; die geforderten Systemtemperaturen > 55 °C konnten unabhängig vom hydraulischen Abgleich nicht eingehalten werden. Hinzu kam noch der Effekt der Nachtabschaltung mit signifikanten Temperatureinbrüchen. Beides ließe sich mit vertretbarem Aufwand, wenn auch deutlich höherem Energieeinsatz beheben.
Gleichzeitig wurde deutlich, dass ein hydraulischer Abgleich über die statischen Ventile durchaus möglich wäre; allerdings nur unter beträchtlichem Mess- und Rechenaufwand. Denn erstens stehen keine belastbaren Pläne zur installationstechnischen Ausführung der Trinkwasser-Installation zur Verfügung, zweitens wurden Rohrleitungen mit Nicht-Normabmessungen eingebaut, und drittens ist eine Bestandsaufnahme im notwendigen Detaillierungsgrad in der Praxis nicht möglich.
Im mit thermostatischen Ventilen ausgestatteten Nachbargebäude sollte, ausgehend von der Werkseinstellung auf 58 °C, über die Dehnstoffelemente des Regulierventils eine höhere Qualität des hydraulischen Abgleichs erreicht sein. Die tatsächlich am Ventil gemessenen Temperaturen zeigen jedoch ebenfalls deutliche Abweichungen vom Sollwert (Bild 3).
So lag die Temperatur in Strang 14 beispielsweise im Mittel 7,6 °C unterhalb des Einstellwertes, also zu häufig und zu lange außerhalb der hygienisch definierten Spreizung von 60/55 °C, selbst wenn eine fünfminütige Toleranz gewährt wurde. Abgeleitet ist diese Toleranz aus dem Arbeitsblatt W 551, über das kurzzeitige Temperaturunterschreitungen akzeptabel sind.
Sanierung der Bestandsanlage
Für die Sanierung des PWH-C-Systems wurden die statischen Ventile aus Gebäude 1 durch elektronisch gesteuerte Zirkulationsregulierventile des Typs „AquaVip-Zirkulationsregulierventil elektronisch“ (Bild 4) ersetzt. Dieses Ventil verfügt über einen integrierten Temperatursensor und eine hohe Regelgenauigkeit. Gleichzeitig verhindert der hinterlegte Regelungsalgorithmus ein zu flinkes Übergangsverhalten, um ein Überschwingen der Temperaturen in einzelnen Strängen zu verhindern.
Die Voreinstellung der Ventile erfolgte ohne Berücksichtigung der vorgelagerten Installation auf eine Soll-Temperatur von 56 °C. Abgeschätzt wurden lediglich die Wärmeverluste der Rohrleitungen bis zum nächsten Beimischpunkt, um eine zu hohe Rücklauftemperatur zu vermeiden.
Die Güte der Temperaturerfassung selbst war durch die Redundanz aus Temperatursensoren in den Ventilen und dem für die vorangegangenen Messungen installierten Messsystem (Anlegefühler) gegeben. Um Differenzen zwischen der Temperatur des Volumenstroms und den auf der Rohroberfläche positionierten Anlegefühlern auszuschließen, wurden diese auf Basis von Nachmessungen der realen Wassertemperatur kalibriert. Hierbei wurde in einem Strang eine Abweichung von 1,2 °C zwischen Medientemperatur und gemessener Temperatur festgestellt. Im Mittel betrugen die Abweichungen aber nur 0,58 °C. Für die Vergleichbarkeit der Mess- und Regelergebnisse wurden daher im Nachbargebäude mit den thermostatischen Ventilen alle Temperaturen um den Wert 1,2 °C nach oben korrigiert; der Einfluss des Messsystems war so ausgeglichen.
Auswertung der Messwerte
Nach Auswertung der Messreihen konnte festgestellt werden, dass statische Strangregulierventile grundsätzlich zur Einregulierung eines Trinkwasser-Zirkulationssystems geeignet sind. Die korrekte Funktion der Ventile und damit die Wirksamkeit des Abgleichs hängt bei solchen Anlagen aber maßgeblich von der Kenntnis der Installation ab, um die exakten Einstellwerte berechnen zu können. Soll hingegen eine Einregulierung ohne solche Einstellwerte erfolgen, ist dies nur mit einer durchgängigen Temperaturerfassung, über die Installation externer Sensoren, in einem iterativen Verfahren möglich. Erst dann sind in jedem Strang die individuellen Volumenströme einstellbar. Auch thermostatische Ventile sind ohne vorherige Anpassung an die Installation nicht zwangsläufig geeigneter, da sie – wie im Rahmen der Vergleichsmessungen gezeigt – nicht in der Lage sind, die entsprechenden Druckverluste aufzubauen, um eine Einregulierung des Systems zu ermöglichen. Auch mit der Werkseinstellung wurden die eingestellten Solltemperaturen nicht verlässlich erreicht.
