Was muss eine Gefährdungsanalyse für Trinkwasseranlagen leisten?
Werden Grenzwerte im Trinkwasser überschritten, ist der Betreiber einer Trinkwasseranlage verpflichtet eine Gefährdungsanalyse durchführen zu lassen. Doch was ist dabei zu beachten?
Gesetze und Normen machen in Deutschland klare Vorgaben für den Erhalt der Trinkwassergüte. So ist beispielsweise in § 37 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) definiert, dass es durch Trinkwasser nicht zu einer Schädigung der menschlichen Gesundheit kommen darf. Dieser Präventionsgedanken wird in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) weitergeführt. Zweck der TrinkwV ist es, die menschliche Gesundheit vor den nachteiligen Einflüssen, die sich aus der Verunreinigung von Wasser ergeben, zu schützen. Daher sind in dieser Verordnung seit vielen Jahren Grenzwerte beziehungsweise technische Maßnahmenwerte für Krankheitserreger und chemische Schadstoffe aufgeführt, bei deren Überschreitung der Betreiber verpflichtet ist, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr einzuleiten. Neben der unverzüglichen Information der betroffenen Verbraucher (damit ist nicht nur der einzelne Verbraucher gemeint, bei dem eine Probenahme erfolgt ist, sondern alle Verbraucher der Trinkwasser-Installation), wird von dem Betreiber unter anderem auch gefordert, eine Gefährdungsanalyse zu erstellen oder erstellen zu lassen.
Schwachstellen aufdecken und Lösungen liefern
Seit nun fast zehn Jahren werden von unterschiedlichsten Protagonisten Schriftstücke mit der Überschrift „Gefährdungsanalyse“ erstellt. Zielsetzung einer Gefährdungsanalyse sollte es sein, Feststellungen zu treffen, was zu einer Kontamination der Trinkwasseranlage mit Legionellen geführt hat. Dies kann nur durch eine oder mehrere umfangreiche Ortsbesichtigungen erfolgen, bei der die anlagenspezifischen Faktoren zusammengetragen werden und in Schrift und Bild dokumentiert werden. Des Weiteren sollte eine Überprüfung auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und der bestimmungsgemäßen Nutzung aller Teile der Trinkwasser-Installation erfolgen. Erst dann kann die Gefährdungsanalyse im engeren Sinne erfolgen. Doch genau dieser wichtige Punkt fehlt vielen Schriftstücken, die den Titel „Gefährdungsanalyse“ tragen. Es werden keine möglichen Gefährdungen für die Nutzer beschrieben und aus den jeweiligen Mangel abgeleitet. Dabei liegt die Analyse der Gefährdung schon im Wortlaut und wurde 2012 in der Empfehlung des Umweltbundesamtes für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung formuliert: „Im Rahmen der Gefährdungsanalyse sind (…) mögliche Gefährdungen … zu identifizieren und denkbare Ereignisse, die zum konkreten Eintreten einer Gefährdung führen können, zu ermitteln. Dabei ist an jeder Stelle des Versorgungssystems systematisch zu hinterfragen: „Was kann an welcher Stelle passieren?“ “
Eine weitere Konkretisierung an die Anforderung an eine Gefährdungsanalyse wurde im Januar 2018 in der Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 formuliert. Unter dem Punkt 5.7 heißt es: „Aus den Ergebnissen der Ortsbesichtigung und der Prüfung auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik ist für jeden der festgestellten Mängel das Gefährdungsereignis zu definieren und die dazugehörigen Gefährdungen sind zu benennen.“ Aus dieser formulierten Gefährdung sollte anschließend die Gesamtbewertung und die Ableitung von Handlungsempfehlungen niedergeschrieben werden.
Wie sollte eine Gefährdungsanalyse aufgebaut sein?
Sowohl in der Empfehlung des Umweltbundesamtes als auch in der Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 wird klar definiert, dass eine Gefährdungsanalyse ein Gutachten ist und eine dementsprechende Form aufweisen muss. Demnach sollte das Schriftstück mit dem Titel „Gefährdungsanalyse“ keine „Excel“-Tabelle mit nur eingefügten Bildern und fertigen Textbausteinen sein, sondern eine entsprechende Gutachtenform aufweisen. Für ein Gutachten gibt es keine definierten Vorgaben, jedoch haben unter anderem die Kammern (Handwerkskammer oder Industrie- und Handelskammer) entsprechende Leitlinien zum Aufbau und Form eines Gutachtens veröffentlicht. Eine grundlegende Anforderung an ein Gutachten ist neben dem logischen Aufbau, einer übersichtlichen Gliederung und einer Reduzierung auf das Wesentliche, eine Nachvollziehbarkeit für den Betreiber, also für den technischen Leihen.
Jeder Ersteller einer Gefährdungsanalyse sollte einerseits einen ausreichenden Versicherungsschutz haben, welcher auch die Sachverständigenleistungen abdeckt, des Weiteren sollte jedem bewusst sein, dass er einen geschuldeten Erfolg der Leistung nach Werkvertragsrecht hat. Das geschuldete „Werk“ ist in diesem Fall ein Sachverständigengutachten mit einer Begutachtung (Ortsbesichtigung) und Bewertung mit Feststellung der technischen oder betriebstechnischen Mängel an eine Trinkwasser-Installation, sowie der Ableitung der sich hieraus ergebenden Gefährdungen für die Nutzer und zielgerichteter Handlungsempfehlungen zur Sanierung und dauerhaften Beseitigung der jeweiligen Gefährdungen, also den Legionellen innerhalb der Trinkwasser-Installation.
Zusammenfassung: Jeder Betreiber und/oder Auftraggeber einer Gefährdungsanalyse trägt eine hohe Verantwortung bei der Auswahl des Sachverständigen zur Erstellung einer Gefährdungsanalyse im Sinne der Trinkwasserverordnung. Hohe Anforderungen werden auch an den Ersteller einer Gefährdungsanalyse und an sein „Werk“/ das Gutachten gestellt. Der Deutsche Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene hat unter anderem für den Betreiber, die Behörden und für alle anderen im Oktober 2020 kostenlos die Fachpublikation DVQST FP-03–2020 veröffentlicht, sodass jedem eine Checkliste als Hilfestellung bei der Bewertung einer vorliegenden Gefährdungsanalyse vorliegt.
Literatur
- Infektionsschutzgesetz – IfSG vom 7. Mai 2021.
- Trinkwasserverordnung -TrinkwV vom 19. Juni 2020.
- VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2: Hygiene in Trinkwasser-Installationen; Gefährdungsanalyse, Januar 2018.
- Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Trinkwasserkommission für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung, Dezember 2012.
- Bürschgens, Arnd: Legionellen in Trinkwasser-Installationen, Gefährdungsanalyse und Sanierung, 2. Auflage, Beuth Verlag, 2018.
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