Aus hygienischen Gründen ist vielmehr besonders die Anzahl der Temperaturwerte, die länger als fünf Minuten unter 55 °C lagen, als kritisch zu bewerten. Die Systeme reagieren augenscheinlich zu schnell auf sich verändernde Betriebsbedingungen. In der Folge kommt es zu einem Aufschwingen in der Zirkulation und dadurch zu einer Unterversorgung einzelner Stränge, weil die Regulierventile in pumpennäheren Strängen bei Abfall der Temperatur sofort weiter öffnen und somit weniger Volumenstrom für die pumpenferneren Stränge zur Verfügung steht. Diesem Öffnen folgen nur wenig später aber gleichfalls die Ventile in den pumpenferneren Strängen, da ja aufgrund des höheren Bedarfs der ersten Stränge jetzt dort ein Temperaturabfall entsteht – es kommt in den hinteren Strängen zwangsläufig zu einem Überschwingen der Temperatur.
Was den Temperaturabfall in den pumpennäheren Strängen ausgelöst hat, kann allerdings viele Ursachen haben. So ist es möglich, dass die Zirkulation durch besonders große Entnahmen abreißt und die Zirkulationsleitung in der Folge auskühlt. Ein anderer Grund wäre die Speicherhysterese, also die Temperaturkonstanz in der Warmwasserbereitstellung. Schwankt diese Temperatur, wie es beim Aufheizen eines Speichers typischerweise geschieht, verändert sich zwangsläufig die Temperatur des Wassers beim Eintritt in den Zirkulationsstrang. Die Regulierventile stellen sich aber automatisch auf diese wechselnden Temperaturen ein; das beschriebene Aufschwingen ist die unvermeidliche Folge.
Dieses Verhalten ist, losgelöst von der Art der Regulierventile, im Anlagenbetrieb grundsätzlich zu erwarten. Grund dafür ist, dass bei der Berechnung eines dynamischen Zirkulationssystems immer nur ein statischer Auslegungsfall ohne Störgrößen betrachtet wird.
Bei der Einregelung eines derart dynamischen Systems mit elektronischen Zirkulationsregulierventilen ist somit eine „träge“ Regelung von Vorteil, um solche Störgrößen zu kompensieren.
Wie in Bild 5 zu sehen, führt eine solche „träge“ Regelung zu wenigen, dafür aber geringfügig länger dauernden Abweichungen der Temperatur unter die hygienisch kritische Marke von 55 °C. Kurzzeitige Störungen werden also zwar nicht unmittelbar ausgeregelt, es reduziert sich signifikant die Anzahl der Temperaturunterschreitungen durch ein Aufschwingen.
Fazit
Die Sanierung von PWH-C-Systemen im Sinne eines nachhaltig gesicherten hydraulischen Abgleichs von zirkulierenden Trinkwarmwassersystemen ist aus energetischen wie hygienischen Gründen zwingend geboten. Dies ist dabei umso wirtschaftlicher zu erreichen, je einfacher die Systeme aufgebaut sind. Zum anderen sind, nach den vorliegenden Messergebnissen und vorbehaltlich weiterer Untersuchungen, die elektronischen Zirkulationsregulierventile den statischen oder thermisch gesteuerten Modellen vorzuziehen (Bild 6), da
- sie einfacher einstellbar sind und
- die vorgelagerte Installation nicht relevant ist,
sondern nur die Wärmeverluste bis zum nächsten Beimischpunkt oder dem Warmwasserspeicher (je nach Wahl des Einstellverfahrens).
Die Messungen der Temperatur im Zirkulationssystem belegten zudem, dass eine Kontrolle der Warmwassertemperaturen notwendig ist, da ansonsten systemische Unterschreitungen der Warmwassertemperaturen, wie im Falle der thermostatischen Ventile, nicht festgestellt werden können. Auch die nach VDI 3810–2/6023–3 geforderte halbjährliche Funktionsprüfung von thermischen Zirkulationsregulierventilen ist damit begründet, denn durch eine solche Funktionsprüfung wäre der Mangel in dem Gebäude schon deutlich früher aufgedeckt worden. Bei den elektronischen Zirkulationsventilen wird diese Funktionsprüfung hingegen täglich durchgeführt und der entsprechende Status mittels LED angezeigt. Es ist also jederzeit eine Funktionskontrolle möglich. Die elektronischen Zirkulationsregulierventile sorgen damit nicht nur für eine hoch präzise Temperaturhaltung innerhalb der definierten Temperaturgrenzen, sondern bieten gleichzeitig mehr Betriebssicherheit, die über eine Gebäudeleittechnik sogar automatisch dokumentiert werden kann.
Dr. Christian Schauerist Director, Center of Excellence of Water, Corporate Technology bei dem Systemhersteller von Installationstechnik Viega, Attendorn.
Dr. Daniel Rüschenist Entwicklungsingenieur im Bereich Advanced Development, Corporate Technology bei dem Systemhersteller von Installationstechnik Viega, Attendorn.